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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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hatte den Priester verdächtigt. Tatsächlich hatte er schon in Sevilla gewusst, was sie vorhatte. Aber er hätte beim Absturz in der Nähe von San Ramón selbst sterben können. Und nicht er hatte die Flugtickets besorgt, sondern … Kardinal Merdrignac. Oder vielmehr jemand im Vatikan hatte das für den Kardinal, d’Albret, seinen Sekretär Lassandri und sie erledigt.
    Jemand im Vatikan. Jemand, der ein weiteres Ticket in ihrer Reihe für van der Merwe hätte kaufen können. Sie rieb sich die Stirn. Das war alles Quatsch, denn dann hätte dieser Jemand ja schon wissen müssen, was sie vorhatte und …
    Belotti. Fast hätte sie den Namen des Mönches laut ausgesprochen. Padre Belotti. Es war der Dominikaner gewesen, der die Dokumente im Archivo General de Indias in Sevilla entdeckt hatte. Den Brief an Philipp von Hutten und den verschlüsselten Derrotero von Caspar Ritz für den deutschen Konquistador. Sie hatte ihm noch im Indienarchiv erklärt, dass es um einen Schatz ging, und er hatte sich darüber lustig gemacht. Er musste die Informationen an den Vatikan weitergegeben haben. An jemanden, der eine Rolle in dem Prozess der Seligsprechung von Bartolomé de Las Casas spielte. Der einen hageren Mann in einem Regenmantel auf Belotti angesetzt hatte … und danach auf sie.
    Sie musste mit d’Albret reden. Er …
    Sie zuckte zusammen. Von jenseits der Mauer waren leise Schritte zu hören. Doch es fiel kein Licht über den Mauersims. Wer konnte … natürlich, dachte sie. Arie hatte dieses Nachtsichtgerät. Also schlich der Killer jenseits der Steinmauer, nicht mehr als einen Meter von ihr entfernt, durch den Gang. Würde er den Spalt entdecken? Die Schritte verharrten. Eine Gänsehaut zog sich über Tillys Arme. Sie kniff die Augen so fest zusammen, dass sie Sterne funkeln sah.
    Es knirschte. Der Niederländer ging weiter. Dann war es wieder still.
    Tilly hörte, wie MacLoughlin die Luft zwischen den Zähnen ausstieß.
    Arie hatte also beschlossen, sie zu suchen, anstatt die Gänge so schnell wie möglich zu verlassen. War ihm nicht klar, dass sie hier unten nicht allein waren?
    Trotz ihrer Anspannung fiel sie langsam in einen Dämmerzustand. Würde sie tatsächlich hier schlafen können? Sie ließ sich langsam zur Seite sinken, bis ihr Kopf im Schoß ihres Nachbarn lag.
    D’Albret legte ihr die Hand auf das Haar.
    Plötzlich fuhr der Priester zusammen. Wieder waren Schritte zu hören. Hastig diesmal. Jemand stolperte, und dann knallten wieder diese trockenen, leisen Schüsse aus van der Merwes Pistole. Jetzt, dachte Tilly, wusste Arie, dass noch jemand hier unten unterwegs war. Kaum war der Niederländer vorbei, hörte sie das Klicken von Krallen auf den Bodenplatten. Mindestens drei Basilisken verfolgten ihn. Allerdings waren sie nicht sehr schnell. Und sie keuchten, als ob sie kaum Luft bekämen.
    Dann war es wieder ruhig.
    Sonntag, 21. Juni, Tunnelsystem nördlich des Río Supayacu, Peru
    Francescoangv >Fran Pérez hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. Hatte er nur geträumt? Kurz erfüllte ihn ein Gefühl der Hoffnung, doch schon der harte Boden, auf dem er lag, machte ihr ein Ende. Er befand sich in einer Zelle, in einer Halle, die vom Geruch des Todes erfüllt war. Und dort drüben, auf dem Berg von Leichen, lag, trotz des Zwielichtes deutlich zu erkennen, nun auch der Körper von Adem Tanriverdi.
    Pérez reagierte diesmal relativ gefasst auf den Anblick. Vielleicht war es nicht möglich, diesen Zustand von Panik, Entsetzen und Verzweiflung, der ihn beim ersten Mal ergriffen hatte, mehrmals hintereinander zu erleben. Vielleicht war er auch einfach nur zu erschöpft, um noch eine stärkere Reaktion zu zeigen.
    Durst quälte ihn, hinter seiner Stirn pochte ein dumpfer Schmerz, und seine Nasenwurzel tat weh.
    Wie konnten diese Wesen nur so grausam sein und Menschen opfern? Menschen, die an ihrem Leben hingen, die Angst hatten vor dem Tod? Er konnte verstehen, dass diese Tiere sich gegen Eindringlinge wehrten, von denen sie sich bedroht fühlten. Aber menschliche Leben gleich im Dutzend zu vernichten, einem Gott zuliebe, das war unmenschlich … Dann wurde ihm klar, wie absurd dieser Gedanke war.
    Schließlich waren diese Echsen nicht die einzigen Lebewesen auf der Erde, die auf diese Idee gekommen waren. Auch die Inkas in Peru hatten ihren Göttern Menschen geopfert. Und von den Azteken in Mexiko hieß es, dass sie zur Einweihung eines neuen Tempels in ihrer Hauptstadt innerhalb von vier Tagen

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