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Mythor - 087 - Der Hexenhain

Mythor - 087 - Der Hexenhain

Titel: Mythor - 087 - Der Hexenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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deswegen anmaßend werden?«
    »Spotte nur«, sagte Tertish, während wir wieder zur Hochebene hinaufkletterten. »Aber ich warne dich, Mythor. Versuche nicht, mich zu hintergehen. Du bist schlecht beraten, wenn du dich mit Vilge einläßt.«
    Als wir oben angelangt waren, blickte ich nach Osten, wo das Land dunstverhangen war. Auch über dem Alosa-Riß zog Nebel auf. Ich fragte mich, ob er magischen Ursprungs war und von den Wetterhexen heraufbeschworen wurde, um Zaems Flotte vor neugierigen Blicken zu schützen.
    »Wie weit ist es bis zum Hexenschlag?« fragte ich.
    »Nicht so weit, daß wir nicht vor Einbruch der Nacht wieder in Vilges Hain zurück sein könnten«, antwortete die Todgeweihte.
    »Ich möchte hin.«
    Der Alosa-Riß lag bereits in dichtem Nebel und hatte die Flotte verschluckt. Über uns tauchte wieder eine Trut auf, zog einige Kreise und flog dann in nördliche Richtung davon, vermutlich, um Vilge über uns zu berichten.
    Ich erwartete mir nicht viel von dem Abstecher zum Hexenschlag. Mich trieb nur die Neugierde. Ich wollte herausfinden, ob dieser Ort in Zusammenhang mit meinem Schwächeanfall an Bord der Donnerwolke stehen konnte.
*
    Es wehte eine scharfe Brise, in der mein Umhang rasch trocknete. Überraschenderweise war mir nach dem kalten Bad wärmer als zuvor. Ich begann zu schwitzen, obwohl der Marsch alles andere als beschwerlich war. Tertish hatte jedenfalls keine Mühe.
    Ich blieb keuchend stehen.
    Über uns flog wieder eine Trut dahin. Ich hörte sie krächzen. Dann tauchte eine zweite Trut auf und ließ sich auf einem dicken Ast eines kahlen Baumes nieder. Mir fiel auf, daß alle Bäume und Sträucher dieses Gebietes entlaubt waren. Der Boden war nackt, nirgends zeigte sich eine Spur Grün. Die Trut im Baum beobachtete mich aus ihren großen, roten Augen aufmerksam.
    »Kannst du nicht mehr weiter?« fragte mich Tertish.
    Ich winkte ab und setzte mich wieder in Bewegung. Nach ein paar Schritten mußte ich wieder Rast machen.
    »Sind wir bald da?« fragte ich.
    »Wir müßten bald zu einem der Hexentürme stoßen«, antwortete Tertish und betrachtete mich besorgt.
    »Spürst du nichts??« fragte ich.
    »Was sollte ich spüren?«
    »Eine Müdigkeit, als seien deine Glieder mit schweren Gewichten behangen.«
    »So schlimm kann es nicht sein. Ich war einmal dicht am Hexenschlag, und da wurde mir auch ganz seltsam zumute. Aber außerhalb der Hexentürme merkte ich nie etwas.«
    Ich setzte mich wieder in Bewegung und schleppte mich mühsam weiter. Es war noch nicht so schlimm wie an Bord der Donnerwolke, aber mit jedem Schritt, den ich weiterging, wurde mir übler.
    »Ich möchte fast glauben, daß Vilge etwas mit dir angestellt hat«, sagte Tertish.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Es muß an der Nähe des Hexenschlags liegen.«
    »Warum merke ich dann nichts davon?«
    Ich war zu müde, um irgend etwas darauf zu sagen.
    Tertish fuhr fort:
    »Der Hexenschlag ist schon vielen zum Verhängnis geworden. Irgend etwas geht von ihm aus, das den Geist verwirrt und die Menschen um den Verstand bringt. Es heißt, daß einmal ein ganzes Amazonenheer von Burg Niehor sich geschlossen von den Klippen in die Tiefe gestürzt hat. Aber seit die zwölf Türme errichtet wurden, kam so etwas nie wieder vor. Jeder Turm ist Tag und Nacht von einer Hexe besetzt. Sie schirmen das Umland von den schädlichen Einflüssen des Hexenschlags ab.«
    Ich erreichte eine Anhöhe und sah dahinter durch den Dunst einen dunklen, wuchtigen Turm aufragen. Er war rund und von einer doppelt mannshohen Mauer umgeben. Eine Trut flog darauf zu, doch als sie in den Luftraum über den Zinnen kam, wurde sie plötzlich zurückgeschleudert, als sei sie gegen eine unsichtbare Mauer geprallt. Sie kreischte auf und trudelte ab. Sie wäre wohl auf den Felsen zerschellt, wenn eine andere Trut nicht im Sturzflug herangekommen wäre und sie mitgerissen hätte.
    Kehren wir um, wollte ich sagen. Aber ich brachte keinen Ton hervor.
    Ich stand stocksteif da.
    Da war der dunkle Turm. Er erschien mir wie eine rettende Oase, die mir Schutz vor den Kräften bieten konnte, die an mir zerrten. Aber er war unerreichbar für mich.
    Und dahinter lag das Nichts, wie das Ende der Welt.
    Auf der Plattform des Turmes erschien zwischen den Zinnen eine Gestalt. Ich sah eine Bewegung, als würde sie uns winken. Ihr Mantel wehte im Wind, aber ich konnte seine Farbe nicht erkennen. Um mich war alles Grau in Grau… und dann verschwammen die Konturen, ein Schwindel erfaßte

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