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Mythor - 112 - Der magische Bann

Mythor - 112 - Der magische Bann

Titel: Mythor - 112 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walker Hugh Wolf Paul
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einen, der so viele Jahre mit offenen Augen durch die Welt gewandert war.
    Er wußte nicht, was geschehen war. Sein steinernes Auge war plötzlich dunkel geworden. Parthans Werk? Wenn ja, bedeutete es, daß er hier war und daß er die ganze Zeit über mit ihm verbunden gewesen war.
    Aber mit den magischen Augen war auch sein eigenes erblindet. Den Teufelspriester kümmerte es nicht, daß er Menschen verstümmelte. Er war bereits so entmenscht, daß sie für ihn nur mehr Kreaturen waren, denen er sich bedienen konnte.
    Aber dieselbe Finsternis, die sie alle bedrohte, war sein Werkzeug gewesen, um das Augenlicht wieder zu bekommen!
    War alles gar nicht absolut? Waren Gut und Böse gar keine Kräfte der. Welt oder des Himmels jenseits, sondern nur Handlungen von lebenden Wesen, wie die Philosophen im Süden sagten?
    Es würde bedeuten, daß das Licht nicht gut war und die Finsternis nicht böse, sondern beides nur Werkzeuge. Es waren absurde und doch quälende Gedanken.
    Wenn er am Leben blieb, würde er darüber nachdenken.
    Schluchzen irgendwo um ihn brachte ihn in die Wirklichkeit zurück. Er öffnete beide Augen weit. Vor ihm, nahe dem mittleren Steinkreis, sah er den weinenden Taurond am Boden sitzen. Sonst konnte er keinen seiner Gefährten entdecken.
    Ihr Götter! Wieviel Zeit war vergangen? Wo waren sie? Er blickte zum Mond auf…
    Und mit einemmal begann er zu begreifen.
    Er glaubte zu wissen, was bevorstand: eine Verfinsterung des Mondes! Es war das einundvierzigste Jahr Arwyns nach tainnianischer Zeitrechnung, die auch für die Caer galt, denn Caer war noch vor drei Jahren eine Provinz des tainnianischen Reiches gewesen. Er wußte aus seinen eigenen Berechnungen von diesem bevorstehenden Ereignis. Er hatte selbst große Pläne für sich und seine Magie an Corians Hof gehabt. Am Anfang des sechsten Mondes, am dritten Tag genau.
    Er wußte seit vielen Wochen nicht mehr den genauen Tag, obwohl er es gewohnt war, sich im Kalender zurechtzufinden, weil es bedeutete, sehr vielen Menschen sehr viel voraus zu haben. Er wußte nicht, welcher Tag gerade war, nur daß es Ende des fünften Mondes oder Anfang des sechsten sein mußte. Das hatte er aus der Höhe des Sonnenbogens lesen gelernt in den vielen Jahren seines Lebens.
    Es gab keinen Zweifel, das Ereignis der Verfinsterung stand bevor. Jeden Augenblick mochte es geschehen, dann mochte die Macht der Priester unermeßlich wachsen.
    Er durfte keinen Augenblick mehr verlieren. Er mußte den Keilstein erreichen und herausreißen – mit oder ohne die Hilfe der Gefährten. Wenn stong-nil-lumen versank, bevor der Mond sich verfinsterte, war ein gewaltiger Sieg über die Dunkelmächte errungen.
    Der Gedanke beflügelte ihn.
    Er beugte sich zu Taurond hinab. Der Junge erschrak, als er den Sterndeuter sah, doch dann entdeckte er nichts Erschreckendes mehr an ihm und schlang die Arme um ihn.
    »Master Thonensen«, schluchzte er erleichtert und erdrückte den hageren, schmächtigen Sterndeuter fast.
    »Bei Grimh und Aiser!« entfuhr es ihm, obwohl er nicht einer war, der seine eisländischen Götter oft in seinem Leben angerufen hatte. Er entwand sich den bärenstarken Kinderarmen.
    »Taurond, wo ist deine Schwester? Wo sind die anderen?«
    »Weiß nicht…« Der Junge deutete um sich. »Fort. Alle fort. Alle haben mich verlassen.« Er begann wieder zu schluchzen. »Duz war wütend und lief weg…«
    »Wütend?« Dem Sterndeuter fiel auf, daß der Junge verändert war. Stand er unter dem magischen Bann? Nein, es war, als wäre er, verwirrt… ohne klaren Verstand. Er redete nicht mehr erwachsen. Er wirkte wie ein hilfloses Kind – das er im Grunde auch war. »Wütend auf wen? Auf dich?«
    »Nein, nicht auf mich. Auf die Steine…«
    »Auf die Steine?« fragte Thonensen verwundert.
    »Sie hat die Steine gehauen und ist fortgelaufen.«
    »Sie hat die Steine gehauen?«
    »Wollte sie umwerfen. Ging aber nicht. Wollen wir sie suchen? Ja, Master Thonensen? Bitte…«
    »Ja, wir gehen sie suchen, Taurond. Sie und die anderen. Komm.«
    Der Junge nahm die Hand des Sterndeuters und ließ sie nicht mehr los. Er zerrte ihn, nun beinah furchtlos, da er sich im Schutz des Freundes fühlte, auf den nächsten Steinkreis zu.
    Thonensen sah, daß es außerordentlich schwierig sein würde, unbemerkt zur Mitte der Kreise vorzudringen. Wohin er auch sah, bemerkte er Priester. Hunderte mochten es sein.
    Sie waren in die Runenzeichen an den Monolithen vertieft. Einige knieten vor den Steinen und

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