Mythor - 044 - Piraten der Wüste
knurrte Sadhy eisig. »Denn man wird ihm die Kapuze wieder überstreifen, so dass sie erst sehen, was sie sich da eingehandelt haben, wenn es zu spät ist.«
Hrobon grinste freudlos. »Und wer soll das tun?« fragte er. »Ich kann meine Männer nicht dazu zwingen. Wer garantiert uns, dass Tashan nicht seinerseits weitere Männer dämonisiert?«
Sadhy sah sich suchend um, bis er den Mann erspäht hatte, den er suchte. Mit ausgestrecktem Arm deutete er auf Sadagar. »Er«, sagte er laut, »wird es tun.«
Ein kalter Schauer überlief den Steinmann. Entsetzt sah er von Sadhy zu Tashan. Unwillkürlich glitten seine Finger zu den drei Halsringen. »Nein, beim Kleinen Nadomir«, flüsterte er. »Ich… ich kann es nicht!«
»Du kannst es«, sagte der Kommandant hart. »Oder du stirbst auf der Stelle. Vielleicht tun wir damit ein gutes Werk, weil du doch ein Pirat bist.« Drohend glitt seine Hand zum Schwertgriff.
Sadagar wandte sich mit verzerrtem Gesicht ab und suchte nach der Kapuze, die er fallen lassen hatte. Langsam umschlossen seine Finger den grob gewebten Stoff. Erst als er sah, dass der Pirat ruhig dalag und die Augen geschlossen hatte, wagte der Steinmann sich näher heran. Dann überwand er sich und zerrte dem Dämonisierten die Kapuze mit einem schnellen Ruck über den Kopf.
»Ich warne euch«, grollte die dumpfe Stimme in diesem Moment auf. »Hütet euch vor meinem Zorn, denn ich komme bald… selbst…«
Mit einem entsetzten Schrei wich Sadagar zurück. »Das war Cherzoon selbst«, keuchte er. »Der Dämon hat aus Tashan gesprochen! Er ist hier…«
»Sei ruhig, alter Narr«, herrschte Hrobon ihn an, dem selbst nicht ganz geheuer war. »Mache die Krieger nicht noch unruhiger, als sie es ohnehin schon sind!« Er reckte die Arme empor. »Zurück an eure Plätze«, rief er. »Das Schauspiel ist vorbei, Männer! Ruhe ist die erste Soldatenpflicht!«
»Gut gesprochen, Heymal«, knurrte Sadhy spöttisch, als die Soldaten sich zu ihren Zelten zurückbegaben.
Hrobon warf einen Blick zu den am Nordhimmel kalt und feindlich glitzernden Sternen. »Ich möchte wissen, ob du deinen Spott noch immer versprühst, wenn die Nacht vorbei ist und wir auf die Piraten treffen. Wir sind nicht mehr weit von der Warze des Haghalon entfernt, und die Nacht wird kurz sein.«
»Du hast recht, sie wird sehr kurz sein«, knurrte der Festungskommandant. »Wir werden bei der Warze sein, wenn die Sonne eben aufgeht.«
»Das ist gut«, sagte Hrobon ruhig. »Die Piraten werden nicht früher da sein. Wir können ihnen eine Falle stellen.«
»Erst der Austausch«, verlangte Sadhy.
»Meinst du, ich sei dumm im Kopf?« fragte Hrobon schroff. »Immerhin rollt meiner eher als deiner, wenn der Prinzessin etwas geschieht.«
Sadagar behielt die beiden im Auge. Was er von Anfang an vermutet hatte, stimmte offenbar. Sadhy hatte den Oberbefehl, aber im Grunde würde Hrobon die Kohlen aus dem Feuer holen müssen. Und wenn man den Fanatismus des Heymals in Sachen Lichtbotenglaube und Shalladverehrung aus dem Spiel ließ, schien er ein recht vernünftiger Mann zu sein. Sadagar wusste zwar, dass Hrobon Mythors Todfeind war, aber er gefiel ihm eher als der Kommandant.
Sadagar ging zu seinem Platz und kauerte sich dort, einigermaßen unbeobachtet, nieder. Er wollte die Zeit bis zum bevorstehenden Aufbruch nutzen und schlafen, vorher aber noch etwas anderes tun. Möglicherweise konnte der Kleine Nadomir ihm helfen…
*
Auch die anderen Männer hielten Schlaf wohl für das Nützlichste, was ihnen widerfahren konnte. Sadagar wartete eine Weile, bis nur noch die Wachtposten auf den Beinen waren. Dort, wo er sich seinen Platz für sein Nachtlager gewählt hatte, war er vor neugierigen Blicken weitgehend geschützt, nur hin und wieder warf einer der Wächter einen Blick herüber. Aber den interessierte nur, ob Sadagar, der mutmaßliche Pirat, noch an Ort und Stelle war und nicht etwa die Fesseln Tashans löste.
Langsam nahm Sadagar die drei goldenen Halsringe ab, die der Kleine Nadomir ihm überlassen hatte, als sie ihre magische Bruderschaft eingingen. Der Königstroll verfügte über einige Fähigkeiten, die in diesem Fall vielleicht Hilfe bringen konnten. Vielleicht würde er aber auch gar nichts tun. Schon mehrfach hatte Sadagar die Hilfe seines »Bruders« erbeten, und anfänglich hatte der Kleine Nadomir oder, wie er sich selbst nannte, der Schöne Nadomir, was eine maßlose Übertreibung war, ihm diese Hilfe gewährt, war dabei aber recht
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