Mythos Ueberfremdung
denn die muslimische Bevölkerung in Europa ist sehr schnell gewachsen. In den 27 Ländern, die heute zur Europäischen Union gehören, lebten im Jahr 1950 möglicher weise weniger als 300 000 Muslime. Heute liegt ihre Zahl irgendwo zwischen 15 und 20 Millionen, was 3 bis 4 Prozent der 500 Millionen Bewohner des Kontinents entspricht. Einige muslimische Gruppen haben sehr hohe Geburtenraten: Die Bangladeschi-Familien in Großbritan nien, um eines der extremeren Beispiele zu wählen, haben im Durchschnitt drei Kinder, während »weiße Briten« nur auf 1,7 Kinder kommen. 1 Gegenwärtig sind zwar nur vier Prozent der Briten Muslime, aber mit einer solchen Geburtenrate könnte sich ihr Anteil innerhalb von 20 Jahren verdoppeln. Fällt die Geburtenrate eines Landes unter 2,1 Kinder pro Familie, wächst die Bevölkerung nicht mehr. 2 Nichtmuslimische Europäer haben gegenwärtig eine sehr niedrige Geburtenrate, die im kontinentalen Durchschnitt derzeit bei 1,5 Kindern pro Familie liegt; die Einwohnerzahl wird ab dem Jahr 2030 zurückgehen. Aber die Muslime in Europa kommen im kontinentalen Durchschnitt auf 2,2 Kin der pro Familie, 2 was bedeutet, dass ihre Gemeinden noch wachsen. Und es kommen weitere Einwanderer und fügen dem Bevölkerungsgemisch noch mehr junge, sehr fruchtbare Menschen hinzu.
Oberflächlich betrachtet scheint es plausibel, dass das mus limische Bevölkerungswachstum exponentiell verlaufen wird und die Muslime den Mehrheitsstatus erlangen könnten. Wann würde es wohl so weit sein? Bis vor Kurzem wusste niemand etwas Genaueres, weil es keine verlässlichen Daten zur Größe und zum Wachstum der muslimischen Einwandererbevölkerung gab. Die Menschen spekulierten und schätzten, und die Eurabien-Autoren bezogen sich auf diese Schät zungen und überboten sie noch.
In den letzten Jahren haben wir jedoch beim statistischen Verständnis der muslimischen Einwanderung nach Europa und Amerika eine Revolution erlebt. Neutrale akademische Institutionen oder Regierungsbehörden haben mehrere groß angelegte Vorhersagen zur Entwicklung der muslimischen Bevölkerung vorgelegt, die auf verlässlichen Statistiken beruhen.
Die größte und umfangreichste Studie wurde 2011 vom in Washington, D.C., ansässigen Pew Research Center erarbeitet. 3 Dutzende von Wissenschaftlern werteten die aktuellsten und genauesten statistischen und demografischen Informationen aus, um daraus einen detaillierten Blick in die Zukunft der weltweiten muslimischen Bevölkerung zu gewinnen. Die Studie untersucht das »Europa«, von dem in der Literatur zur muslimischen Flut üblicherweise die Rede ist: die wichtigsten Staaten der Europäischen Union sowie die Schweiz und Norwegen, ein Gebiet, in dem 405 Millionen Menschen leben und das die Länder mit den höchsten Einwanderungsraten umfasst. 3 Die Gesamtzahl der Muslime dort lag 2010 bei 18,2 Millionen oder 4,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die muslimische Bevölkerung in Europa – wenn man die gegenwärtigen Einwandererzahlen und Trends bei den Geburtenraten zugrunde legt – bis 2030 auf 29,8 Millionen oder 7,1 Prozent der Gesamtbevölkerung zunehmen wird. Die Studie nimmt auch die größtmögliche räumliche Definition von »Europa« in den Blick, die alle 50 europäischen Staaten und Territorien einschließt, auch Russland, das mit der schon seit langer Zeit dort ansässigen, heute 16,3 Millionen Menschen zählenden muslimischen Bevölkerung deren Gesamtzahl auf dem Kontinent fast verdoppelt, außerdem die im Lauf der Geschichte muslimisch geprägten Länder wie Albanien und Bosnien. Die muslimische Bevölkerung in einem weiter gefassten Europa zählte nach diesem Maßstab im Jahr 2010 44,1 Millionen Menschen oder 6 Prozent der Gesamtbevölkerung. Sie wird nach dieser Vorausberechnung bis 2030 auf 58 Millionen oder 8 Prozent der Gesamtbevölkerung anwachsen, und diese Zunahme beruht weitgehend auf der sehr niedrigen Geburtenrate der nicht muslimischen Bevölkerung in Russland.
Die Entwicklung unterscheidet sich von Land zu Land: Frankreichs Muslime, die größte Gruppe in Westeuropa, werden von 4,7 Millionen auf 6,9 Millionen (oder 10,3 Prozent der Gesamtbevölkerung) zunehmen; Deutschland wird eine deutlich gemäßigtere Zunahme erleben, von 4,1 auf 5,5 Millionen (7,1 Prozent), und die muslimische Bevölke rung Großbritanniens wird sich bis 2030 fast verdoppeln, von 2,9 auf 5,6 Millionen (8,2 Prozent). Bei einer solchen Zuwachsrate ist es
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