Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
anschauen. Knoll sieht mir durch den Rückspiegel direkt in die Augen.
«Waschtl, Bayern is des deutsche Zuwandraland Nummer oans – a Million Preißn seit Anfang da Siebzger! Heuer hätt ma weniga Leit, wenns ihr ned gwesn wärts.» Er seufzt. «I sogs ned gern, aber im schlimmsten Fall seids ihr Zuazogna die nächste Generation. Da missen mia eich an Weg weisn, damit unser Tradition erhoitn bleibt. Und dazua gheart aaa Kampf mit am Tiroler.»
Ein paar Minuten später fügt er hinzu:
«Ned jeda is ois Bayer geborn, Waschtl. Wos zählt, is, ob du das Herz von am Bayern hosd.»
LEKTIONEN IM LEIMSTÜBERL IV: A SAGGLZEMENT TUAD KOAM WEH
B airisch funktioniert wie eine dieser Geheimsprachen, bei denen Kinder «eifeiflefei» oder «ofoflefof» in die Wörter einflechten. Man muss nur die Tricks kennen:
Harte Konsonanten werden weich gesprochen. Aus «p» wird «b», aus «t» wird «d», aus «k» wird «g». Aus «en» am Ende eines Wortes wird «a», wie bei: «Mogst wos dringa?»
«Und wennst da ned sicha bist, betonst hoid einfacha jede Silben», schlägt Knoll vor.
Irgendwann beginne ich, die Mimik der Bayern zu imitieren. Und tatsächlich: Es hilft, den Unterkiefer vorzuschieben, die Mundwinkel nach unten zu ziehen und tief aus der Kehle zu artikulieren, eher mit zu viel Nachdruck als mit zu wenig.
Es wird Zeit für meine letzte Lektion – das Fluchen. Knoll erklärt mir den Unterschied zum Granteln: «Des Granteln is a Lebenseinstellung. Des Fluchen is a Unsitte, die ko ma lerna.» Und wenn man schon fluchen müsse, solle man dies aus vollem Herzen tun. Dabei dürfe man, und dies sei die einzige Regel, niemals den Namen des Herrn missbrauchen. «Aba wennst di a bissal afregst, deafst’n scho oruafa», erklärt Knoll. «Herrgottsakra!» sei erlaubt, «Kruzifix!» auch.
Die nächste Stufe ist das exzessive Anrufen von Alltagsgegenständen: «Beim Fluacha kimmts mehr auf die Show an ois auf die Bedeitung. Da muasst scho amoi laut wern: SAGGLZEMENT!», ruft Knoll plötzlich. Ich zucke unwillkürlich zusammen.
«A Sagglzement tuad koam weh», erklärt er. Wenn es aber hart auf hart komme, müsse man persönlich werden. «Du bist auf der Brennsuppn dahergschwumma», findet Knoll sehr beleidigend. Ich verstehe nicht, warum. Knoll druckst herum. «De Brennsuppn is hoit wos Dreckertes.»
«Oh!»
«Ja.»
«Wenn ich das verstehen würde, wäre ich tatsächlich beleidigt», gebe ich zu.
Als Nächstes kommen wir zum Unausweichlichen, zur Androhung körperlicher Gewalt: «Die letzte Stufn is, bevors schnaggld. Des muaßt fei scho ankündigen.»
«Wie denn?»
Knolls Miene verfinstert sich. Er stemmt sich vom Tisch hoch, droht mit dem Zeigefinger und schimpft: «Pass bloß auf, glei foit da Watschenbaum um.»
«Der Watschenbaum?» Ich glaub, ich steh im Wald. «Knoll, jetzt mal ehrlich: Das macht doch niemandem Angst.»
«Des san boarische Beleidigungen. Die san wichtig, wennst Probleme mit am g’standn’n Mannsbuid host.» Knoll setzt sich wieder hin und überlegt. Erneut springt er auf und ruft: «Du weast dia glei a Fozzn eifanga!»
Vor Schreck klappt meine Kinnlade herunter. Knoll hebt die flache Hand. «Heh? Mogst a Fozzn?» Er schaut mich prüfend an.
«Nun ja …»
«Woaßt übahaupt, was a Fozzn is?»
«Äh, klar», antworte ich. Das ist mir wirklich ein bisschen zu heftig.
Knoll sieht mich misstrauisch an. «A Fozzn is a Watschn, a Ohrfeign.»
«Oh.»
Er setzt sich wieder und schüttelt mutlos den Kopf.
«Weißt du, Knoll», erkläre ich, «in Berlin bin ich Konflikten eher aus dem Weg gegangen.»
«Naa, a Moa muass si stellen. Sonst kimmt eam des Problem nachglaufn.»
Zur Feier meiner letzten Lektion gönnen wir uns ausnahmsweise mehr als die üblichen zwei Biere. Beim vierten vertraut Knoll mir an, dass er sich doch so einige Male gewünscht habe, hochdeutsch sprechen zu können. Vor einem Jahr etwa habe er sich bei Karstadt in München eine Waschmaschine gekauft. Man gab ihm eine Telefonnummer, unter der er den Liefertermin erfragen sollte. Knoll rief an und sah sich mit einem Sprachcomputer konfrontiert.
Auf die Frage nach seinem Namen antwortete er selbstverständlich «Knollhubert». Ein solcher Name, antwortete die Computerstimme kühl, sei nicht im System gespeichert. Er solle doch bitte seine Telefonnummer angeben. Also diktierte Knoll «Nui-achde-neine-fümwe-oans-oans-neine-fümwe-zwo-zwo». Auch eine solche Telefonnummer war nicht im System.
Nachdem Knoll etwas Zeit damit
Weitere Kostenlose Bücher