Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
lass dir eins gesagt sein: Es gibt einen Grund, weshalb ausgerechnet sie diese Stadt beherrschen. Sie sind clever.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Wir beide könnten noch cleverer sein. Du wolltest unbedingt mit diesem Mystiker zusammen sein. Hast du je einen Gedanken daran verschwendet, dass auch ich andere Pläne für meine Zukunft haben könnte?«
Vor meinem inneren Auge sehe ich Thomas und Thea knutschen.
»Unsere gemeinsame Geschichte: alles komplett erlogen. Thea ist mir völlig egal. Aber eins stört mich ganz gewaltig: Du bist ein Lügner.«
Er runzelt die Stirn. »Lügen sind nicht das Schlimmste. Vor allem dann, wenn man nicht die Wahrheit sagt, weil man jemanden beschützen will.«
»Und wen willst du beschützen?«
Er schüttelt den Kopf. »Du hast es noch immer nicht begriffen, oder? Ich wollte dich schützen.«
»Mich? Doch wohl eher dich selbst.«
»Uns beide«, verbessert er sich. »Du bist nicht die Einzige, die von ihren Eltern gegängelt wird. Warum die Gegenwehr? Heirate mich, dann kannst du tun, was du willst. Ich bin kein Kerkermeister wie dein Vater. Du möchtest gern eine Affäre mit einem Mystiker haben? Bitte schön. Mir ist das egal. Betrachte unsere Heirat als geschäftliche Vereinbarung. Sie eröffnet uns den Weg zu Reichtum, Macht und Freiheit. Bald wird Garland die Stadt regieren und danach bin ich an der Reihe. Möchtest du nicht gern die Frau des mächtigsten Mannes in Manhattan sein?«
Ich wende den Blick ab. Wie habe ich mir je einbilden können, Thomas hätte diese glühenden Liebesbriefe geschrieben? Ihm geht es allein um Geld und Ansehen. Die Briefe dagegen kann nur jemand geschrieben haben, der mich wirklich geliebt hat. Oder sind sie etwa auch ein Teil der Intrige? Wurden sie mir untergejubelt, um mich glauben zu machen, Thomas sei der Verfasser?
»Ich möchte den Mann heiraten, den ich liebe«, sage ich schließlich. »Wenn ich den Rest meines Lebens mit einem Mann verbringe, dann nur, weil ich will, nicht, weil ich muss.«
»Man bekommt eben nicht immer das, was man will.« Thomas zuckt mit den Schultern. »Dein Hunter hat es jedenfalls nicht bekommen.«
Ich verpasse ihm eine Ohrfeige. »Du bist jedenfalls aus der engeren Auswahl raus.«
Thomas hält sich die Wange und faucht mich an. »Auf wen deine Wahl fällt, ist vollkommen egal. Haben es dir deine Eltern nicht gesagt? Die Hochzeit wurde vorverlegt. Wir werden vor der Wahl heiraten. Wenn du schlau bist, fügst du dich – ansonsten könnte es uns beide das Leben kosten.«
23
Am nächsten Tag kommen Kiki und Bennie vorbei, um mich aufzumuntern. Ich weiß nicht, warum meine Mutter das Besuchsverbot aufgehoben hat, aber ich habe nichts dagegen. Offensichtlich ist mir eine wundersame Schnellheilung widerfahren. Da soll einer schlau draus werden!
Meiner Familie ist es gelungen, die Sache mit Hunter vor den Medien geheim zu halten. Aber sie haben das neue Hochzeitsdatum bekannt gegeben, Thomas hat nicht gelogen. Wir heiraten am 11. August, zwei Samstage vor dem Wahldienstag am 21. Ich kann es nicht fassen: Von der Terminänderung habe ich als Letzte erfahren.
»Wir kommen gerade von der Anprobe«, sagt Kiki und tupft sich die Stirn mit einem Taschentuch ab. »Das Modell, das deine Mutter für die Brautjungfern ausgesucht hat, ist fantastisch.«
»Göttlich!«, stimmt Bennie zu und deutet auf ihre Brust. »Oben eng, betonte Taille und dann …«, sie bewegt die Hände abwärts, »… ta-taa! … wallend bis zum Boden.«
Kiki lacht. »Aber keine Sorge. Wir stehlen dir nicht die Schau. Versprochen!«
Mir gelingt es, die Augen zu verdrehen. »Na, da bin ich jetzt aber beruhigt.«
»Also, du hättest ruhig mal eine Nachricht schicken können, dass du krank bist«, sagt Kiki und zieht die Vorhänge zurück. »Oder dafür sorgen können, dass dein Zimmer nicht wie eine Gruft aussieht.«
Ich halte die Hand vor die Augen, das grelle Licht blendet mich. In den letzten Tagen war meine Stimmung so finster, dass ich es auch in meinem Zimmer düster haben wollte.
Hunter ist tot. Ich kann es immer noch nicht fassen. Ich bin innerlich ganz leer und kann doch nicht richtig trauern, ich glaube es einfach nicht. Ich fühle mich zerschlagen, meine Nase ist wund, meine Augen sind rot vom vielen Weinen. Obwohl ich seinen Tod mit meinen eigenen Augen gesehen habe, scheint er mir irreal.
Ich müsste seine Mutter warnen – ich müsste mich in den Untergrund schleichen und den Rebellen sagen, dass meine Eltern einen Angriff
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