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Mythos

Mythos

Titel: Mythos
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Ein leises Zwitschern war zu hören, dann ein Klappern, das sich ihnen langsam von hinten näherte.
    Die Haare auf Tillys Armen richteten sich auf. Damit war entschieden, welcher Richtung sie folgen würden. Hastig setzten sie ihren Weg fort, immer noch bemüht, leise zu sein. Tilly wäre am liebsten gerannt. Wussten diese Dinger nicht sowieso schon, wo die menschlichen Eindringlinge steckten? Waren sie nicht gerade hinter ihnen her? Konnte das Zufall sein?
    Ein übler Gestank hing vor ihnen im Gang. Ein Geruch nach Verwesung.
    Sie stolperten in eine kleine Halle hinein. Ein wenig Licht fiel schräg durch Schlitze in der Mitte der Decke herein.
    „Schon wieder eine Statue“, flüsterte MacLoughlin.
    Die Lichtstrahlen fielen auf das Abbild eines weiteren steinernen Reptils.
    Sie blieben stehen und sahen sich um.
    Dann entdeckte Tilly die Quelle des Geruchs. Ihr wurde schlecht. Sie klammerte sich an einen Arm der Statue und kotzte ihr vor die Füße. Dann sah sie, was die Figur in ihren Händen hielt. Erneut würgte sie.
    Sie taumelte zur Seite, bemüht, weder zu dem Berg aus Körpern noch zu den blutigen Köpfen in den Schalen zuowin Schal schauen.
    MacLoughlin war beim Anblick der Statue abrupt stehen geblieben. Die Gedanken in ihrem Kopf überstürzten sich. Hier wurden Opfer dargebracht.
    Sie sah sich um. Was mochte d’Albret darüber denken?
    Der Priester starrte mit aufgerissenen Augen auf die Kultstätte. Dann wandte er den Blick ab. MacLoughlins Kehle entrang sich ein leises Lachen, als d’Albret sich bekreuzigte. Welche religiöse Handbewegung wäre angemessen, wenn die wahre Religion die wäre, die einem Basiliskengott Opfer darbrachte?
    Carlos stand mit flatternden Händen vor den toten Körpern. „Dinoes“, stammelte er. „Policía.“
    MacLoughlin wies in den Schatten im hinteren Teil der kleinen Halle. Sie packte Tillys Arm und zog sie mit sich.
    „D’Albret!“, zischte sie leise. Der Priester schaute auf und folgte ihr. Nach wenigen Metern hatten sie die hintere Wand erreicht. Erst jetzt entdeckte MacLoughlin einen weiteren Ausgang. Doch es war zu spät, um dadurch zu verschwinden. Ihre Verfolger tauchten am anderen Ende der Halle auf.
    MacLoughlin zog die Pistole aus dem Halfter. Auch d’Albret und Carlos nahmen die Sturmgewehre von den Schultern. Allerdings erwiderten sie den Blick der Journalistin eher mit Ratlosigkeit als mit Entschlossenheit.
    Es waren drei Tiere, die den Raum betraten. Nur eines hatte etwas in den Händen, das MacLoughlin an eine Armbrust erinnerte. Ihr fiel auf, dass alle drei Tiere sich mühsam voranschleppten. Die hatten auch keine bessere Nacht als wir, dachte die Journalistin.
    Vielleicht hatten diese Wesen vor ihnen, den bewaffneten Eindringlingen mit weit überlegenen Waffen, genauso viel Angst wie diese vor ihnen. Vielleicht hatten sich diese Wesen auch gefragt, ob sie den nächsten Tag überstehen würden.
    Die drei Basilisken hatten die Menschen im Schatten offenbar nicht bemerkt. Sie marschierten in einer Reihe hintereinander an der Statue vorbei. Ihre Köpfe ruckten hin und her. Jedes Mal, wenn ihre Schnauze der Statue zugewandt war, senkten sie sie ein Stück, als wollten sie sich verbeugen. Ihr Atem ging dabei keuchend.
    Dann hatten die Tiere die Seite der Halle fast erreicht. MacLoughlin kniff die Augen zusammen. Erst jetzt nahm sie wahr, dass dort senkrechte Stangen einen Bereich des Raumes abtrennten. Und dahinter …
    „Da ist jemand“, stieß Tilly leise aus. „Ein Mensch.“
    Ein junger Mann, dem die Haare wirr vom Kopf abstanden, hatte sich erhoben, als die Tiere die Gitterstangen erreicht hatten. Einer der Basilisken trat zur Seite und zog an einem Hebel in der Wand. Dahinter musste sich ein System von Gegengewichten befinden, dachte MacLoughlin, denn einige der Stangen bewegten sich daraufhin in die Höhe. Der junge Mann trat wie betäubt einen Schritt zurück und hob abwehrend die Arme, als zwei der Basilisken in seine Zelle hereinkamen und nach ihm griffen. Doch zu MacLoughlins Überraschung wehrte er sich nicht, sondern ließ sich aus seinem Gefängnis herausziehen.
    Und jetzt begriff MacLoughlin endlich, was hier vor sich ging. Wieso hatte sich ihr Verstand dagegen gewehrt, als Tilly es angedeutet hatte? Nicht Menschen hatten die Statuen erschaffen. Nicht Menschen opferten hier Menschen. Sie schaute zu d’Albret hinüber. Er bewegte lautlos die Lippen. Hatte er es kapiert? Waren ihm die Implikationen klar? Wahrscheinlich hielt er das hier
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