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N. P.

N. P.

Titel: N. P. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Banana Yoshimoto
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Boston-Reise zusammen war?« fragte ich.
    »Genau die. Keine Ahnung, was daraus werden soll – einfach furchtbar. Das geht jetzt schon von vor der Reise an so.«
    »Ist sie so schrecklich?«
    »Ja. Und es wird immer schlimmer.«
    »Und er, er ist wohl völlig hin und weg?« Welche Wirkung Frauen doch haben können, dachte ich ein bißchen traurig. Es hatte solchen Spaß gemacht, sich mit Otohiko zu unterhalten.
    »Das Liebesleben meines Bruders ist mir ja eigentlich egal, aber … Ach, die Einzelheiten erzähl ich dir ein andermal.«
    »Falls du mal Lust dazu hast. Laß uns gehen, die Mittagspause ist um.«
    Draußen konnte ich vor Aufregung tatsächlich kaum mehr an mich halten: Strahlender Sonnenschein, glitzernder Asphalt, das satte Grün des Laubes, das kein Lüftchen bewegte.
    Ich atmete tief durch. Saki bemerkte dazu nur: »Siehste, ganz aufgeregt!« und präsentierte ihr Sonnenblumenlächeln. Weil mich die Sonne blendete, ihr Lächeln aber so schön war, mußte ich blinzeln.
    Endlich Sommer!

 
     
     
    W enn erst Semesterferien waren, würde ich endlich Zeit haben – hatte ich mir so gedacht, aber nichts da, permanent bekam ich Aufträge für Rohübersetzungen. Beziehungsweise, eigentlich handelte es sich um »Rohübersetzungen für Rohübersetzungen« – Nothilfen unter der Hand also. Im Lager der Lektoren war man anscheinend während der Semesterferien auch schwer mit Jobben beschäftigt. Ich verdiente zwar was damit, aber die Termine drängten – ich mußte an vergangene Schultage und die leidigen Hausaufgaben über die großen Ferien denken.
    Ich ging also wie sonst auch jeden Tag zur Uni und wälzte bis tief in die Nacht die Wörterbücher.
     
    Es war mitten in der Nacht, nach einem dieser Tage.
    Draußen tobten Regen und Wind um die Wette, es goß wie aus Kübeln, wie bei einem Taifun. Die Schritte auf der Treppe gingen deshalb völlig unter.
    Es klopfte. Ich erschrak. Es war schließlich drei Uhr nachts. Ich schlich zur Tür und sah durchs Guckloch. Es war Otohiko. Ich machte auf.
    »Was willst du denn um diese Zeit hier? Mir ne Liebeserklärung machen?«
    »So ähnlich«, sagte er. Er schien ziemlich besoffen zu sein. Schwankend stand er da, mit triefendem Schirm und klitschnassen Lederschuhen. Wie aus einem Liebesdrama im Fernsehen – was ich, wie ich zugeben muß, insgeheim genoß.
    »Du hattest Streit mit der Freundin, stimmts?« riet ich.
    »Nee, ganz kalt.«
    »Du hast reichlich gebechert?«
    »Richtig! Wir hatten ne kleine Diskussion, und am Ende warn wir total besoffen. Und weil ich keine Ahnung mehr hab, was richtig und was falsch ist, dachte ich mir, fragste gleich die Betreffende selbst. Weil ich doch so zu bin.«
    »Und die Betreffende … bin ich?«
    »Genau.« Er nickte.
    »Diskussion mit wem, mit Saki?«
    »Nee.«
    »Wieso gehts denn dann um mich? Überhaupt, wir haben doch erst ein einziges Mal richtig miteinander geredet!«
    »Schwer zu erklären.«
    »Ein Anruf hätts doch wohl getan. Und Zeit gehabt bis morgen hätte die Sache auch, oder?«
    »Tschuldigung.« Sprachs und senkte den Kopf. Da ich mich auch des öfteren derart sinnlos betrinke, wußte ich, daß keine böse Absicht bestand. Wahrscheinlich wollte er bloß sofort und auf der Stelle die Antwort haben.
    Die Antwort worauf? Ich hatte keine Ahnung.
    »Schon gut, komm rein«, sagte ich.
    Er: »Nein, ich bleib hier.«
    »Quatsch, da wird man ja ganz nervös. Nun komm schon rein.«
    Schwerfällig zog er die Schuhe aus und sagte: »Tut mir leid, aber verrat mir bitte erstmal, wo dein Klo ist. Ich glaub, ich muß kotzen.« Sein Gesicht war ganz bleich.
    »Aber sich erst groß zieren! Schnell!« sagte ich und schob ihn hektisch durch die Klotür. Noch ehe ich Zeit hatte, mich zu wundern, war abwechselnd Würgen und Kotzen und Wasserrauschen zu vernehmen. Ich war zum Warten vor der Tür verdammt. Dann kam er endlich heraus:
    »Wasser bitte!« Sein Gesicht hatte sich ins Bläßlichgrüne verfärbt, die Augen waren knallrot unterlaufen.
    »Du siehst aus wie der Tod persönlich!« Ich goß Wasser in ein Glas und reichte es ihm. Er trank es in einem Zug aus.
    »Da war doch diese Geschichte …«
    »Was?«
    »Wo ich dir aus Dankbarkeit ganz viel Wasser gebe. In der Wüste. Und dann taucht irgendwas auf … die Schöpfkelle oder Goldmünzen … ich weiß nicht mehr …«, murmelte er vor sich hin.
    »Ja, ja, hab schon kapiert, was du sagen willst: Das Wasser war köstlich. Willst du noch ein Glas?«
    »Thanks.«
    »Setz dich da aufs

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