Mythor - 124 - Zeichen des Lichts
geht seinem Ende zu, so wie das alte Jahr. Die Händler trachten danach, daß sie ihre Geschäfte mit Beginn der Fastenzeit abgeschlossen haben.«
Mythor ließ wieder seine Blicke über die Stadt schweifen.
»Wo tagt der Rat der Sieben?« fragte er. »Ich sehe nirgendwo ein Gebäude, das als würdige Residenz für die Landesväter dienen könnte.«
»Du wirst es erfahren, wenn du zum Rat der Sieben zugelassen werden solltest«, sagte Eseroc. »Aber erwarte dir nicht zuviel. Wir Luminaten sind der Ansicht, daß man sich nur den geistigen Werten widmen kann, wenn man ein einfaches und bescheidenes Leben führt. Wir verachten jede Art von Prunk.«
»Wo können wir in Arylum am ehesten Quartier finden?« fragte Mythor.
»Ich werde dafür sorgen, daß man euch eines der Zelte zur Verfügung stellt«, sagte der Luminat. »Der Stadt bleibt ihr besser fern, denn mit eurem rüden Benehmen könntet ihr leicht in Schwierigkeiten geraten. Die Lyrer nehmen die Fastenzeit sehr ernst und bringen für Fremde, die sich nicht daran halten, kein Verständnis auf.«
Sie folgten einem Trampelpfad, den unzählige Yarlbeine tief in den Boden gegraben hatten. Auf diese Weise war ein richtiger Hohlweg entstanden, der quer durch das hügelige Gelände verlief und dessen seitliche Wände manchmal mehrere Mannslängen über sie hinausragten.
Mythor dachte noch, daß dies ein günstiges Gelände für einen Hinterhalt sei, als links und rechts plötzlich Männer in Burnussen auftauchten und sich in drohender Haltung entlang des Trampelpfads aufstellten. Es waren auf jeder Seite mindestens fünfzig Mann, und sie waren mit Lanzen und Steinschleudern bewaffnet.
»Dieser hinterhältige Luminat hat uns in eine Falle gelockt!« rief Necron wütend und trieb seinen Tokuan an Eserocs Seite.
»Nur ruhig Blut!« sagte Mythor besänftigend und betrachtete Eseroc, dessen Gesicht völlig ausdruckslos war. Er sagte mit drohendem Unterton: »Wir haben von diesen Yarlfängern doch nichts zu befürchten, Eseroc? Sag ihnen, daß wir unter deinem Schutz stehen.«
Der Luminist warf ihm einen spöttischen Blick zu, dann hob er die Arme nach beiden Seiten und rief mit lauter Stimme:
»Lyrer, hört, was ich euch zu sagen habe. Diese Fremden sind keine ungebetenen Eindringlinge. Sie genießen das Gastrecht und den Schutz der Luminaten. Wer dem zuwiderhandelt, der verstößt gegen das Gesetz. Was ich sage, hat für euch zu gelten, als hätte Nullum selbst zu euch gesprochen.«
Einer der Männer auf der rechten Seite trat hervor und schwang drohend eine Steinschleuder. Mythor erkannte in ihm Japal, einen der Yarlfänger aus Moriks Herberge.
»Wie kannst du diesen Fremden den Schutz der Luminaten gewähren. Sie selbst haben erkannt, daß sie aus der Schattenzone gekommen sind. Sie tragen das Böse in sich.«
»Und ich sage euch«, rief Eseroc mit donnernder Stimme, in der der Zorn des Gerechten mitschwang, »daß ihr sie wie eure Brüder zu behandeln habt, solange sie sich nichts zuschulden kommen lassen. Ihr habt sie zu achten, solange sie die Werte der Lichtwelt achten.«
Mythor entdeckte hinter Japal einen jüngeren Mann mit Augenbinde und einem Kinnbart, der zu zwei langen Zöpfen geflochten war. Als sich ihre Blicke begegneten, erkannte er in ihm Arcor, den jüngsten der drei Yarlfänger aus Südlyrland. Ein Irrtum war ausgeschlossen, Mythor war sich seiner Sache ganz sicher. Doch bevor er Arcor ein Zeichen geben konnte, war dieser hinter den anderen Yarlfängern verschwunden. Es hatte fast den Anschein, als fürchte er, seine Bekanntschaft zu Mythor und seinen Freunden eingestehen zu müssen.
»Kehrt zu euren Lagerplätzen zurück«, rief Eseroc den Yarlfängern zu. »Ich verlange, daß ihr euren guten Willen dadurch beweist, daß ihr unseren Gästen eine Unterkunft zur Verfügung stellt.«
Die Yarlfänger zogen sich murrend zurück. Mythor war froh, daß diese Situation bereinigt war. Sie kamen wieder in offenes Gelände, ohne noch einmal behelligt zu werden. Aber Mythor spürte die feindseligen Blicke von allen Seiten fast körperlich.
Eseroc führte sie zwischen leeren Koppeln bis zu einer recht windschiefen und halbverfallenen Holzhütte, nur einen Steinwurf von den ersten Häusern der Stadt entfernt. Ganz in der Nähe befand sich auch eine Koppel, die mit einem Yarl belegt war, und daneben ein bewohntes Zelt. Als Mythor für einen Moment ein zernarbtes Gesicht im Zelteingang sah, bildete er sich ein, Tansar zu erkennen, den ältesten der drei
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