Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
durch, aber sie hätte fast schwören können, dass die Rosen schon gesünder aussahen. In dem Kühler war mehr Wasser, als sie gedacht hatte, und gerade wollte sie den Rest über einem der Büsche ausschütten, als ein Lichtschimmer in ihrem Augenwinkel ihre Aufmerksamkeit auf die Statue zog.
Warum nicht? , dachte Mikki. Mit einem raschen Blick vergewisserte sie sich, dass sie immer noch allein war, dann trug sie den fast leeren Kühler zu der Statue hinüber.
»Deine Rosen haben auch eine kleine Stärkung verdient«, sagte sie zu dem stillen Biestmann. »Immerhin wachst du schon viel länger über sie als ich.«
Sie tauchte ihre immer noch blutende Hand in den letzten Rest des Wassers und spritzte es mit geübten Bewegungen auf die Rosen um die Statue herum. Als sie auch damit fertig war, stellte sie den Kühler in der Nähe der Mauer ab, wo sie die volle Mülltüte liegen gelassen hatte.
Als sie an der Statue vorbeiging, merkte sie, dass auch sie ein paar Tropfen abgekriegt hatte und tätschelte der Kreatur entschuldigend die Hand.
»Ups, ich wollte dich nicht nassspritzen«, flüsterte sie dem Biestmann liebevoll zu. »Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du das verstehst. Immerhin haben wir denselben Job. Wir passen beide auf die Rosen auf.«
Sie holte ein Papiertaschentuch aus der Tasche und wickelte es um den Schnitt in ihrer Handfläche, der bei der Berührung immer noch leicht brannte. Im Grunde war ihr der Schmerz egal – er hatte einem guten Zweck gedient. Jetzt war Mikki sicher, dass die Rosen den Winter überstehen und im nächsten Frühling wieder aufblühen würden.
Ihre Füße fühlten sich ganz leicht an, als sie zurück durch den Steinbogen und die Treppe wieder hinauf ging. Ohne die geringste Eile schlenderte sie durch die zweite Ebene und blieb immer wieder am Wegrand stehen, um mit ihrer unverletzten Hand über eine zarte Rosenblüte zu streichen.
Die Gärten waren völlig verlassen, und Mikki stellte sich vor, sie würden ihr gehören – dass sie eine reiche Frau war, die in einer riesigen Villa lebte und nichts anderes tun musste, als ihre Rosen zu hegen und zu pflegen. Und sie wäre von einem Schutzwall aus Rosen und kühler Oktoberluft umgeben, der sie von der Außenwelt abschirmte.
Die Nacht schien ihr zuzustimmen. Nichts war zu hören, nicht einmal die Stimmen der Schauspielerinnen im Woodward Park, und das empfand Mikki als sehr beruhigend. Es bedeutete, dass die Theatergruppe endlich fertig und nach Hause gegangen war, so dass sie nicht noch einmal an ihnen vorbeilaufen musste.
Die Stille lud zum Lauschen ein, und so hörte sie das Geräusch sofort. Es begann als ein seltsames Poltern und kam von irgendwo hinter ihr – von der dritten Ebene. Auch wenn es nicht sehr laut war, erklang es doch so plötzlich, dass Mikki erschrocken zusammenzuckte. Im ersten Moment hielt sie es für Donner und sah zum Himmel hinauf, in der Erwartung, dunkle Wolken zu sehen, die das kommende Gewitter ankündigten.
Doch die Nacht war klar. Tausende von Sternen sprenkelten den pechschwarzen Himmel; sie konnte keine einzige Wolke entdecken. Leicht beunruhigt blieb Mikki stehen und lauschte angestrengt in die Dunkelheit. Als sie nichts mehr hörte, entschied sie, dass es wohl irgendein durchs Gebüsch huschendes Tier gewesen sein musste.
»Wahrscheinlich hat es den Müll auf der Baustelle entdeckt«, meinte sie zu dem Rosenbusch, der ihr am nächsten stand.
Mikki ging weiter und versuchte, nicht darauf zu achten, wie ihre Füße wie von selbst immer schneller liefen und ihre Nackenhaare sich sträubten.
Das nächste Geräusch war zu hören, als sie gerade die Mitte der zweiten Ebene erreicht hatte. Zuerst dachte sie, es wäre das Echo ihrer eigenen Schritte, das von der massiven Steinmauer zwischen den Ebenen zurückgeworfen wurde. Zwei weitere Schritte reichten jedoch, um ihr klarzumachen, dass es kein Echo war. Die Schritte waren schwerer als ihre eigenen, und als sie kurz stehen blieb, wurden sie lauter.
Doch es waren nicht die Schritte, die ihr seltsam vorkamen. Selbst nach neun Uhr in einer kühlen Oktobernacht gingen viele Leute noch gern in den Gärten spazieren. Was sie hellhörig machte, war das Geräusch, das die Schritte begleitete. Als sie es das erste Mal hörte, war sie sicher, dass sie es sich einbildete.
Als sie es das zweite Mal hörte, blieb sie stehen und tat so, als würde sie beiläufig an einer besonders hübschen Princesse de Monaco riechen. Tatsächlich aber waren alle
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