Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Schein der Straßenlaternen erkennen.
Geräuschlos glitt sie von der Matratze und schlüpfte in ihren Morgenmantel. Mit zwei großen Schritten war sie neben der Tür und drückte sich gegen die Wand. Ihre Finger ertasteten eine Glasschale. Mit zitternden Fingern leerte sie die Schale und das Präsent des Hotels - zwei Äpfel und eine Banane – kullerten auf den Beistelltisch. Die Schale gab zwar keine gute Waffe ab, war aber vielleicht brauchbar genug, um den Einbrecher in die Flucht zu schlagen.
Es kratzte an der Tür, dann öffnete sie sich.
Wer kam auf die Idee, bei ihr einzubrechen? Und warum hatte der Einbrecher nicht gewartet, bis sie tagsüber das Haus verlassen hatte? Tausend Fragen kreisten in Ritas Kopf. Und was, wenn die Person gar nicht hinter ihrem Schmuck her war, sondern hinter - ihr ?
Rita schlotterte am ganzen Leib. Sie hasste Gewalt, würde jedoch keine Sekunde zögern, diesem Schweinehund die Schüssel über den Kopf zu schlagen.
Die Tür wurde so weit aufgestoßen, dass Rita der Atem stockte. Das Holz fuhr auf sie zu, krachte ihr gegen die Kniescheiben, und als sie schützend ihre Arme hob, rutschte ihr die Schüssel aus der Hand und polterte auf den Teppich. Rita unterdrückte einen Schmerzensschrei, konnte aber nicht verhindern, dass sie heiser stöhnte. Ihre Knie schmerzten höllisch. Die Tür wippte zurück , und ein Schatten huschte in ihr Zimmer.
Der Eindringling hatte sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Der Stoff seiner Kleidung -
eine Kutte!
- rauschte wie Flügel einer Fledermaus. Die Tür knallte gegen das Schloss, rastete aber nicht ein.
Rita bückte sich, wollte die Glasschale greifen und sich zur Wehr setzen, als ein Fuß in ihr Blickfeld kam, der das Gefäß zur Seite trat.
»So nicht, Mädchen ...«, sagte eine Stimme, die sie kannte.
Rita fuhr auf. Sie wollte ihrem Instinkt folgen und flüchten, irgendwohin - und wurde von einem stark en Arm an die Wand gedrückt, so dass ihr Mantel aufklaffte und sie dem Einbrecher ihre Nacktheit darbot. Es war der Mann in der Kutte, derjenige, den sie heute Morgen und heute abends schon einmal gesehen hatte. Nun gab es keinen Zweifel, der Kerl hatte sie beobachtet und wollte ihr an die Wäsche. Unter der Kapuze hervor glitzerten sie erschreckende Augen an.
Rita riss sich los, duckte sich und trat zu.
Ihr Fuß traf genau. Der Mönch - oder wer immer dieser Kerl war! - stöhnte und knickte zusammen. Ritas Fuß verhedderte sich im weiten Stoff der Kutte. Sie knirschte mit den Zähnen und befreite sich.
»So nicht«, wiederholte der Mann, der sich bemerkenswert schnell erholte, und sprang ihr hinterher. Ein Stuhl fiel polternd um, dann hatte der Eindringling sie erreicht. Er griff ihr Handgelenk und verdrehte es empfindlich schmerzhaft. Rita jammerte, fühlte sich hochgehoben wie ein Spielzeug und gegen die Wand geworfen. Ein heller Schmerz zuckte durch ihren Rücken. Jammernd brach sie zusammen und rutschte in die Hocke. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie zu dem Kerl hoch, der sich nun über sie beugte. Sein schaler Atem huschte über Ritas Gesicht. »Seien Sie ruhig, Frau. Seien Sie ruhig. Oder wollen Sie die anderen Gäste wecken? Ich werde sie töten, wenn Sie nicht ruhig sind. Beantworten Sie mir nur ein paar Fragen - nur ein paar Fragen. Dann verschwinde ich wieder.«
Er würde nicht so einfach wieder verschwinden, erkannte Rita in diesem Moment. Nein, das würde er nicht, denn er war zu bekannt. Der Polizeibeamte hatte sich heute Morgen in der Hotelrezeption mit ihm unterhalten , und zu viele Menschen hatten ihn gesehen. Es wäre viel zu gefährlich für ihn, wenn er sie unbeschadet zurückließe.
Schweiß brach ihr aus. Der weggerutschte Stoff ihres Mantels gab den größten Teil ihres Oberkörpers frei. Der Eindringling würdigte ihre r nackte n Haut keines Blickes. Auch Rita war in diesem Moment egal, was dieser Kerl zu sehen bekam.
Viel wichtiger war die grauenvolle Erkenntnis, dass sie sich in Lebensgefahr befand.
Licitus sank in die Knie.
Er zog seinen Kopf zwischen die Schultern und tief in die Kapuze hinein, damit sein Gegenüber seinen hasserfüllten Gesichtsausdruck nicht sehen konnte.
Vor ihm stand ein untersetzter, breit gebauter Mann. Im Schein der Fackeln glühte seine hellblaue Kutte wie ein wolkenloser Himmel im Abendlicht. Ein goldenes Amulett, das der Mann um den Hals trug, reflektierte den zuckenden Feuerschein, und über einem scheinbar nicht vorhandenen Hals thronte ein runder ,
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