Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Blackhole war eine angesehene Person, wohingegen Bernard und seine Männer den Abschaum der Straße bildeten.
Für eine Sekunde begegnete sein Blick dem der rothaarigen Lady. Fragende, wunderschöne Augen. Ja, er hatte diese Frau bei früheren Beobachtungen des Stairf ield House gesehen. Sie war, begriff er, eines der Dienstmädchen.
Und sie fürchtete sich um Blackhole .
Blackhole hatte ihm seine Eltern und seine Schwester genommen, also würde Bernard sich auf dieselbe Weise revanchieren. Er würde Blackhole nehmen, was der liebte.
Schöne Frau, zähle deine Stunden!, dachte er und entwich in die Nacht.
Die Rückfahrt war ein Alptraum .
Immer wieder dachte Nell an die glühenden Augen des Mannes, der offensichtlich der Anführer gewes en war. Trotz dessen schmutzigem Äußeren hatte sein Gesicht nichts Brutales oder Gemeines ausgestrahlt, vielmehr hatte er seltsam traurig gewirkt.
Mörder!, hatte er zu Blackhole gesagt. Nell hatte es genau gehört. Mörder!
Welche alte Rechnung wollte dieser seltsame Mann begleichen?
Nell warf Blackhole einen heimlichen Seitenblick zu. Ihr Gegenüber starrte aus dem Fenster, sei n Kinn auf die Hand aufgestützt und schwieg.
Sollte sie ihn fragen, was der Mann gemeint hatte?
So sehr Nell sich dagegen wehrte: Sie mochte Adrian. Er war sanft, einfühlsam, tapfer und schön. Sie mochte diesen Mann so sehr, dass ihr Herz schwer schlug, als sie daran dachte, wie es gewesen war, als er sie zum Takt der Musik geführt hatte.
Adrian Blackhole schwieg noch immer.
Nells innere Anspannung ließ schlagartig nach , der Alptraum löste sich auf, und eine dumpfe Müdigkeit machte sich in ihr breit. Sie gähnte und schloss die Augen. Sie überließ sich dem Wiegen der Droschke, die im Gegensatz zur Hinfahrt nun fast gemächlich dahinrollte. Sie döste, obwohl ihre Nerven glühten.
Was geschehen war, hatte sie überfordert.
Kies knirschte unter den Rädern und Nell fuhr hoch.
Die Droschke hielt an. Der Kutscher öffnete den Verschlag.
»Ich hoffe, Sie haben trotz dieses ungemütlichen Abenteuers eine gute Nacht.« Blackhole verbeugte sich vor Nell. »So etwas kann geschehen. Sie sollten das nicht überbewerten. Kleine Schurken, die wie bellende Hunde sind . Das ist London bei Nacht . Nichts, was ein guter Stockdegen nicht regeln kann. «
Drought stand im Hauseingang, ein düsterer Schatten.
Nell raffte ihr Kleid und ging, ohne den Butler eines Blickes zu würdigen, in ihre Kammer. Sie schlug die Tür hinter sich zu und lehnte sich schwer atmend dagegen.
Mörder!
In ihrem Kopf drehte es sich, in ihren Ohren rauschte Erschöpfung. Sie war Blackhole dankbar, dass er sie nicht zu einem Drink am Kamin eingeladen hatte, und sie war froh, den stechenden Blicken von Drought entkommen zu sein. Sie zitterte. Herbstwinde pfiffen um Stairfield House , und die Hunde in den Zwingern heulten den Mond an.
Mit einem Mal schien sich die Kammer zu verengen. Sie war sowieso viel zu klein für eine erwachsene Person. Nell blinzelte. Sie war übermüdet und es war an der Zeit, ins Bett zu kommen. Sie zitterte und fror.
Warum reagierte Blackmore so gelassen?
Wieso hatte er sie nicht getröstet, sondern war völlig in sich versunken gewesen, als plage ihn ein schlechtes Gewissen?
Es krachte markerschütternd, als der Fensterladen im Wind gegen die Wand schlug. Nell ging zum Fenster und öffnete die Scheiben, um die Laden zu befestigen.
Sie blickte auf den nächtlichen Vorgarten. Der Kies reflektierte das Mondlicht und schuf bezaubernde weiße Bahnen. Eine Katze huschte zwischen den Statuen aus Marmor umher.
Da war noch etwas ...
Nell kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Zwei Gestalten gestikulierten wild. Sie standen am Eingangstor. Nell konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte. Gesprächsfetzen wehten zu ihr herüber. Es gab keinen Zweifel: Die Männer stritten sich. Sie kamen den Kiesweg hoch.
Endlich konnte Nell erkennen, um wen es sich handelte. Sie schob sich etwas zur Seite, um nicht gesehen zu werden.
Adrian Blackhole und Drought.
Blackholes Stimme klang aufgebracht. Drought zischte wie eine Schlange. Von Distanz konnte keine Rede sein. Die Männer entschwanden ihrem Blickfeld.
Unten krachte die Tür ins Schloss und schwere Schritte polterten die Treppe hoch.
Mit zitternden Händen schloss Nell das Fenster. Ihr Herz machte entsetzte Sprünge. Was sie gesehen hatte, durfte nicht sein.
Drought hatte Sir Blackhole behandelt, als sei er der Herr von Stairfield
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