Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
Lieblingsstücke.
Es wird keine Brautparty geben – das soll wohl eine Art Bestrafung sein, ist mir aber völlig egal. Als Termin wurde das erste Wochenende im September festgelegt, also fast zwei Wochen nach der Bürgermeisterwahl.
Thomas hat sich noch nicht blicken lassen – was mir sehr recht ist. Wenn er anruft, tue ich so, als würde ich schlafen. Der Verlobungsring verstaubt auf dem Nachttisch.
»Ich kann es nicht fassen. Sie ist einfach verschwunden«, sagt meine Mutter eines Tages zu Magdalena. Wahrscheinlich glaubt sie, ich wäre außer Hörweite. Die Rede ist zweifellos von Davida, die seit Hunters Ermordung vermisst wird. »Wir haben das Mädchen großgezogen und plötzlich verschwindet es ohne ein Wort.« Mom massiert sich die Schläfen. »Undank ist der Welten Lohn.«
Hat Davida sich abgesetzt und die Rebellen über die Tragödie informiert? Hoffentlich. Dann können sie wenigstens für Gerechtigkeit sorgen.
Eines Abends setzt sich Kyle neben mich auf das Sofa im Wohnzimmer. Ich picke mit einer Gabel Obststückchen aus einer Schüssel. Der Fernseher läuft, aber ich schaue nicht hin.
Er sitzt da und faltet die Hände. Ich betrachte ihn aus den Augenwinkeln und schweige.
Nach einer Weile sagt er: »Es tut mir leid.«
Ich antworte nicht.
»Aria, es tut mir leid!«
Ich schüttele den Kopf. »Ich kann dich leider nicht hören. Und zwar deshalb, weil jede Sekunde Aufmerksamkeit für so miese Kreaturen wie dich eine Sekunde zu viel ist.«
»Bitte hör mir zu«, sagte er und fasst meine Knie. »Wegen des Mystikers …«
»Hunter«, sage ich. Mir schnürt sich die Brust zusammen. »Er hieß Hunter.«
Kyle fährt unbeirrt fort. »Ich bin dein Bruder und ich will nur das Beste für dich. Auch wenn du es jetzt nicht verstehst, irgendwann wirst du einsehen, dass ich gar nicht anders habe handeln können.«
»Ich weiß nur eins: Du bist ein Verräter«, höre ich mich sagen. Er will es zwar nicht zugeben, aber Kyle wirkt so, als würde er sich wirklich schuldig fühlen.
»Du nimmst Stic«, sage ich und stehe auf. »Damit du genug Kraft hast, um von deinem Balkon auf meinen hinüberzuspringen. Du hast mir nachspioniert. Von dir hat Dad erfahren, dass Hunter und ich auf dem Dach waren.« Ich sehe ihm in die Augen. »Und an seinen Händen klebt jetzt Hunters Blut. Ich werde nie wieder mit dir reden. Nie wieder!«
Kyle sieht mich verblüfft an. »Aria …«, beginnt er, aber meine Geduld ist zu Ende. Ich gehe hinaus, in mein Zimmer, werfe mich aufs Bett und starre mit leeren Augen zur Decke.
Es klopft an der Tür. »Geh weg, Kyle«, murmele ich.
Es klopft erneut.
»Ich habe gesagt: Geh weg.«
Aber das Klopfen will nicht verstummen. Ich rappele mich vom Bett hoch und betätige den Schalter an der Wand. Die Tür gleitet auf. »Kyle, lass mich einfach …«
»Ich bin’s«, sagt Thomas, der mit einem Strauß Rosen vor mir steht. Er trägt eine Leinenhose und ein rotes Hemd, dessen oberster Knopf offen ist. Das Haar ist gegelt und aus der Stirn gekämmt; ich sehe ein winziges Muttermal an seiner Schläfe, das mir bislang nicht aufgefallen ist. »Kann ich reinkommen?«
»Nein«, erwidere ich und verschränke die Arme. Obwohl ich Thomas hasse, wäre es mir lieber, ich hätte mir in den letzten Tagen die Haare gewaschen. Tja.
Thomas lächelt. »Aber ich möchte mich entschuldigen. Nochmals.« Er tritt unaufgefordert ein, geht an mir vorbei und legt den Strauß auf meinen Schreibtisch. »Die sind für dich.«
»Sehr originell«, entgegne ich und hocke mich auf die Bettkante. »Und? Sag deinen Spruch auf – je eher du fertig bist, desto eher kannst du gehen.«
Thomas setzt sich neben mich. »Du betrachtest die Sache aus dem falschen Blickwinkel. Ich bin nicht dein Feind.«
»Aber du hast mich angelogen. Und mich mit Thea Monasty betrogen.«
Thomas schüttelt den Kopf. »Thea bedeutet mir nichts.«
»Soll ich dir mal was sagen? Das ist mir vollkommen egal. Ich liebe dich nicht. Ich erinnere mich an nichts und das hast du zu deinem Vorteil ausgenutzt. Ich habe niemals Stic genommen. Du schon. Bei unserer Verbindung geht es doch nur um Politik. Unsere Eltern haben das Ganze ausgeheckt.«
Thomas lehnt sich zurück. »Und?«
»Und was?«, frage ich zurück und runzele die Stirn.
«Wen schert es schon, warum wir heiraten. Okay, wir hatten nicht die superromantische Beziehung. Aber bist du hier glücklich?« Er macht eine ausholende Geste. »In diesem Gefängnis? Du kämpfst gegen deine Eltern. Aber
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