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Mythos

Mythos

Titel: Mythos
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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mehrere Zehntausend Menschen geopfert hatten, indem sie ihnen bei lebendigem Leibe die Herzen herausgeschnitten hatten.
    Weshalb sollten Reptilien mehr Mitgefühl für Menschen aufbringen als diese selbst?
    Leider half ihm dieser Gedanke kein bisschen weiter.
    Er suchte nach seinem Taschenmesser. Aber es war verschwunden. Vielleicht hatten diese Viecher es auf dem Boden entdeckt, als er ohnmächtig gewesen war, und mitgenommen.
    Er …
    Das hatte wie ein Schuss geklungen! Leiser zwar und heller, als er es kannte, aber doch ein Schuss. Er sprang auf und stellte sich an das Gitter. Ein Gefühl der Hoffnung wogte durch seine Brust. Hatte die Polizei Verstärkung geschickt, Leute, die nach den verschwundenen Kollegen von den Dinoes suchen sollten?
    Ein schwarz gekleideter Mann stürzte in die Halle und kam stolpernd vor der Statue zum Stehen. Sein Kopf flog von einer Seite zur anderen. Ein Nachtsichtgerät bedeckte seine Augen. In der Hand hielt er eine Pistole. Als er die Leichen sah, stieß er einen leisen Fluch aus. Dann hastete er um die Statue herum.
    Pérez riss die Hand hoch. Er wollte rufen, doch aus seiner Kehle kam nur ein trockenes Krächzen. Aber der Mann hatte ihn schon bemerkt. Er sagte etwas.
    Pérez verstand ihn nicht. „Hilf mir hier raus“, rief er auf Spanisch und Englisch und rüttelte an den Stäben.
    Der Mann in Schwarz verzog das Gesicht und warf einen Blick zu dem Eingang, durch den er hereingekommen war. Dann schob er das Nachtsichtgerät auf die Stirn und verzog den Mund zu einem Lächeln.
    „Das ist ja ein Ding, was?“, antwortete er leise auf Englisch. Dann drehte er sich um und hastete hinüber zum Eingang des zweiten Ganges.
    Fassungslos schaute Pérez ihm hinterher. Erst als der Mann verschwunden war, begann er zu schreien. „Nein! Komm zurück. Lass mich nicht hier.“
    Im ersten Tunnel tauchte eine der Echsen auf. Pérez warf sich auf den Boden, als könnte er so vor dem Tier in Deckung gehen. Doch das Reptil achtete nicht auf ihn. Es hüpfte mit langsamen, vorsichtigen Schritten in die Halle hinein. In den Händen hielt es etwas.
    Verblüfft erkannte Pérez, dass es sich um eine Art Armbrust zu handeln schien. Das Tier schaute sich mit ruckhaften Bewegungen seines Kopfes um. Als es auf Höhe der Zelle war, stolperte die Echse und konnte sich gerade noch fangen.
    Mit dieser Bestie stimmt etwas nicht, dachte Pérst dachteez. Ganz und gar nicht.
    Ein zweites Tier betrat vorsichtig die Halle. In den Händen hielt es einen großen Bogen aus Holz. Über der Schulter hing ein Köcher mit Pfeilen. Auch dieses Reptil schien schwach. Es bewegte sich mit unsicheren Schritten vorwärts. Sein Atem rasselte leise.
    Ja, verreckt nur, hätte Pérez ihnen am liebsten zugeschrien. Verreckt, und zwar möglichst bald. Er riss sich zusammen. Er durfte nicht ihre Aufmerksamkeit erregen.
    Sicher würde der Mann in Schwarz die beiden Viecher erledigen und dann zurückkommen. So würde es sein. Er würde ihn retten. Was denn sonst? Er würde ihn doch nicht einfach hier seinem Schicksal überlassen.
    Die Reptilien verschwanden in einem Gang auf der anderen Seite des Raumes.
    Pérez kroch zur Wand hinüber und lehnte sich mit dem Rücken an die Mauer. Hoffentlich würde es nicht zu lange dauern, bis dieser Bursche zurückkehrte, dachte er. Sonst würde er noch wahnsinnig.
    Seine Nase hatte sich inzwischen an den Gestank der Leichen gewöhnt. Nur wenn hin und wieder die Ahnung eines Windhauches durch die Halle ging, bemerkte Pérez die Veränderung. Der Geruch wurde dann stärker.
    Dieser Mann in Schwarz … wo blieb er bloß? Pérez schlang die Arme um seine Brust. Der würde doch mit seiner Pistole locker mit diesen Viechern fertigwerden, die nur mittelalterliche Waffen hatten und so offensichtlich krank waren.
    Pérez lauschte. Ein feines, hohes Summen war zu hören. Er konzentrierte sich darauf, biss er begriff, dass das Geräusch nicht aus den Tunneln kam, sondern nur in seinem Kopf existierte. Er ballte die Hände zu Fäusten und drückte die Fingerknöchel fest auf seine geschlossenen Augen, bis hinter seinen Lidern ein lautloses Feuerwerk losging. Stöhnend riss er die Augen wieder auf.
    Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein. Wieso brauchte dieser Mann so lange, um diese beiden Echsen zu erledigen?
    Aus den hinteren Winkeln seines Bewusstseins kroch ein Gedanke hervor. Pfeile, ein Köcher mit Pfeilen. Und eine Pfeilspitze im Schädel eines 15 Millionen Jahre alten Purussaurus ! Er richtete sich auf.
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