Mythor - 075 - Der Tod der Lumenia
Doch nicht vom Trünke!
Langsam erhob er sich. »Was ist geschehen?« fragte er leise, so daß die anderen es durch das Scherzen und Lachen kaum vernehmen konnten. Doch Kalisse hatte den Hauch der Sorge vernommen.
»Wo sind die anderen?«
Denn er sah nur Kalisse, nicht aber die anderen, die sie begleitet hatten. Die Ahnung, daß etwas Gräßliches geschehen sein mußte, wurde in ihm immer größer. Langsam schritt er am Feuer vorbei auf sie zu, die schweigend und blaß da stand. Und ihre Kleidung, ihre lederne Rüstung war zerschrammt, aufgerissen. Sie blutete aus einer leichten Wunde. Sie hatte einen furchtbaren Kampf hinter sich.
Vor ihr blieb er stehen. Seine Arme flogen hoch, die Hände legten sich auf ihre Schultern. Er rüttelte sie.
»Was ist geschehen?« schrie er sie an. »Wo sind die anderen?«
Jetzt wurden auch die Feiernden aufmerksam. Stille trat an. Alle starrten auf den Mann, der eine Amazone zwang, ihr Rede und Antwort zu stehen, und sie ließ es sich gefallen!
Mühsam öffnete sie die Lippen. Mit Erschrecken sah Mythor, daß zwei ihrer Vorderzähne fehlten.
»Tot«, flüsterte sie. »Besiegt! Tot und gefangen! Verflucht seien sie alle!«
Nur mühsam hielt sie sich aufrecht. Mythor fühlte, wie sie unter seinen Händen zitterte! Die große, starke Kalisse war so schwach, wie er sie niemals gesehen hatte.
Scida sprang hinzu, griff nach Kalisses Arm und zog sie zum Feuer. Dort drängte sie sie auf ein mit Blättern gefülltes Sitzkissen und schrie nach Wein. Wie im Traum griff Kalisse nach dem Becher und stürzte die Flüssigkeit hinunter. Dann spie sie aus. Das Feuer zischte verzehrend.
»Besiegt«, flüsterte sie wieder.
»Erzähle. Langsam, von Anfang an. Was ist mit den anderen geschehen?«
Kalisses Faust ballte sich, schlug auf den Boden. »Es gibt nicht viel zu erzählen. Die Schatten sollen sie fressen, die verdammten Weiber!«
»Unsere ganz besonderen Freundinnen?« fragte Scida.
Doch Kalisse schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß nicht mehr, wie es kam. Eine Schänke. Sündhaft teurer Wein, schlecht dazu. Ich drohte der Wirtin, ihr Haar zu stutzen, falls sie nicht besseren auftischte als den, der uns allen Kopfschmerzen bereitete. Plötzlich waren die anderen da.«
»Wer?« fragte Mythor.
»Amazonen. Eine Gruppe von acht Kriegerinnen. Sie dienen der Ziole. Zahda mag wissen, was sie hier zu tun haben, woher sie kommen und warum. Aber sie kämpften sofort, griffen uns an. Vielleicht hat die Wirtin sie angeheuert.«
»Und?«
»Ich erschlug zwei«, keuchte Kalisse und ließ den Becher wieder füllen. Erneut leerte sie ihn in einem Zug. »Unsere Schwerter sangen. Sie sanken dahin, aber auch zwei von meinen Kriegerinnen starben. Und dann kam die Streife.«
»Wie das?« keuchte Scida. »Streife? Was bedeutet das?«
»Jemand muß sie gerufen haben. Sie sorgen für Ruhe und Ordnung, diese verfluchten Närrinnen. Ordnungskräfte. Sie kamen, als wir gerade aufräumen wollten. Über ein Dutzend, für die Stadt. Sie warfen uns nieder. Noraeies Zauberkunst half nichts. Noraele und meine beiden anderen Kriegerinnen wurden festgenommen und abgeführt. Ich konnte entrinnen. Ich hörte, daß sie ins Gefängnis gebracht werden und morgen oder übermorgen oder in einem Jahr der Richterin der Stadt vorgeführt werden sollen.«
»Wir holen sie heraus«, schrie Gerrek und richtete sich zu seiner beeindruckenden Größe von acht Fuß auf. »Ich werde sie alle erschlagen, wenn sie es wagen…«
Der leere Becher flog ihm an die Stirn, und er plumpste auf sein Sitzkissen zurück, wobei er sich fast den Schwanz verstauchte.
»Es ist sinnlos«, schrie Kalisse. »Es sind insgesamt über hundert Amazonen. Sie stehen im Sold der Stadt und sorgen für Ordnung. Wir bekommen sie nicht frei.«
»Bestechung«, zischte Scida. »Wieviel Geld mag es brauchen?«
»Mehr als wir haben«, murmelte Kalisse dumpf. »Es hat keinen Zweck. Vielleicht fällt das Urteil nicht zu hart aus, und sie sind in ein paar Tagen wieder frei, vielleicht läßt man sie auch so laufen…«
»Ich werde mich morgen erkundigen«, erbot sich eine der Bürgerinnen Hanquons.
»Es ist eine Schweinerei«, murmelte Kalisse dumpf. »Fast könnte man glauben, unsere beiden Jägerinnen steckten dahinter… um uns auf diese Weise zu schwächen…«
Sie sank nach hinten und schlief erschöpft ein.
Mythor, Scida und Gerrek sahen sich im flackernden Feuerschein an.
»Wir müssen versuchen, sie zu befreien«, sagte der Gorganer ruhig. »Wenn
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