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Mythor - 087 - Der Hexenhain

Mythor - 087 - Der Hexenhain

Titel: Mythor - 087 - Der Hexenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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Kopf.
    »Das ist keine Schrift«, behauptet er. Dann scheint ihm etwas einzufallen. »Auf der Schriftrolle mit deinem Bericht über die Auffindung des Ringes habe ich am linken oberen Rand eine Anmerkung gefunden, die ich nicht entziffern konnte.«
    Ich weiß, was er meint. Es handelt sich um die Zeitangabe - 3. Jahr im Kreis der Zoud, 1. Tag im Kristallmond der Zytha, Vollmond -, die ich in Symbolen der Hexengilde gemacht habe.
    »Ich verstehe«, sage ich. »Du glaubst, daß sich Caeryll einer Geheimschrift bedient hat.«
    »Bist du wirklich sicher, daß diese - Weltkarte von Caeryll stammt?« fragt er.
    »Es kann keinen Zweifel daran geben. Ich habe den Fluchtweg seiner Schwimmenden Stadt Carlumen darauf eingezeichnet gefunden und dadurch die Bestätigung meiner Annahme erhalten, daß er bei Quair-Incar in die Schattenzone einfuhr.«
    »In deinem Bericht habe ich einen Hinweis darauf gefunden«, sagt er und blickt mich an. »Ist diese Karte alles, was du mir zu zeigen hast? Hast du keine weiteren Unterlagen, die in Gorgan abgefaßt sind?«
    »Doch.«
    Ich drehe die Karte um. Sie ist auf der Rückseite eng und mit kleinen Zeichen beschrieben. Unwillkürlich atmete ich schneller. Wenn ich von Mythor schon nicht verlangen kann, daß er sich auf einer Weltkarte zurechtfindet, was selbst mir schwerfällt, so müßte er wenigstens diesen Bericht lesen können.
    »Sage mir, was hier steht«, verlange ich.
    Er blickt lange auf die vielen Reihen von Schriftzeichen, schweigend und angespannt.
    »Der Bericht ist in derselben Handschrift abgefaßt, wie es die Angaben auf der Rückseite sind«, sage ich. »In Caerylls Handschrift. Und in Gorgan.«
    Er schweigt noch immer.
    »Ich höre.«
    Er entspannt sich, seufzt und blickt auf.
    »Ich kann das nicht lesen.«
    Zorn keimt in mir auf.
    »Du beherrschst Gorgan gar nicht«, schreie ich ihn an. »Gib es zu. Du bist ein Schwindler!«
    Meine Beschuldigungen regen ihn nicht auf.
    »In fünfhundert Jahren mag sich Gorgan gewandelt haben«, sagt er ruhig. »Oder es handelt sich um die Runen einer Geheimschrift.«
    Ich bin enttäuscht, und das macht mich wütend.
    »Geh mir aus den Augen. Du hast mich in die Irre geführt. Betrüger!«
    Da geht die Tür auf, und Tertish kommt herein.
    »Sie sind weg…«, sagt sie und verstummt. Mit einem Blick hat sie die Situation erfaßt. Sie fragt: »Habt ihr Streit?«
    »Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit«, sagt Mythor. »Vilge ist enttäuscht, daß ich ihre Erwartungen nicht erfüllen konnte. Es tut mir leid.«
    Mein Zorn verraucht.
    Ich weiß, daß ich ihm unrecht getan habe, aber ich bin zu stolz, es zuzugeben.
    »Dann können wir nach Burg Narein zurückkehren?« fragte Tertish.
    »Nein!« sage ich heftig. »Wir sind noch nicht fertig. Aber es ist wohl besser, wenn wir eine Pause einlegen. Wie bist du die Amazonen losgeworden, Tertish?«
    Die Amazone deutet auf das Sternmal ihrer steifen Linken.
    »Ich habe eine kleine Notlüge gebraucht und angedeutet, daß ich mich für meinen letzten Gang vorbereiten wolle. Daraufhin zogen sie ab.«
    »Geht!« Ich verscheuche sie mit einer Handbewegung.
    Ich bleibe allein mit meinen Gedanken zurück.
    Trotz der erlebten Enttäuschung glaube ich immer noch, in Mythor einen Mann wie Caeryll vor mir zu haben.
    Ich brauche ihn, ich will ihn für mich haben.
    Gemeinsam könnten wir viel erreichen und bestimmt auch die letzten Geheimnisse ergründen, die die Legende Caeryll birgt.
    Ich beschließe in diesem Augenblick, Mythor beim nächstenmal den Zauberkristall zu zeigen, den ich von meiner letzten Reise vom Rand der Schattenzone mitgebracht habe.
    Er soll erfahren, was ich ihm zu bieten habe.
    Wenn er ein Mann wie Caeryll ist, dann wird er zugreifen.

7.
    Es war gegen Mittag, als Tertish und ich den Alosa-Riß erreichten. Die Kluft, die das Land der Narein von dem des Alosa-Geschlechts trennte, war an dieser Stelle gut fünfhundert Schritt breit. Sie fiel fast senkrecht an die hundert Körperlängen ab und reichte in westlicher Richtung bis zum Horizont. Im Osten verlor sie sich im Dunst des nahen Hexenschlags.
    »Kannst du dir vorstellen, welche Gewalten damals entfesselt wurden, Tertish!« sagte ich und schauderte leicht. »Und wenn man bedenkt, daß diese Gewalten von Menschen freigesetzt wurden, dann muß man sich fragen, wie mächtig erst die Götter sind.«
    »Der Hexenhammer wurde von einer Göttlichen geführt«, erwiderte Tertish.
    Ich antwortete nicht sofort, sondern ließ meine Blicke über den

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