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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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schlechte Laune hatte. Dave Boyle glaubte offenbar, er müsse dafür sorgen, dass alle Welt fröhlich sei, was den Leuten nach einer Weile gehörig auf den Senkel ging.
    So standen sie draußen auf dem Bürgersteig und versuchten sich etwas zu überlegen, Jimmy ganz in sich versunken und Sean noch nicht richtig wach, alle drei zappelig angesichts des vor ihnen liegenden Tages, den sie allerdings in Seans Straße verbringen mussten, und Dave fragte: »Hey, warum lecken Hunde sich die Eier?«
    Weder Sean noch Jimmy antwortete. Die Frage hatten sie schon ungefähr hundertmal gehört.
    »Weil sie’s können!«, kreischte Dave Boyle und hielt sich den Bauch, als sei das zum Brüllen komisch.
    Jimmy ging zu den Sägeböcken, hinter denen einige Meter Bürgersteig von Arbeitern der Stadtverwaltung erneuert worden waren. Sie hatten aus vier Sägeböcken und gelbem Signalband ein Rechteck gebildet und so eine Barrikade um den frischen Asphalt errichtet, aber Jimmy lief einfach durch die Absperrung und zerriss das Band. Er hockte sich mit seinen Sportschuhen an den Rand des alten Pflasters und zog mit einem Zweig dünne Linien durch den weichen Boden, die Sean an Finger von alten Männern erinnerten.
    »Mein Dad arbeitet nicht mehr mit deinem.«
    »Wieso nicht?« Sean hockte sich neben Jimmy. Er hatte keinen Zweig, wollte aber einen haben. Er wollte tun, was Jimmy tat, auch wenn er nicht wusste, warum, auch wenn ihm sein Vater den Arsch versohlen würde, wenn er es tat.
    Jimmy zuckte mit den Schultern. »Er war schlauer als die andern. Sie hatten Schiss vor ihm, weil er Bescheid wusste.«
    »Er weiß Bescheid!«, wiederholte Dave Boyle. »Stimmt’s, Jimmy?«
    Stimmt’s, Jimmy? Stimmt’s, Jimmy? Manchmal war Dave wie ein Papagei.
    Sean fragte sich, was es über Süßigkeiten groß zu wissen gab und warum das so wichtig war. »Was weiß er denn genau?«
    »Wie man den Laden richtig schmeißt.« Jimmy klang nicht unbedingt überzeugt und zuckte mit den Schultern. »Solche Sachen halt. Wichtige Sachen.«
    »Aha.«
    »Wie man den Laden richtig schmeißt. Stimmt’s, Jimmy?«
    Jimmy stocherte noch ein bisschen im Asphalt herum. Dave Boyle suchte sich ebenfalls einen Stock, beugte sich über den weichen Boden und zog einen Kreis. Jimmy runzelte die Stirn und warf seinen Zweig fort. Dave hielt inne und glotzte Jimmy an, als wolle er fragen: Was hab ich falsch gemacht?
    »Wisst ihr, was stark wäre?« Jimmys Stimme wurde ein bisschen höher und Seans Blut begann zu kribbeln, wahrscheinlich weil Jimmy meistens völlig andere Sachen stark fand als andere Leute.
    »Was denn?«
    »Auto fahren.«
    »Ja …«, sagte Sean langsam.
    »Ihr wisst schon«, Jimmy streckte die Hände aus, Zweig und Asphalt waren vergessen, »nur einmal um den Pudding.«
    »Nur einmal um den Pudding«, wiederholte Sean.
    »Das wär doch stark, oder?«, grinste Jimmy.
    Sean merkte, wie sich seine Lippen zu einem Grinsen verzogen, das sich quer über sein Gesicht legte. »Das wäre stark.«
    »Das wär echt stärker als alles andere.« Jimmy sprang auf.
    Er guckte Sean mit hochgezogenen Augenbrauen an und sprang noch mal in die Luft.
    »Das wäre stark.« Sean konnte schon das große Lenkrad in seiner Hand fühlen.
    »Ja, ja, ja!« Jimmy boxte Sean gegen die Schulter.
    »Ja, ja, ja!« Sean boxte Jimmy gegen die Schulter, in ihm wallte etwas auf, es versetzte ihn in Aufruhr und alles um ihn herum schien sich plötzlich schneller zu bewegen und zu glänzen.
    »Ja, ja, ja!«, rief Dave, aber sein Boxhieb verfehlte Jimmys Schulter.
    Für einen Augenblick hatte Sean tatsächlich vergessen, dass Dave da war. Das passierte ihm häufig bei Dave. Sean wusste nicht, warum.
    »Verdammt superstark.« Jimmy lachte und sprang wieder in die Luft.
    Und Sean sah es förmlich schon vor sich: Sie saßen beide vorne (Dave hinten, wenn er überhaupt mitkommen durfte) und fuhren herum, zwei Elfjährige juckelten durch Buckingham, hupten ihren Freunden zu, lieferten sich auf der Dunboy Avenue mit den Älteren ein Rennen, gaben Gummi in heulenden Auspuffwolken. Schon konnte er riechen, wie die Luft durch das Fenster hereinwehte, schon spürte er sie in seinem Haar.
    Jimmy blickte die Straße hinunter. »Kennst du einen in deiner Straße, der die Schlüssel im Auto lässt?«
    Sean kannte nicht nur einen. Mr. Griffin ließ sie unter dem Sitz liegen, Dottie Fiore ließ sie im Handschuhfach und Old Man Makowski, der Säufer, der seine Sinatra-Platten zu jeder Tages- und Nachtzeit auf volle

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