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Mythica 06 - Goettin des Sieges

Mythica 06 - Goettin des Sieges

Titel: Mythica 06 - Goettin des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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wäre das ungewöhnlich. Jetzt verstehe ich es. Diese Tugenden findet man nur selten bei euren griechischen Herrschern.«
    »Unverschämte Hure!«, schrie der alte Kalchas und trat hinter Agamemnons Thron hervor. »Für diese Respektlosigkeit solltet Ihr sie auspeitschen lassen!«
    Mehrere der anderen Männer fingen ebenfalls an, nach ihrem Blut zu schreien, aber als Odysseus die Hand hob, verstummten sie sofort.
    »Du solltest vorsichtig sein mit dem, was du sagst, Kalchas. Athene selbst hat verlauten lassen, dass Polyxena nicht nur unter ihrem Schutz steht, sondern auch als ihr Orakel dient«, sagte er. »Ich habe gesehen, wie sie die Prinzessin Achilles zum Geschenk gemacht hat, und der Wille der Göttin war unmissverständlich.«
    »Und die Prinzessin steht auch unter meinem Schutz.« Achilles’ Stimme schnitt durch das ärgerliche Gemurmel, das Odysseus’ Worte ausgelöst hatten. »Ich will mich mit keinem von euch streiten«, fuhr er fort, doch Kat fiel auf, dass er den König demonstrativ nicht ansah und ihn so bewusst nicht in diese Aussage miteinbezog. »Aber wenn einer Polyxena auch nur ein Haar krümmt, bringe ich ihn um.«
    Kat blickte Achilles in die Augen. Er klang so ruhig, so sachlich, aber an seinem Gesichtsausdruck erkannte sie ohne jeden Zweifel, dass er meinte, was er sagte.
    Agamemnons spöttisches Lachen durchbrach die Stille, die auf Achilles’ Warnung gefolgt war.
    »Beruhige dich, Achilles, und hebe dir deine Todesdrohungen für die Trojaner auf. Nun ja, für alle Trojaner bis auf deine kleine Prinzessin. Wir machen dir deine neue Kriegsbeute doch nicht streitig. Es ist gut, dass du so schnell einen Ersatz gefunden hast, und noch dazu so einen hübschen.« Agamemnon lächelte sie anzüglich an. »Du wirst morgen deine ganze Stärke brauchen. Hera hat mir einen Besuch abgestattet, und ich glaube, das war ein Zeichen, dass unser Sieg nahe bevorsteht. Morgen wird ein großer Tag für Griechenland!«
    Kat konnte gerade noch verhindern, dass ihr vor Überraschung der Mund aufklappte. Heras Besuch war ein Zeichen, dass die Griechen den Krieg gewinnen würden? Nur zu gut konnte sie sich vorstellen, wie die Göttin auf diese Neuigkeit reagiert hätte. Kat hatte noch nie so einen Unsinn gehört. Kein Wunder, dass dieser Ort die Mutter aller Gerüchte hervorgebracht hatte …
    Doch die Männer glaubten jedes Wort und machten ihrer testosteronbefeuerten Vorfreude lautstark Luft. Achilles wartete, bis sich der Tumult gelegt hatte, und sagte dann ein einziges Wort, das den goldliebenden König offensichtlich bis ins Mark erschütterte:
    »Nein.«
    Nach einem kurzen Moment der Fassungslosigkeit war Agamemnons Maske herablassender Gleichgültigkeit wieder an Ort und Stelle. »Nein?«, wiederholte er sarkastisch. »Gibt es ein Problem mit den Myrmidonen, Achilles? Irgendeine neue Krankheit? Ich habe Chryseis zurückgegeben, wie du wolltest, und das hat die Finsternis aus unserem Lager vertrieben. Was für ein Opfer forderst du noch von mir?«
    »Ich fordere kein Opfer von Euch, Agamemnon. Ich möchte nur, dass Ihr Eure eigenen Kämpfe austragt.« Achilles löste seinen Arm sanft aus Kats Hand und trat vor. Als er weitersprach, richtete er seine Worte nicht etwa an die alten Männer auf ihren vergoldeten Stühlen, sondern an die jungen Krieger, die um sie herumstanden. »Warum werden Kriege von alten Männern geplant, obwohl ausschließlich junge Männer kämpfen? Wenn ich eine Frau will, kämpfe ich um sie. Wenn ich Reichtümer will, kämpfe ich dafür. Wenn ich Ruhm will, kämpfe ich dafür. Ich habe nie etwas für mich beansprucht, wofür andere gekämpft und ihr Leben gegeben haben.«
    Genau wie all die jungen Krieger im Raum wurde Kat von Achilles in den Bann gezogen. Er war keine stumpfsinnige Tötungsmaschine, es ging ihm keineswegs nur um Ruhm und Reichtümer. Er war ein geborener Anführer, ein König aus eigener Kraft. Mit forschen Schritten ging er durch den Raum, bis er schließlich vor Agamemnons Podium stand.
    »Vielleicht ist es an der Zeit, dass Ihr für all das kämpft, was Ihr für Euch beansprucht, großer König.« Im Gegensatz zu Agamemnon klang Achilles nicht im Geringsten sarkastisch – seine Stimme klang fest, tief und ehrlich. Er hielt dem Blick des Königs stand, nicht mit Hilfe von Hohn und Spott, sondern allein dadurch, dass er die Wahrheit sagte, ohne Tricks und Ausflüchte. »Und vielleicht ist es auch an der Zeit, dass ich mich ausruhe. Das Leben hat so viel mehr zu bieten

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