Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythor - 074 - Das Fest der Masken

Mythor - 074 - Das Fest der Masken

Titel: Mythor - 074 - Das Fest der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giesa Werner K.
Vom Netzwerk:
Stockwerke waren bewohnt, die Reihenfolge der Wichtigkeit der Bürgerinnen führte von oben nach unten. Verbunden wurden die Stockwerke durch Leitern oder am Wurzelstock angebrachte und über Gegengewichte betätigte Aufzüge. Feste Treppen hatten sich als unbrauchbar erwiesen, da sich die Blätter zwar nur leicht, aber immerhin bewegten und jede feste Treppe zerstört hätten.
    Überall wuchsen farbenprächtige Schmarotzerpflanzen auf dunkelgrünen, riesigen Blättern. Einige dienten mit ihren Früchten der Nahrung, andere waren einfach nur schön anzusehen. Der Nahrung dienten auch Fischschwärme, die der Lumenia gern und zahlreich folgten und geradezu darauf warteten, gefangen zu werden. Sie hielten sich hauptsächlich rund um den großen Wurzelballen auf, und die Hanquonerinnen ließen Schleppnetze hinunter, in denen sich die geschuppten Meeresbewohner fingen. Die Frauen machten stets reiche Beute, was aber nicht hieß, daß sie Fischerinnen Waren. Vorwiegende Beschäftigung war der Handel. Sehr oft wurde die Lumenia von Schiffen angesteuert, die auf großer Fahrt waren oder von Inseln und Festländern kamen, um zu handeln, und wo dies nicht geschah, konnten Ableger der Lichtblume als Boote eingesetzt werden, um das Land zu erreichen.
    Die Nacht brach herein, und Stille legte sich über die Lumenia. Die bunten Blüten schlossen sich allmählich, laute Stimmen verstummten. Von irgendwo ertönten Klänge eines Saiteninstruments. Jemand sang dazu.
    Mythor streckte sich auf seinem Lager aus. Gerrek war in seine eigene Behausung umgesiedelt und hatte sich über die Abendmahlzeit hergemacht – Fisch und gebratene Knollen einer auf der Lumenia wachsenden Pflanze mit violetten Blüten. Angesichts der Mahlzeit, die von einem Sklaven gebracht worden war, hatte Gerrek die Augen rollen lassen und sich murrend verzogen. Es hatte Mythor einige Überredungskünste gekostet, ihn zum Essen zu bewegen. „Dieser Fisch“, hatte Gerrek behauptet, „sieht mich sehr hungrig an! Ich glaube, er ist einer von denen, die mich fressen wollten, als wir hierher kamen. Schau, wie bösartig er guckt.“
    Erst als der gebackene Fisch seines Kopfes ledig geworden war, hatte Gerrek sich über ihn her gemacht. Mythor lächelte bei der Erinnerung. Der Beuteldrache war ein seltsames Wesen. „Ich glaube“, brummte der Gorganer leise vor sich hin, „wenn ich Hexe und ohne Geduld wäre, hätte ich ihn wohl auch verwandelt.“
    Draußen war es dunkel geworden. Sterne funkelten am Himmel, und durch die offene Tür drang das Rauschen der Wellen herein. Mythor genoß die Ruhe. Viel zu selten hatte er Gelegenheit dazu, auszuspannen. Und doch regte sich tief in seinem Innern eine dumpfe Ahnung, daß hier nicht alles so friedlich war, wie es zu sein schien.
    Niez’ Jägerinnen… sie mußten in Hanquon sein. Mythor war fest davon überzeugt. Noch schützte ihn und seine Gefährten das Gesetz der Schwimmenden Stadt. Aber schützte es auch in direkter Nähe eines Hafens vor Meuchelmord oder Entführung, die niemand rechtzeitig bemerkte?
    Es blieb nur die Hoffnung, daß die Amazonen wachsam waren. Kalisse hatte ihren Kriegerinnen eingeschärft, stets wachsam zu sein. Und sie würden es sein! Mit Sicherheit fieberten sie dem Augenblick entgegen, wo sie ihre Schwerter wirbeln lassen konnten. Zu lange hatte sie im Krieg der Hexen nur zusehen müssen.
    „Die Amazonen sind merkwürdige Frauen“, murmelte Mythor.
    Von der Tür her raunte eine Stimme.
    „Worüber denkst du nach?“
    Mythor drehte den Kopf. Er sah die Umrisse Scidas. „Komm herein“, forderte er sie auf. Die alternde Amazone kam näher und tastete sich durch das Dunkel bis zu einem Stuhl, in den sie sich fallen ließ.
    „Weit ist es gekommen“, sagte sie. „Ein Mann erlaubt mir, einzutreten. Es sollte anders herum sein, Mythor.“
    Er nickte. „In Vanga. Ich dachte an Gorgan, das Land jenseits der Schattenzone. Und…“
    „Du sagtest, die Amazonen seien merkwürdige Frauen“, sagte Scida.
    „Ja. Ich verglich sie in Gedanken mit den Frauen, die in Gorgan leben. Auch sie können kämpfen, wenn es sein muß. Doch der Kampf ist nicht alleiniger Sinn ihres Daseins. Die Männer sind die Krieger, die Zerstörer. Die Frauen erhalten und gebären neues Leben.“
    Er verstummte abrupt. Er hatte Scidas wunden Punkt angeschnitten. Das Schicksal hatte ihr ein Kind verwehrt. In ihrer Jugend war auch Scida wie alle Amazonen den Freuden des Lebens nicht aus dem Weg gegangen. Irgendwie lebten die

Weitere Kostenlose Bücher