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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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»… unglaublich vielen Menschen heutzutage.«
    Jimmy hätte für ein ganzes Mausoleum geblecht, wenn er geglaubt hätte, es würde Katie glücklich machen, aber er wusste, dass seine Tochter Protzerei und übertriebene Eitelkeit nie gemocht hatte. Sie hatte schlichte Kleidung und schlichten Schmuck getragen, kein Gold, und sie hatte sich nur selten geschminkt, nur zu besonderen Anlässen. Katie hatte es gern einfach gemocht und sich mit unauffälligen Hinweisen auf guten Geschmack begnügt. Deshalb wählte Jimmy einen weißen Stein und bestellte eine kalligraphische Inschrift, worauf ihn der Steinmetz warnte, Letzteres würde die Kosten verdoppeln, so dass Jimmy sich zu dem kleinen Geier umdrehte und ihn anfauchte: »Als Scheck oder in bar?«, und der Mann ein paar Schritte rückwärts stolperte.
    Jimmy hatte Val gebeten, ihn herzufahren, und als er den Steinmetz verließ, stieg er auf der Beifahrerseite von Vals Mitsubishi 3000 GT ein und fragte sich wohl zum zehnten Mal, wie ein Mann Mitte dreißig so ein Auto fahren konnte, ohne zu merken, wie affig er darin aussah.
    »Wohin jetzt, Jim?«
    »Fahren wir ‘nen Kaffee trinken!«
    Normalerweise ließ Val diesen ätzenden Rap aus den Lautsprechern dröhnen, ließ den Bass hinter den getönten Fensterscheiben wummern, wenn so ein schwarzer Schnösel aus der Mittelklasse oder so ein weißer Möchtegern-Asi über Schlampen, Nutten und Rumballerei mit der Knarre sang und ständig Anspielungen auf, wie Jimmy annahm, die ganzen Tussen bei MTV machte, die Jimmy niemals gekannt hätte, wenn Katie deren Namen nicht beim Telefonieren mit ihren Freundinnen erwähnt hätte. Aber heute Morgen ließ Val seine Anlage aus und Jimmy war ihm dankbar. Jimmy hasste Rap, und zwar nicht, weil er schwarz war und aus dem Ghetto kam – daher kamen auch P-Funk und Soul und jede Menge hammermäßiger Blues –, sondern weil er, so sehr er sich auch bemühte, keine Kunst darin erkennen konnte. Man strickte ein paar schlichte Limericks vom Typ »There was a young lady of Riga« zusammen, ließ einen DJ ein paar Platten vorwärts und rückwärts scratchen und drückte beim Sprechen ins Mikro die Brust heraus. Yeah, Mann, das war cool, das war der Hammer, das war die Wahrheit, du Hurensohn. Genau wie kotzen und den eigenen Namen in den Schnee pissen. Jimmy hatte einmal gehört, wie ein hirnloser Musikkritiker im Radio sagte, Sampeln sei eine Kunstform, und obwohl Jimmy nicht viel von Kunst verstand, hätte er am liebsten in den Lautsprecher gegriffen und dem erkennbar weißen, erkennbar verbildeten, erkennbar schwanzlosen Wichser links und rechts eine runtergehauen. Wenn es sich beim Sampeln um eine Kunstform handelte, dann waren die meisten Diebe, die Jimmy im Laufe seines Lebens kennen gelernt hatte, ebenfalls Künstler. Wäre ihnen wahrscheinlich neu.
    Vielleicht wurde er einfach nur alt. Er wusste, dass es immer das erste Zeichen eines Wachwechsels war, wenn die eigene Generation die Musik der jüngeren nicht mehr verstand. Dennoch war er tief in seinem Herzen überzeugt, dass es hier anders war. Rap war schlichtweg Scheiße, so einfach war das, und wenn Val sich so was anhörte, war das dasselbe wie dieses Auto zu fahren: Er hielt an etwas fest, das nicht wert war, bewahrt zu werden.
    Sie schauten kurz bei einem Dunkin Donut’s vorbei, bestellten zwei Kaffee zum Mitnehmen und warfen die Becherdeckel auf dem Weg nach draußen in den Müll. An den Spoiler am Kofferraum des Sportwagens gelehnt, tranken sie ihren Kaffee.
    »Wir waren gestern unterwegs und haben uns ein bisschen umgehört, wie du gesagt hast«, begann Val.
    Jimmy schlug ihm auf die Schulter. »Danke, Mann.«
    Val erwiderte den Schlag. »Ist nicht nur, weil du zwei Jahre für mich gesessen hast, Jim. Auch nicht, weil mir dein Grips fehlt. Katie war meine Nichte, Mann.«
    »Ich weiß.«
    »Auch wenn sie nicht meine leibliche Nichte war, ich hab sie geliebt.«
    Jimmy nickte. »Ihr wart die besten Onkel, die man sich vorstellen kann.«
    »Ohne Scheiß?«
    »Ohne Scheiß.«
    Val trank einen Schluck und schwieg eine Weile. »Hm, also gut, es sieht so aus: Anscheinend haben die Bullen Recht mit O’Donnell und Fallow. O’Donnell saß im County-Knast. Fallow war auf ‘ner Party und wir haben persönlich mit so zirka neun Leuten gesprochen, die das bestätigt haben.«
    »Alle glaubhaft?«
    »Mindestens die Hälfte«, erwiderte Val. »Außerdem haben wir uns noch weiter umgehört. Es sind seit einiger Zeit keine Profikiller mehr

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