Mythos
waren. Mehrmals gingen sie in die falsche Richtung, wenn der Pfad sich links- oder rechtsherum um einen der Hügel wand, die immer zahlreicher und höher wurden.
Plötzlich hielt Tilly York am Arm zurück. „Hatte Ritz nicht etwas von Fallen geschrieben, in die zwei seiner Kameraden gestürzt waren?“, fragte sie.
„Schon. Aber ich glaube nicht, dass es die heute noch gibt. Nach 500 Jahren? Die Sandbank am Río Nahuati war auch verschwunden. Aber wir können ja die Augen offen halten.“
Sie marschierten weiter. Fünf Stunden waren sie jetzt schon unterwegs.
Dann hatten sie den Weg verloren. Sie suchten in einem immer größeren Radius nach den Steinen – und erlebten eine Überraschung.
renchung.Links und rechts von ihnen hob sich der Boden sanft an, doch statt des dichten Dschungels war er mit etwa ein Meter hohen Sträuchern bedeckt. Dazwischen standen immer wieder Gruppen von Dschungelbäumen. Es gab überhaupt keinen Zweifel, dass die Sträucher von Menschen angepflanzt worden waren. Und es gab auch keine Zweifel, um was für Pflanzen es sich handelte.
„Eine Cocaplantage“, stellte York verdattert fest. „Wieso …“ Er drehte sich zu den anderen um.
Tilly zuckte ratlos die Achseln. „Der Anbau von Coca ist in Peru in begrenztem Maße legal“, sagte sie. „Aber er findet bestimmt in Gebieten statt, die sich leichter überwachen lassen. Das hier …“ Sie schwang den Arm herum. „Das ist mit Sicherheit eine illegale Plantage.“
D’Albret zog den Kopf ein und schaute sich um. „Das bedeutet, diejenigen, die diese Sträucher gepflanzt haben, wollen sicher nicht, dass jemand davon erfährt.“
„Deshalb liegt sie hier im Dschungel“, stimmte Tilly zu. „Und deshalb stehen auch die Bäume dazwischen. So ist die Plantage aus der Luft nicht zu erkennen.“
York zog die beiden anderen zurück in den Wald. „Dann wollen die wohl auch kaum, dass wir sie entdecken“, sagte er. „Jetzt wüsste ich nur zu gern, wer …“ Er kratzte sich am Hals. „Die Armeehubschrauber, die über Centro América fliegen, wollen also nicht zur Garnison in Barranca. Die kommen hierher.“
D’Albret hob verwirrt die Augenbrauen. „Wie passen die Armee und Cocasträucher zusammen?“, fragte er. Dann schlug er sich gegen die Stirn. „Nebenverdienste.“
Tilly ging in die Hocke. „Und was machen wir jetzt?“, fragte sie verärgert.
„Wir schleichen uns in die Plantage und schauen uns um“, schlug York vor. „Finden heraus, wo das Labor ist, der Hubschrauberlandeplatz und so weiter.“
„Labor?“, fragte d’Albret. „Ein ganzes Labor hier mitten im Dschungel?“
„Haben Sie nie den Film Das Kartell mit Harrison Ford gesehen?“, fragte York zurück. Er ließ den Blick über die flachen Hänge vor ihnen schweifen. „Wie diese amerikanischen Elitesoldaten Drogenlabors in Kolumbien in die Luft jagen?“
Er sprach mit einem Respekt vom Einsatz der Soldaten, als hätte es ihn tatsächlich gegeben. „Soweit ich weiß, braucht man nicht viel, um aus den Pflanzenblättern Kokain herzustellen. Einige Fässer mit Benzin, außerdem Salz, Kalk, Nagellackentferner. Und natürlich Plastikeimer, Tücher und Tüten, also eigentlich nur Zeug, das in jedem normalen Haushalt zu finden ist. Eine Plane über dem Kopf, damit man nicht nass wird, und es kann losgehen.“
„Und einige gewissenlose Mörder mit automatischen Waffen, die alle Zeugen umbringen“, warf Tilly ein. Sie schaute den Amerikaner an, als hätte er den Verstand verloren. „Ich würde sagen, wir verschwinden schleunigst von hier.“ Sie richtete sich auf und drehte sich um.
„Du willst jetzt aufgeben?“, fragte York überrascht. „Wir sind vielleicht schon am Ziel. Hier irgendwo wartet Ritz’ Schatz auf uns.“ Er sprang auf und griff nach ihrem Arm. Sie schüttelte seine Hand ab, blieb aber stehen.
„Pass auf“, sagte er. „Ich schleiche um die Plantage herum und versuche herauszufinden, wo die Leute sind, die hier arbeiten. Dann komme ich wieder zurück, und wenn es zu gefährlich ist, dann warten wir bis heute Abend.“
D’Albret hatte ratlos am Rande der Plantage gewartet.
York nickte ihm zu. Dann war er verschwunden. Tilly setzte sich auf den Boden und starrte vor sich hin.
„So habe ich mir die Schatzsuche nicht vorgestellt“, sagte d’Albret leise. Tilly reagierte nicht. Der Priester seufzte und setzte sich ebenfalls auf den Boden. Eine Straße von Blattschneiderameisen führte einen der bemoosten, graugrünen
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