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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Kilo?«
    »Hast du die Stimme auf dem Band erkannt?«
    »Hörte sich an wie Johnny O’Shea.«
    Whitey nickte. »Der andere Junge hat nichts gesagt.«
    »Weil er nicht sprechen kann«, verkündete Sean.
     
    »Hey, Ray«, begrüßte Brendan seinen Bruder, als die beiden Jungen die Wohnung betraten.
    Ray nickte. Johnny O’Shea winkte. Sie steuerten auf das Kinderzimmer zu.
    »Komm mal kurz her, Ray!«
    Ray sah Johnny an.
    »Nur ganz kurz, Ray. Ich will dich was fragen.«
    Ray drehte sich um, Johnny O’Shea ließ den Turnbeutel fallen und setzte sich auf den Rand von Mrs. Harris’ Bett. Ray kam durch den kurzen Flur in die Küche und streckte die Hände aus und schaute seinen Bruder an, als wolle er sagen: »Was ist?«
    Brendan angelte mit dem Fuß nach einem Stuhl, zog ihn unter dem Tisch hervor und wies mit dem Kinn darauf.
    Ray hob den Kopf, als rieche er etwas in der Luft, das ihm nicht gefiel. Er betrachtete den Stuhl. Dann blickte er zu Brendan.
    Er fragte in Gebärdensprache: »Was hab ich getan?«
    »Sag du’s mir!«, erwiderte Brendan.
    »Ich hab nichts gemacht.«
    »Dann setz dich!«
    »Will ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    Ray zuckte mit den Schultern.
    Brendan fragte: »Wen hasst du, Ray?«
    Ray sah ihn an, als sei sein Bruder nicht ganz bei Trost.
    »Na, los!«, sagte Brendan. »Wen hasst du?«
    Rays Zeichen war kurz. »Niemand.«
    Brendan nickte. »Gut. Wen liebst du?«
    Ray schaute Brendan wieder so merkwürdig an.
    Brendan legte die Hände auf die Knie und beugte sich vor: »Wen liebst du?«
    Ray blickte auf seine Schuhe, dann zu Brendan hoch. Ray hob die Hand und zeigte auf seinen Bruder.
    »Du liebst mich?«
    Ray nickte unsicher.
    »Und Ma?«
    Ray schüttelte den Kopf.
    »Du liebst Ma nicht?«
    Ray sagte in Gebärdensprache: »Ich empfinde gar nichts für sie.«
    »Also bin ich der einzige Mensch, den du liebst?«
    Ray reckte sein kleines Kinn vor und schaute Brendan böse an. Er fuchtelte mit den Händen. » Ja. Kann ich jetzt gehn?«
    »Nein«, erwiderte Brendan. »Setz dich hin!«
    Ray blickte auf den Stuhl hinunter, sein Gesicht war rot vor Zorn. Er fixierte Brendan. Er hob die Hand und streckte den Mittelfinger aus, dann drehte er sich um und wollte gehen.
    Ehe Brendan sich’s versah, hatte er Ray bei den Haaren gepackt und zerrte ihn hoch. Er holte aus, als reiße er an der Schnur eines eingerosteten Rasenmähers, dann ließ er los, so dass Ray rückwärts über den Küchentisch flog. Er schlug gegen die Wand und sackte auf den Tisch, der sofort zusammenbrach.
    »Du liebst mich?«, rief Brendan, ohne seinen Bruder anzusehen. »Du liebst mich und deshalb bringst du meine Freundin um, Ray? Ja?«
    Daraufhin setzte sich Johnny O’Shea in Bewegung, wie Brendan es vermutet hatte. Johnny griff zu seinem Turnbeutel und stürzte zur Tür, aber Brendan war schneller. Er bekam das kleine Schwein zu fassen und schleuderte es gegen die Tür.
    »Mein Bruder macht nie wieder was mit dir, O’Shea! Nie wieder!«
    Er holte mit der Faust aus und Johnny kreischte: »Nein, Brendan! Nicht!«
    Brendan schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass er Johnnys Nase brechen hörte. Er schlug ein zweites Mal zu. Als Johnny zu Boden ging, rollte er sich zusammen und spuckte Blut. Brendan sagte: »Ich komme zurück. Ich komme zurück und prügel dich windelweich, du kleiner Haufen Dreck!«
    Rays Knie zitterten, seine Füße rutschten auf zerbrochenen Tellern aus, als Brendan zurück in die Küche kam und ihm eine solche Ohrfeige verpasste, dass Ray gegen die Spüle fiel. Brendan packte seinen Bruder beim Hemd, während Ray ihn hasserfüllt ansah, Tränen strömten aus seinen Augen und Blut quoll aus seinem Mund. Brendan warf ihn zu Boden, drückte die Arme zur Seite und kniete sich auf Ray.
    »Jetzt mach den Mund auf!«, rief Brendan. »Ich weiß, dass du reden kannst. Sprich, du krankes Arschloch, sonst bring ich dich um, das schwöre ich bei Gott, Ray! Sprich!«, schrie Brendan und trommelte mit den Fäusten auf Rays Ohren. »Mach das Maul auf! Sag ihren Namen! Sag ihn! Sag ›Katie‹, Ray! Sag ›Katie‹!«
    Rays Augen wurden trübe und dunkel und er spuckte Blut.
    »Sprich!«, kreischte Brendan. »Ich bring dich um, wenn du nicht redest!«
    Er griff in Rays Schläfenhaar und zog daran den Kopf seines Bruders vom Boden hoch, schüttelte ihn hin und her, bis Ray ihn wieder ansah. Brendan hielt inne, schaute in Rays graue Pupillen und erblickte darin so viel Liebe und Hass, dass er seinem Bruder am liebsten den Kopf

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