Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
Einmal gelingt es ihm, der Dicke steht senkrecht auf dem Kopf, kippt auf den Rücken, doch seine Schultern berühren nicht den Boden. Sein Hintern ist einfach zu rund, als dass er flachgelegt werden könnte. Knoll tippt mich an: «Jeda zwoate Bayer is angeblich zu dick. Da sieghst, wozu’s guad is.»
Wieder springt der Hogmoa den Dicken wild entschlossen an, rutscht an ihm runter und versucht, ihn über die Schulter zu heben. Er drückt und stemmt aus den Knien. Plötzlich reißt seine Hose und gibt den Blick frei auf einen durchgeschwitzten grauen Herrenslip. Roni klatscht in die Hände und pfeift. Der Tiroler verliert die Körperspannung. Der Dicke nutzt die Gelegenheit und rollt sich auf den Rücken seines Gegners. Jemand ruft: «Hias, du bist ja bsuffa, des is da Hogmoa, ned dei Oide.»
Der Dicke streichelt dem Tiroler über den Kopf und lacht. Urplötzlich wälzt sich der Hogmoa zur Seite und auf den Oberkörper des Dicken. Dann stemmt er dessen Schultern mit aller Gewalt ins Gras. Der Schiedsrichter pfeift ab, die Kämpfer geben sich die Hand und kehren zu ihren Mannschaften zurück.
Roni hat sich gerade einen Rankelburger gekauft: eine dicke Wurst im Brötchen. Als sie an einem Ende hineinbeißt, sieht der Hogmoa herüber und flüstert mit dem Managertypen. Die beiden lachen anzüglich. Ich will aufspringen, aber Knoll drückt mich wieder runter. «Ruhig, Waschtl! ’s gibt a oids boarisches Sprichwort: ‹Tapfer san mia scho, aba bled san mia ned›.»
Ich atme tief durch. Roni hat nichts gemerkt, sie schaut zu Urs, der gerade auf der Kampffläche einen weiteren Gegner über die Schulter wirft.
Eine halbe Stunde später haben sich die meisten Bayern und Tiroler gegenseitig aus dem Weg geräumt. Im Kampf um den ersten Platz stehen sich nun Urs und der Hogmoa gegenüber. Der Tiroler hat sich anscheinend wieder gefangen und spielt mit Urs. Dessen Kopf glüht lila. Die beiden wälzen, zerren und wuchten sich immer näher an uns heran. Ich habe Angst, dass Roni einen Fuß ins Gesicht bekommt. Die Kämpfer sind nun so nah bei uns, ich kann sie flüstern hören:
«Hosch a Problem mit deine Augn?», fragt der Tiroler. «Du zwinkersch so.»
«Naa», keucht Urs, «des is bloß, weil du so a schiacha Vogel bist.»
Der Hogmoa schaut hoch und grinst Roni frech ins Gesicht. Dann hakt er seine Beine an Urs’ Schultern, macht eine Rolle, die Urs auf den Rücken schmettert, und gewinnt. Urs bleibt erschöpft liegen. Der Hogmoa erhebt sich und kommt auf Roni zu. Kurz vor ihr bleibt er stehen. «Bisch du do Hauptgewinn, Siasse?», fragt er.
Jetzt reicht’s! Ich springe auf.
«Wos willsch du denn?», fragt er und schaut mich herablassend an. Gerade will ich ihn in die Eier treten, da drängt sich der weißhaarige Manager zwischen uns.
«Loss des liabo», beruhigt er seinen Schützling. «Der Typ isch koan Gegno fuer di, und di Olte ischs net wert.»
Mir platzt der Kragen. Natürlich ist sie es wert! «Halt die Fresse, du verschimmelter Alm-Öhi», höre ich mich sagen. Na gut, vielleicht brülle ich ein bisschen. Der Öhi hat es jedenfalls gehört. Er dreht sich um und kommt mir so nah, dass ich seinen Pfefferminzatem riechen kann. Er starrt mich finster an, sagt aber nichts.
«Gibt’s ein Problem?», frage ich. Ich spüre Knolls Hand auf meiner Schulter und schüttele sie ab. «Eigentlich kämpfe ich ja nicht gegen Leute aus dem Altersheim – aber für dich mache ich eine Ausnahme.»
Der Typ grinst nur. «Los donn, eini in Ring.»
Ein Tiroler läuft zum Jurywagen und regelt alles mit den Veranstaltern. Um mich herum haben sich ein paar Schaulustige versammelt. «Recht so», murmelt einer, «So wills da Brauch» ein anderer. Knoll und Urs tauchen neben mir auf. «I hob a zwoate Pfoad, die ko i da leihn», sagt Urs. Roni schaut besorgt. Aber ein bisschen scheint sie mein Wagemut doch zu beeindrucken. Dass ich Berliner Schluffi ihre Ehre im Ring verteidigen will, hat sie wohl nicht erwartet. Um ehrlich zu sein: ich auch nicht.
Ich ziehe die Pfoad an. Der Stoff ist so schwer wie der meines alten Karateanzugs. Da mir keiner seine Hose leiht, lasse ich einfach die Jeans an. Knoll geht zur Jury und flüstert dem Ansager etwas ins Ohr. Der nickt und ergreift das Mikro: «Und zum Ende der Veranstaltung hamma an unverhofftn Hehepunkt: Zum ersten Moi seit zehn Jahr hod si oana traut, den Tiroler Hogmoasta rauszumfordern. Ihr wissts, da Gnadenbringeranton hod damois unsan Büagamoasta gschmissn. Jetzt kimmt die Rache
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