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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Glass, das Bobby O’Donnell gehörte und wo er – laut Katie – in einem Hinterzimmer den größten Teil seiner Geschäfte abwickelte. Er könnte in einen der beiden Läden gehen – besser noch in beide – und die Pistole seines Vaters auf diese beiden Gesichter richten und abdrücken, verdammt noch mal, immer wieder, bis der Hammer auf eine leere Kammer schlug und Roman und Bobby nie wieder eine Frau töteten.
    Das könnte er tun. Wirklich? So machten sie’s im Kino. Bruce Willis, Mensch, wenn jemand die Frau erschossen hätte, die er liebte, dann hätte er sich nicht auf den Boden gesetzt, seine Knöchel umklammert und sich vor- und zurückgewiegt wie ein Trottel. Der hätte durchgeladen. Oder?
    Brendan stellte sich Bobbys fleischiges Gesicht im Visier vor, wie der Mann bettelte. Nein, Brendan, bitte nicht! Bitte nicht!
    Und Brendan würde irgendwas Cooles sagen, zum Beispiel: »Bitte um das hier, du Arschloch! Bitte um das hier auf dem Weg in die Hölle.«
    Dann begann Brendan zu weinen, wiegte sich weiter vor und zurück, umklammerte seine Fußgelenke, weil er wusste, dass er nicht Bruce Willis und dass Bobby O’Donnell ein echter Mensch war, keine Figur in einem Film, und dass die Waffe gesäubert werden müsste, ordentlich gesäubert, und dass er noch nicht mal wusste, ob Patronen drin waren, weil er keine Ahnung hatte, wie man das Ding aufmachte, und wenn man es sich mal richtig überlegte, würde seine Hand nicht zittern? Würde sie nicht so zittern und flattern wie seine Faust damals als Kind, wenn er wusste, dass es keinen Ausweg gab, dass er unweigerlich in eine Schlägerei geraten würde? Das Leben war kein Kackfilm, Mensch, es war … das Kackleben halt. Es spielte sich nicht so ab wie im Film, wo der Gute in zwei Stunden gewinnen musste, und man sich darauf verlassen konnte. Brendan hatte sich noch nie als Held gesehen; er war neunzehn und noch nie auf diese Weise herausgefordert worden. Aber er bezweifelte, dass er das Geschäft eines Mannes betreten – das heißt, wenn die Tür nicht verschlossen war und nicht diese ganzen anderen Kerle da herumhingen – und ihm ins Gesicht schießen könne. Davon war er alles andere als überzeugt.
    Aber sie fehlte ihm. Sie fehlte ihm so sehr und er spürte den Schmerz, dass sie nicht da war – nie wieder da sein würde – sogar in seinen Zähnen. Er glaubte, etwas tun zu müssen, irgendwas, um sich dadurch wenigstens eine verfluchte Sekunde dieses neuen, erbärmlichen Lebens nicht so furchtbar zu fühlen.
    Gut, beschloss er. Okay. Ich mache die Pistole morgen sauber. Ich mach sie einfach sauber und seh nach, ob Patronen drin sind. Das kann ich ja tun. Ich mach sie sauber.
    Dann kam Ray herein, er trug noch immer seine Rollerblades und benutzte seinen neuen Hockeyschläger als Gehstock, mit dem er auf wackligen Füßen zu seinem Bett hinüberschwankte. Brendan stand schnell auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    Ray zog die Rollerblades aus, beobachtete seinen Bruder und fragte ihn in Gebärdensprache: »Alles in Ordnung?«
    »Nein«, erwiderte Brendan.
    »Kann ich was tun?«, fragte Ray.
    »Ist schon gut, Ray«, antwortete Brendan. »Kannst du nicht. Aber mach dir keine Sorgen.«
    »Ma meint, du wärst so besser dran.«
    »Was?«, fragte Brendan.
    Ray wiederholte, was er Brendan mitgeteilt hatte.
    »Ja?« Brendan war erstaunt. »Wie kommt sie darauf?«
    Ray fuchtelte mit den Händen herum. »Wenn du gegangen wärst, war Ma total fertig gewesen.«
    »Sie wär schon drüber weggekommen.«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
    Brendan schaute seinen Bruder an, der auf dem Bett saß und zu ihm hinuntersah.
    »Geh mir jetzt nicht auf den Geist, Ray! Okay?« Er beugte sich vor und dachte an die Pistole. »Ich habe sie geliebt.«
    Ray erwiderte Brendans Blick, sein Gesicht war so leer wie eine Plastikmaske.
    »Weißt du, wie das ist, Ray?«
    Ray schüttelte den Kopf.
    »Das ist so, als wüsste man in dem Moment, in dem man sich hinsetzt, alle Antworten in einem Test. Das ist so, als wüsste man, dass für den Rest des Lebens alles gut sein wird. Man hat den Hauptgewinn gezogen. Alles wird toll. Für alle Zeiten wird man glücklich herumlaufen, weil man gewonnen hat.« Er wandte sich ab. »So ist das.«
    Ray klopfte an den Bettpfosten, damit Brendan ihn ansah, dann sagte er gestikulierend: »Das wird schon wieder.«
    Brendan ließ sich auf die Knie fallen und kam mit dem Gesicht ganz nah an das seines Bruders. »Nein, wird es nicht! Hast du das

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