Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
übrigens aa von am Bayern erfunden worn, aus Buttenheim im Fränkischen. 1847 is da Strausslevi nach Amerika ganga und hod mit seine Briada die Firma Levi Strauss & Co gegründet. Leider san die Schnitte von dene ihre Hosn a bisserl weit.»
Ich muss an mein Spiegelbild bei «Schusters Leistl» denken. «Haben Sie vielleicht eine Lederhose, die ein bisschen Tracht mit ein bisschen mehr Eleganz kombiniert? Dieses Derbe passt nicht so zu mir. Es sollte eine Hose sein, die ich zu einem taillierten Hemd oder zu Lederschuhen tragen kann: schlicht und modern.»
James und der Bär schauen sich an und grinsen.
«Ja, ich weiß», sage ich, «ich bin ein Saupreuße, aber ich brauche nun mal eine verdammte Lederhose, Kruzifix!» Ups.
«Is scho recht. I hob scho des Richtige für di», beruhigt mich der Brummbär und bedeutet mir, ihm zu folgen. Neben der Ladentheke führt eine Treppe in den Keller. «Jetza erschrickst aba ned glei wieder», warnt James.
Der Bär geht voran ins Dunkel und knipst einen Lichtschalter an: Hier hängen keine alten Trachtenhosen. Für diese Sachen kommen Begriffe wie «alt» oder «Tracht» nicht in Frage. Manches kann man nicht mal mehr «Hose» nennen. Ich sehe eine Marilyn-Manson-Schaufensterpuppe in einer glänzenden Schlangenlederhose, auf dem Latz zwischen den Trägern prangt statt einem Edelweiß ein erhobener Mittelfinger. Die Statue eines muskulösen Männerkörpers trägt einen schwarzen Wildlederhosenmini, aus dem die Pobacken hervorblitzen. Von wegen «kein Fetischladen»!
Ich entdecke ein Lederhose, die in einen Rock übergeht, und eine derbe Krachlederne mit einem Hosenlatz aus durchsichtiger Plastikfolie. «Mir exportiern fui nach Japan», rechtfertigt sich Brummbär.
Das nächste Zimmer ist offenbar der italienische Showroom. Die Lederhosen sind lässiger, eleganter geschnitten und aus fleckenlosem Leder gefertigt. Sie haben keine Hosenträger, dafür aufwendige Nähte, deren Farben in feinem Kontrast zum Material stehen. Statt Edelweiß zieren die Leisten bloß einige wenige Schnörkeleien, die Hosenbeine sind seitlich eingeschlitzt und mit einem Labelnamen oder den Initialen der Designer versehen.
«Die hod a Mailänder Modeklassn ois Projekt gmacht», erklärt der Bär. «I hob dene die ganze Ladung abkaaft.»
Das ist genau, was ich suche. Ich entscheide mich für eine blauschwarze Wildlederhose, die eine Handbreit unterm Knie endet. Sie wiegt bestimmt zwei Kilo und fühlt sich noch weicher an als das Modell im Trachtenladen. «Wuidschweinleder», klärt mich der Bär auf. Ich schlüpfe hinein.
Kein Problem an den Waden. Die Hose sitzt noch besser als die Achtundvierziger aus dem Trachtenladen: am Hintern knalleng, aber vorne herum angenehm weit. Der Hosenlatz lässt sich fast bis nach hinten aufknöpfen. Abgefahren! Voller Freude klatsche ich mit beiden Händen auf den Po, dass es nur so knallt.
Als ich aus der Kabine komme, lachen die beiden zuerst, kriegen sich aber schnell wieder ein.
«Mir gfoits ned so», sagt James.
«Mia aa ned», brummt der Bär.
«I tat a Krachlederne nehma.»
«I aa.»
James schaut mich an. «Waschtl, wennst zu am traditionellen Fest gehst, soitst a traditionelle Hosn trogn.»
«Also, ein für alle Mal: Ich bin nicht der Waschtl, ich bin kein Bayer, und ich trage diese Hose nicht zum Vergnügen, sondern um eine Frau zurückzubekommen. Und ich möchte nicht, dass sie mich auslacht, weil ich so eine Sepplhose anhabe.»
«Wennst die trogst, lachan olle», brummt der Bär.
«Das ist mir egal. Mir gefällt die Hose. Ich möchte sie bitte kaufen.»
Der Bär zieht die Augenbrauen hoch. «Die is fei teuer.»
«Wie viel?»
«Neinhundertfuchzg Eiro. Oba weil du a Spezl vom Dschaims bist, kriegst die fia ochthundert.»
Ich schlucke. Achthundert Euro! Für eine Lederhose!!! Ich schaue zu James. Der sieht mich erwartungsvoll an. Aber ich kann doch nicht achthundert Euro … Doch, ich kann. Hier geht es um mehr als Geld.
«Abgemacht», sage ich, und wir beschließen unseren Handel mit Handschlag. Der Brummbär besiegelt ihn zusätzlich noch mit einem Klaps auf meinen Lederhintern.
OHNE FLEISS KOA PREISS
W ir schreiben den 11. März: Knolls Hochzeitstag. Tag der Entscheidung. Vor meiner neuen Wohnung fallen die ersten Sonnenstrahlen auf die ersten Krokusse des Jahres. Auch im Daglfinger Park müsste demnächst der Flieder wieder blühen.
Ein Jahr lang lebe ich nun schon in München, und ich werde mindestens noch ein weiteres bleiben: Die
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