Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
Vom Netzwerk:
war. Weil sie noch nie jemanden umgebracht hatten. Weil man, wenn man den Finger an den Abzug gelegt hatte, abdrücken musste, sonst würde der Finger wochenlang jucken.
    »Was wisst ihr?«, wiederholte Brendan mit heiserer und erstickter Stimme.
    Sean zuckte mit den Achseln. Er hätte Brendan gern eine Antwort gegeben, aber wenn er diese beiden Jungen anguckte, fiel ihm nichts mehr ein. Überhaupt nichts.
    Jimmy nahm eine Flasche mit zur Gannon Street. Am Ende der Straße befand sich eine betreute Wohneinrichtung für Senioren, ein Klotz aus Sandstein und Granit aus den sechziger Jahren. Er war zwei Stockwerke hoch und zog sich einen halben Häuserblock die Heller Court Road entlang, die Straße, die in die Gannon Street mündete. Jimmy hockte sich auf die weiße Vordertreppe und schaute die Gannon Street hinunter. Er hatte gehört, dass die Alten inzwischen schon rausgeworfen wurden, denn der Point war so beliebt geworden, dass der Besitzer das Gebäude an einen Mann verkaufen wollte, der sich auf anschubfinanzierte Eigentumswohnungen für junge Paare spezialisiert hatte. Den Point gab es eigentlich nicht mehr. Er war immer schon die hochnäsige Schwester der Flats gewesen, aber jetzt kam es einem so vor, als gehöre er nicht mal mehr zur selben Familie. Wahrscheinlich würden sie den Point sowieso bald umbenennen und den alten Namen auf dem Stadtplan von Buckingham ausradieren.
    Jimmy nahm die Flasche aus der Jacke, trank einen Schluck Bourbon und betrachtete versonnen die Stelle, an der sie damals den jungen Dave Boyle zum letzten Mal gesehen hatten, als die Männer ihn mitgenommen hatten, als er durch die Heckscheibe zu ihnen zurückgeschaut hatte und sein Gesicht aus der Entfernung nur noch undeutlich zu erkennen gewesen war.
    Wenn du es doch nicht gewesen wärst, Dave. Wirklich!
    Er erhob die Flasche auf Katie. Daddy hat ihn gekriegt, Schatz. Daddy hat ihn zur Strecke gebracht.
    »Sprichst du mit dir selbst?«
    Jimmy schaute hoch und sah Sean aus seinem Auto steigen. Sean hielt ein Bier in der Hand und lächelte, als er Jimmys Flasche bemerkte. »Und, welche Ausrede hast du?«
    »Hab ‘ne schlimme Nacht hinter mir«, erwiderte Jimmy.
    Sean nickte. »Ich auch. Hab in die Mündung einer Pistole geguckt.«
    Jimmy rutschte zur Seite und Sean setzte sich neben ihn. »Woher wusstest du, dass ich hier bin?«
    »Deine Frau meinte, du seist vielleicht hier.«
    »Meine Frau?« Jimmy hatte Annabeth nie von seinen Ausflügen hierher erzählt. Mensch, sie war immer für eine Überraschung gut.
    »Ja. Jimmy, wir haben heute zugegriffen.«
    Jimmy trank einen großen Schluck, seine Brust bebte. »Zugegriffen?«
    »Ja. Wir haben die Mörder deiner Tochter, sie sozusagen kalt erwischt.«
    »Die Mörder?«, fragte Jimmy. »Mehrere?«
    Sean nickte. »Kinder eigentlich. Dreizehn Jahre. Der Sohn von Ray Harris, Ray junior, und ein Junge namens Johnny O’Shea. Haben vor einer halben Stunde gestanden.«
    Jimmy spürte, wie ihm ein Messer durchs Ohr in den Kopf stach und auf der anderen Seite wieder herauskam. Ein heißes Messer, das durch seinen Schädel schnitt.
    »Ganz sicher?«, fragte er.
    »Ja«, beteuerte Sean.
    »Warum?«
    »Warum sie’s gemacht haben? Das wissen sie selbst nicht. Sie spielten mit einer Pistole. Sie sahen das Auto kommen und einer legte sich auf die Straße. Das Auto wich aus, die Kupplung sprang raus und O’Shea lief mit der Pistole zum Wagen, angeblich wollte er ihr nur Angst einjagen. Aber die Pistole ging von selbst los. Katie trat gegen die Tür, die ihnen ins Gesicht flog, da seien sie durchgedreht, sagen die Jungen. Sie sind hinter Katie hergerannt, um zu verhindern, dass sie irgendjemandem erzählte, dass sie eine Pistole hatten.«
    »Und warum haben sie sie geschlagen?« Jimmy nahm einen weiteren Schluck.
    »Der kleine Ray hatte einen Hockeyschläger bei sich. Aber bis jetzt weigert er sich, irgendeine Frage zu beantworten. Er ist stumm, weißt du? Sitzt einfach nur da. Aber O’Shea meinte, sie hätten sie aus Wut geschlagen, weil sie ständig vor ihnen weglief.« Er zuckte mit den Schultern, als könne selbst er die absolute Sinnlosigkeit der Tat nicht fassen. »Verfluchte Kinder«, sagte er. »Hatten Schiss, Hausarrest zu bekommen, deshalb haben sie sie umgebracht.«
    Jimmy stand auf. Er öffnete den Mund, um auszuatmen, aber seine Beine gaben nach und er fiel wieder auf die Treppe. Sean legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Bleib ruhig, Jim! Atme tief durch!«
    Jimmy sah Dave vor sich, wie er

Weitere Kostenlose Bücher