Mythor - 124 - Zeichen des Lichts
Beuteldrachen.
»Gerrek hält in Moriks Speisenkammer Nachschau nach etwas Eßbarem«, meinte Sadagar schmunzelnd. »Hörst du es nicht?«
Mythor trat in den Gang hinaus. Aus Richtung der Küche drang die zeternde Stimme des Herbergsbesitzers zu ihm, der immer wieder daran erinnerte, daß Fastenzeit war. Dazwischen erklang Gerreks unbekümmerte Stimme:
»… nur ein Stück von diesem Schinken. Und etwas von diesem Pökelfleisch. Ah, dieser Käselaib hat gerade die richtige Größe…«
Mythor trat ins Freie. Eseroc saß hoch zu Tokuan und war von Necron und Aeda flankiert. Sie hatten ihrer aller Reittiere bereits gesattelt und ins Freie geführt.
Am Tage machte der Luminat einen eher unbedeutenden Eindruck. Seine Haut, die in der Dunkelheit leuchtete, wirkte grau, als hätte sich der Schmutz von Jahren tief eingefressen.
»Warum wolltest du uns im Stich lassen?« erkundigte sich Mythor.
»Ich wollte euch nur vorausreiten«, erklärte der Luminat, »und alles für eine Audienz beim Rat der Sieben in die Wege leiten. Das wird sich nun verzögern.«
»Mir wäre es dennoch lieber, wenn du uns begleitest«, erklärte Mythor. »Japal und seine Freunde sind verschwunden, wußtest du das? Wer weiß, was die im Schilde führen. In Begleitung eines Luminaten fühlen wir uns da schon sicherer.«
Eseroc gab darauf keine Antwort. Mythor ging zu dem Brunnen im Hof, holte einen Eimer Wasser herauf und wusch sich damit das Gesicht. Nachdem er sich mit seinem Umhang abgetrocknet hatte, fühlte er sich wohler.
Inzwischen waren Odam und seine Schlackenhelm-Krieger zusammen mit Tobar aus der Herberge gekommen und bestiegen ihre Tiere.
Zuletzt erschien Gerrek und hielt triumphierend einen Ranzen hoch.
»Seht, ich habe Morik eine kleine Wegzehrung abgenommen«, rief er. »Mit etwas Überredungskunst konnte ich ihn davon überzeugen, daß Karges für uns unverdaulich ist.«
Eseroc wandte sich empört ab und ritt davon. Sie folgten ihm und hielten, auf Mythors Anraten, einen Höflichkeitsabstand von einigen Tokuanlängen. Denn Gerrek verteilte während des Rittes gesalzenes Brot und dicke Scheiben Schinken, die er mit seinem Kurzschwert herunterschnitt. Sie ließen es sich munden, denn ihnen war klar, daß sie sich hinkünftig mit Fastenspeisen würden begnügen müssen.
Nachdem Mythor den letzten Bissen verschlungen hatte, brachte er seinen Tokuan an die Seite von Eseroc.
»Wie lange ist es noch bis Arylum?« fragte er den Luminaten.
Eseroc deutete nach vorne.
»Von der Kuppe des nächsten Hügels kannst du die Stadt bereits sehen«, antwortete er. »Ich werde euch aber nicht mitnehmen. Es ist besser, wenn ihr außerhalb der Stadt wartet. Es ist für mich schwierig genug, bis zum Rat der Sieben vorzudringen. Aber wenn ich in Begleitung von Fremden komme, ist es völlig unmöglich.«
»Wir sind nicht irgendwelche Fremden«, erklärte Mythor und fügte mit besonderer Betonung hinzu: »Vergiß nicht, daß ich Alton, das Schwert des Lichtboten, trage.«
»Ich werde es weiterleiten«, sagte Eseroc, aber es klang nicht sehr überzeugend. Offenbar hatte er noch nie von dem Gläsernen Schwert gehört und zweifelte daran, daß diese Waffe irgend etwas mit dem Lichtboten zu tun hatte.
Sie erreichten die Hügelkuppe und hatten einen weiten Ausblick auf eine abfallende Hügellandschaft und auf das dahinterliegende Meer, das den Horizont bildete. Um eine langgestreckte Bucht erstreckte sich die Stadt Arylum.
Selbst aus dieser Entfernung war zu erkennen, daß sie aus einfachen, schmucklosen Häusern mit flachen Dächern bestand. Es gab nirgends größere Gebäude, die an Herrschaftshäuser, Paläste oder Tempel erinnerten. Im Hafenbecken waren einige kleinere Schiffe zu erkennen.
Mythor war enttäuscht von Arylum, das in keiner Weise seiner Vorstellung von der Hauptstadt eines Landes entsprach. Er schätzte, daß Arylum höchstens 10.000 Einwohner hatte. Die Häuser waren nur um den Hafen gruppiert und bildeten einen fest abgegrenzten Halbkreis. Das Hinterland war völlig unbebaut.
Hier war der Boden auf einer großen Fläche, die gut zwanzigmal so groß wie das Stadtgebiet war, aufgewühlt und morastig. Es standen nur vereinzelte Zelte und Bretterhütten herum, dazwischen zogen sich Holzzäune und einfache Steinmauern dahin, die das Gebiet vielfach unterteilten. In einigen von diesen Koppeln entdeckte Mythor Tokuane und insgesamt ein Dutzend Yarls.
»Das ist der Yarl-Markt von Arylum«, erklärte Eseroc von sich aus. »Aber er
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