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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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du das Pistolenholster von dem Toten bei den Kisten?“, bat er Tilly. „Bitte. Ich fühle mich einfach sicherer, wenn wir bewaffnet sind. Am liebsten wäre es mir, du würdest die Pistole gleich selbst behalten.“
    Sie verzog das Gesicht. Aber er hatte recht. Sie ging zu dem Unterstand hinüber, zwängte sich hinter den Kistenstapel und nahm dem Soldaten das Pistolenholster samt Gürtel und einer Magazintasche ab. Ihr ekelte vor dem Toten, und zugleich schämte sie sich dafür. Dieser junge Mann hatte vor nicht einmal einem Tag noch gelebt, gelacht, gehofft … und Drogen geschmuggelt. Wie konnte man innerhalb einer Armee so eine Sache durchziehen, ohne dass man aufflog? Da mussten hohe Ränge beteiligt sein, vermutete sie.
    Wieder flatterte ein Schwarm Vögel auf, diesmal aus den Cocasträuchern direkt hinter dem Hubschrauber. Die Tiere flogen über die Maschine hinweg und verschwanden hinter den Wipfeln der Dschungelbäume.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Tilly eine Bewegung am Waldrand jenseits des Helikopters. Sie erstarrte und schaute hinüber.
    Da war nichts. Sie rieb sich die Augen. Wirklich, da war nichts, sagte sie sich. Und trotzdem konnte sie sich nicht rühren. Als würde ihr Körper auf etwas reagieren, das ihre Augen sahen, ihr Gehirn aber nicht wahrnahm. Langsam fuhr sie sich mit der Hand über das Gesicht. Dann schüttelte sie den Kopf.
    Wurde sie jetzt verrückt? War das alles zu viel für sie? Sie wollte sich gerade mit aller Gewalt dazu zwingen, sich wieder zu bewegen, als sie erneut etwas sah. Ein unregelmäßiger Fleck, der sich nur dadurch vom Hintergrund des Waldes abhob, dass er vorübergehend unscharf wurde, sich ein wenig zur Seite bewegte und wieder an Schärfe gewann. Grüne Blätter und braune Äste hatten sich in ein helles, verschwommenes Grünbraun aufgelöst und bildeten sich wieder neu. Sie kniff die Augen zusammen. Wieder konnte sie eine Weile nichts erkennen. Und wieder wurde ein schmaler, vielleicht zwei Meter hoher Ausschnitt des Waldes zu einem flirrenden Gebilde, das sich einen Meter näher an den Hügel heranschob und erneut mit dem Hintergrund verschmolz. Tilly hielt den Atem an. Es war tatsächlich etwas dort, und es war so gut wie unsichtbar, da es offenbar Farben und Strukturen des Waldes perfekt imitierte.
    Vom Eingang her hörte sie Yorks Stimme. Was er sagte, konnte sie nicht verstehen. Warum war er nur so laut? Sie hätte ihn gern vor dem Etwas dort am Waldrand gewarnt.
    Ein Gegenstand schob sich drüben durch das Geäst. Ein künstlich wirkendes, gebogenes Ding. Eine Armbrust!
    In dem Augenblick, in dem ihr klar wurde, was sie da sah, wollte sie schreien. Aber sie brachte keinen Ton heraus.
    Ein Schnalzen war zu hören. Aus dem Tunnel kam ein Schlag, als hätte jemand mit einem Hammer gegen eine Wand geschlagen.
    Dann trat der Armbrustschütze aus dem Wald heraus. , dald herTilly schlug die Hand vor den Mund und unterdrückte einen Schrei. Das konnte nicht sein. Das war unmöglich.
    Sie kroch hinter die Kisten zu dem toten Soldaten. Verzweifelt versuchte sie, ihr verräterisches Keuchen zu unterdrücken. In ihren Ohren rauschte es. Dann lag sie auf der Leiche, Wange an Wange, am ganzen Körper zitternd. Ihr Rucksack rutschte ihr in den Nacken.
    In was für einen Albtraum war sie hier geraten? Sie schloss die Augen.
    Jemand rief etwas. York oder d’Albret. Sie konnte nichts verstehen. Jemand rannte zwischen dem Wald und dem Hügel herum. Dann war es eine Weile still.
    Sie rührte sich nicht. Nach Sekunden, vielleicht waren es auch Minuten, hörte sie erneut Schritte. Langsame Schritte näherten sich dem Unterstand. Bitte lass es York sein, dachte Tilly. Bitte, bitte, bitte lass es York sein.
    Sie drückte ihr Gesicht, das inzwischen von etlichen der ekelhaften, schimmernden Fliegen bedeckt war, in die Halsbeuge des Toten, krallte ihre Hände in seine steifen Oberarme und hielt die Luft an.
    D’Albret starrte auf den Bolzen, der neben ihm gegen die Wand geknallt war und jetzt vor ihm auf dem Boden lag. Er hatte gerade noch dort gestanden.
    Dann wurde ihm klar, dass er beinahe getötet worden wäre.
    York reagierte schneller auf den Angriff als der Priester. Er riss d’Albret tiefer in den Gang hinein und stolperte über die Leiche des Soldaten. Hektisch rappelte er sich wieder auf. Das volle Magazin war ihm aus der Hand gefallen. Er bückte sich danach. Etwas flog über ihn hinweg und knallte tiefer im Gang gegen die Wand.
    York richtete sich auf. „Heilige

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