Na endlich Liebling
Clive nicht besonders taktvoll.
»Ich wollte nach dem Norden«,
antwortete sie leichthin, »aber unversehens kam ich an die Küste. Ich wollte
schon längst die Westküste kennenlernen. Als ich feststellte, daß ich in der
Nähe von Totara war, beschloß ich, Bill zu besuchen
und mir das Geschäft anzusehen, von dem er geschrieben hatte, und wollte Sie
alle mal kennenlernen.«
»Das ist recht!« sagte Percy
warm. »Alle Freunde von Bill sind hier willkommen, Miß! Später müssen Sie sich
alles näher anschauen. Ich wette, Sie haben schon die verschiedensten
Geschichten über mich gehört. Im Erzählen ist er nämlich groß, der Bill!«
Elaine sah unschlüssig auf ihre
Armbanduhr.
»Das wäre schrecklich nett, ich
weiß aber nicht, ob das geht. Bis zur nächsten Ortschaft ist’s noch ziemlich
weit. Es hat mir bei Ihnen gut gefallen, aber nun ist es doch schon ziemlich
spät.«
»Warum wollen Sie denn heute
noch weiterfahren?« meinte Mrs. Neal herzlich.
»Bleiben Sie doch bei mir. Ich habe eine Pension — über die Weihnachtstage sind
die Gäste alle nach Hause. Das Haus ist leer. Sogar mein Maori ist bei seinen
Leuten. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Gesellschaft leisteten, besonders
am Weihnachtsabend.«
So geschah’s also. Justin sagte sich, alles sei herrlich, vor allem die Art, wie diese
netten Leute seine Freundin aufnahmen. Natürlich wäre es auch großartig, ein
wenig mit Elaine allein sein zu können. Aber dann wünschte er, daß doch ein
jeder sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern sollte. Und was dachte
Sally? Sie war noch stiller als sonst. Verflixt, warum hatte er ihr nichts von
Elaine erzählt und vor allem von der Wette, die er mit ihr abgeschlossen hatte!
Dann hätte er jetzt nicht so schuldbewußt sein müssen. Er begegnete Dianas
Blicken und war überrascht und ärgerlich, in ihren Augen halb Spott, halb
Mitleid zu erkennen. Da war also schon wieder jemand, der die Nase in seine
Angelegenheiten steckte!
Ihr Verständnis hätte ihn
überrascht, wenn er sie später am Abend hätte hören können, als sie mit John am Flußufer entlang schlenderte.
»Bill ist natürlich vollkommen
im Recht, wenn er ein Mädchen im Hintergrund hat. Sally braucht deshalb nicht
so trübselig dreinzuschauen. Ich habe kein Mitleid mit ihr. Das konnte sich
doch jeder denken, daß ein Mann wie er in der Ferne ein Liebchen hat, das um
ihn trauert. Elaine gehört allerdings nicht zu der traurigen Sorte.«
»Das braucht sie wohl auch
nicht, meine ich.«
»Richtig. Ich habe schon
gemerkt, daß sie dich im Fluge gewonnen hat. Nimm dich vor meiner Eifersucht in
acht! Sie gehört zu meinen Urinstinkten! — Es ist doch so: Sally war von Anfang
an vergeben. Bill bezeugte ihr nur einfach seine Freundschaft.«
»Das arme Ding konnte sie auch
brauchen. Clive ist ein schwieriger Zeitgenosse.«
»Er ist auch in einer
schwierigen Situation, findest du nicht? Meiner Meinung nach ist Sally doch ein
bißchen zu naiv. Es scheint ihr nicht klar gewesen zu sein, daß Bill nur
hilfsbereit und ritterlich war. Sie dachte wohl, das ist mal was anderes als
der arme alte Clive.«
»Weshalb bist du eigentlich so fuchtig ? Niemand hat Bill getadelt. Jetzt hör auf, über die
anderen zu reden! Wir wollen lieber von unseren eigenen Problemen sprechen.«
»Einen Moment noch! Die Sache
beschäftigt mich einfach. Das Mädchen gefällt mir; sie hat recht, den Kampf um
den Mann aufzunehmen.«
»Kampf? Ich finde sie
unglaublich kühl und uninteressiert.«
»Liebster, du bist einfach
herrlich in deiner kindlichen Unschuld! Merkst du nicht, daß Elaine mit einer
ganz bestimmten Absicht hierhergekommen ist?«
»Aber sie behauptet doch...«
»Natürlich behauptet sie... du
mußt wissen, John, wenn eine Frau eine Erklärung mit den Worten beginnt: >Um
die Wahrheit zu sagen...<, dann will sie nicht die Wahrheit sagen,
ganz im Gegenteil! Deshalb ist sie noch keine Lügnerin. Ich halte Elaine für
durchaus ehrlich, sogar sich selbst gegenüber. Aber du kannst doch nicht
erwarten, daß sie sagt: Ich sah jenes Foto in der Zeitung, und deshalb habe ich
die weite Fahrt nach Totara unternommen... Ach, es
ist doch nicht zu fassen, wie leichtgläubig ihr Männer seid!«
»Das ist gut so, sonst käme
keine von euch Frauen unter die Haube!«
Auch Elaine blickte von ihrem
Fenster in Mrs. Neals Pension auf den Fluß hinaus. In
schweigender Übereinstimmung hatten sie sich zeitig zurückgezogen. Aber Elaine
hatte noch keine Lust zu schlafen.
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