Mythica 06 - Goettin des Sieges
Odysseus’ plötzlicher Brillanz auf dem Schlachtfeld würde sich der Krieg weiter in die Länge ziehen. »Ich wünschte, ich wäre Achilles – nur für einen einzigen Tag«, sagte Patroklos laut.
»Weißt du, was, Schätzchen, das ist gar keine schlechte Idee«, sagte Venus und materialisierte sich in einer Wolke glitzernden Rauchs direkt neben ihm.
»Göttin«, stieß Patroklos hervor, fiel auf die Knie und senkte ehrerbietig den Kopf.
»Steh auf, Patroklos, und lass mich dich anschauen.«
»Göttin?«, fragte Patroklos, offensichtlich verwirrt, folgte aber ihrem Befehl.
»Hm …« Venus ging langsam um ihn herum und betrachtete ihn prüfend. »Du hast beinahe die gleiche Größe und den gleichen Körperbau, man sieht, dass ihr verwandt seid. Natürlich ist sein Körper etwas breiter, und du bist auch viel blonder als er, aber unter der Rüstung wird das nicht auffallen. Außerdem werde ich ja auch das eine oder andere magische Detail hinzufügen. Wenn du seinen Helm aufsetzt und den Rest seiner Rüstung überziehst, dann wird keiner den Unterschied bemerken, vor allem nicht in der Hitze des Gefechts.«
»Göttin, das verstehe ich nicht.« Aber er hatte den Satz noch nicht vollendet, da wusste Patroklos plötzlich, was die Göttin der Liebe vorhatte, und sein Herz begann heftig zu pochen.
»Du verstehst es nicht, Schätzchen? Du hast gesagt, du möchtest Achilles sein, damit du den letzten Angriff der Griechen gegen die Trojaner anführen kannst, und ich glaube, ich kann dir diesen Wunsch erfüllen. Wenn du es wirklich möchtest. Willst du, junger Patroklos?«
Am liebsten hätte Patroklos einen lauten Triumphschrei ausgestoßen und das Angebot der Göttin augenblicklich angenommen, aber die goldenen Olympier waren oftmals launisch, und ihre Launen konnten gefährlich und sogar tödlich sein. »Warum wollt Ihr mir helfen, Aphrodite?«, fragte er deshalb.
Die Göttin runzelte die Stirn, ihr Ärger erhitzte die Luft um sie herum und peitschte als warmer Windstoß Patroklos ins Gesicht. »Könnt ihr Griechen euch denn nicht merken, dass ich es bevorzuge, Venus genannt zu werden?«
Patroklos senkte den Kopf. »Verzeiht mir, Göttin. Ich habe es nicht respektlos gemeint.«
Venus holte tief Luft, der heiße Wind erstarb, und die angenehme Kühle der Nacht kehrte zurück. »Natürlich nicht, Schätzchen. Ich sollte nicht so empfindlich sein, aber ich hatte in letzter Zeit so viel Stress, und der Krieg zehrt gewaltig an meinen Nerven – was mich zum Grund meines kleinen Besuchs und zu deiner Frage zurückführt. Ich möchte dir helfen, weil der Krieg lange genug gedauert hat. Wir wollen, dass er endlich aufhört. Und du kannst deinen Teil dazu beitragen.«
»Dann beziehen die Götter nun also tatsächlich Stellung?«
»Genaugenommen die Göttinnen.«
Patroklos machte große Augen. »Athene hilft Odysseus.«
»Unter anderem«, murmelte Venus und räusperte sich anmutig. »Ja, und ich helfe dir.«
»Das ist eine große Ehre für mich, Göttin. Aber warum gerade mir? Ich habe Euch noch nie um etwas gebeten.« Er lächelte sie schüchtern an. »Um die Wahrheit zu sagen, habe ich bis vor kurzem sehr wenig über die Liebe gewusst.«
Venus berührte seine Wange, und er fühlte, wie eine warme Welle von Liebe und Glück durch seinen Körper floss. »Aber nun hast du die Liebe gefunden, nicht wahr?«
Unfähig zu sprechen, nickte er nur stumm.
»Deshalb habe ich dich gewählt. Neu gefundene Liebe ist ein sehr starkes Gefühl und enthält eine ganz besondere Magie. Ich habe schon erlebt, dass sie den Tod in Schach gehalten, Seelen geheilt und Schicksale durchkreuzt hat. Ich werde die Magie neu gefundener Liebe und deine Ähnlichkeit mit deinem Cousin einsetzen. Zusammen mit meinem Segen werden diese Dinge es dir ermöglichen, lange genug Achilles zu verkörpern, um die Myrmidonen und die griechische Armee noch einmal gegen Troja zu führen. Du wirst den Angriff leiten, bei dem die legendären Mauern von Troja fallen.«
Aufregung erfasste Patroklos, und seine Augen blitzten. »Ich werde es tun, Göttin! Für Griechenland und für Euch.«
Venus neigte zustimmend den Kopf; sein Gelöbnis gefiel ihr. »Das freut mich sehr. Nun brauchst du nur noch Achilles’ berühmte Rüstung, und kurz nach Sonnenaufgang bekommst du meinen Segen.«
»Mein Cousin bewahrt seine Rüstung in seinem Zelt auf. Wie kann ich …«
»Überlass das mir. Die Liebe wird Achilles ablenken«, versprach Venus.
»Aber wie schaffe ich es, die
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