Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
das Schlaflied gesummt hatte. »Wir sind hier, um Euch willkommen zu heißen und Euch zu dienen, Hohepriesterin.«
Die Frau mit der blonden Löwenmähne nickte zustimmend. »Ja, Hohepriesterin. Wir sind alle sehr lebendig.«
»Wo … wo bin ich?«, fragte Mikki mit zittriger Stimme und drückte die dicke Daunendecke fest an die Brust.
»Ihr seid zu Hause, Hohepriesterin!« Die Brünette lächelte fröhlich.
»Und wo genau ist ›zu Hause‹?« Mikkis Mund fühlte sich taub an, als hätte sie ein Wassereis zu schnell gelutscht.
»Ihr seid im Reich der Rose«, antwortete die Blondine.
»Jetzt hab ich’s geschafft«, stöhnte Mikki und vergrub ihr Gesicht in den Händen. »Ich bin endlich komplett durchgeknallt.«
Sofort kamen die beiden Frauen zu ihr geeilt, tätschelten ihr die Schulter und strichen ihr über die Haare. Mikki wich zurück.
»Fasst mich nicht an!«, schrie sie. »Ihr macht es nur noch schlimmer! Ich kann, verdammt nochmal, fühlen, wie ihr mich berührt, obwohl ich eigentlich schlafen müsste und das hier ein Traum sein müsste und …« Sie unterbrach ihren wirren Redefluss und schüttelte schwer atmend den Kopf. »Nein. Bleibt weg. Ihr seid nur noch ein weiterer Beweis dafür, wie verrückt ich bin!«
Die Frauen traten nervös einen kleinen Schritt zurück.
»Ihr seid bei völlig klarem Verstand, Hohepriesterin«, versuchte die Brünette, offensichtlich die Anführerin, sie zu beschwichtigen. Ihr Lächeln war zögerlich, aber süß. »Wir sind keine Sinnestäuschungen. Ich weiß, wie seltsam Euch das erscheinen muss, aber …« Sie sah zu ihrer Partnerin hinüber, die ebenfalls lächelte. »… aber Ihr seid wirklich im Reich der Rose, und wir sind Eure Dienerinnen.«
Die andere Frau nickte so heftig, dass ihre blonden Locken auf und ab hüpften.
Mikki spürte, wie ihr rechtes Auge anfing zu zucken.
»Vielleicht bin ich besoffen«, murmelte sie und versuchte fieberhaft, sich daran zu erinnern, wie viel sie getrunken hatte, bevor sie aus dem Restaurant gestürmt war. Drei, oder waren es vier Gläser von dem köstlichen Chianti gewesen?
»Wenn Ihr möchtet, bringen wir Euch gern eine Flasche Wein, Hohepriesterin«, flötete die Blondine.
»Ach, seid still und lasst mich nachdenken«, schnauzte Mikki sie an. »Und hört auf, mich ständig ›Hohepriesterin‹ zu nennen. Das ist weder mein Name noch meine Berufsbezeichnung.« Kaum hatten die Worte ihren Mund verlassen, da verdrehte sie auch schon über sich selbst die Augen. Nicht meine Berufsbezeichnung? Was für eine ausgesprochen dämliche Bemerkung. Irre zu sein, das war schon schlimm genug. Irre und dämlich zu sein, das wäre echt richtig peinlich.
Aber die selbsternannten Dienerinnen schienen ihre Dummheit gar nicht zu bemerken. Sie waren damit beschäftigt, verwunderte Blicke zu wechseln.
»Aber … aber Ihr müsst unsere Hohepriesterin sein«, sagte die Brünette mit einem irritierten Stirnrunzeln. »Ihr habt den Wächter erweckt.«
Mikki stieß einen entnervten Laut aus. »Das Einzige, was ich im Moment sein muss , ist verrückt.«
Die beiden Frauen redeten einfach weiter, als hätte sie nichts gesagt.
»Sie ist schön«, meinte die Blondine, musterte Mikki eindringlich und schnupperte in ihre Richtung. »Und sie ist gesalbt.«
Auch die Brünette starrte Mikki an. »Aber sie ist nicht so jung wie die anderen Priesterinnen, die auserwählt wurden.«
Ihre Partnerin nickte und runzelte besorgt die Stirn. »Das ist vielleicht auch besser so«, flüsterte sie so leise, dass Mikki sie nur mit Mühe verstand. »Du weißt doch, was mit der letzten Hohepriesterin passiert ist …«
»Sei still!«, fauchte die Brünette sie an.
Die Blondine erblasste und presste die Lippen zusammen.
»Ihr seid noch Jungfrau, oder?«, fragte die Brünette Mikki, als wäre es die normalste Frage der Welt.
»Jetzt reicht’s!« Mikki schwang ihre Beine aus dem Bett und stand so abrupt auf, dass die Frauen unwillkürlich einen Schritt zurückwichen. »Es ist wirklich schlimm genug, dass ich gerade verrückt werde, da brauche ich nicht auch noch zwei Hirngespinste, die sich über mein Alter unterhalten und mich über meine sexuellen Erfahrungen ausfragen!« Mikki scheuchte sie mit einer Handbewegung weg. »Na los, verschwindet. Ich würde lieber allein dem Wahnsinn verfallen.«
»Wir wollten Euch nicht kränken, Priesterin«, versicherte ihr die Brünette zerknirscht.
Die Blondine nickte erneut heftig.
»Ihr habt mich nicht gekränkt. Das Problem
Weitere Kostenlose Bücher