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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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die­ser Ex­pe­di­ti­on ge­hö­ren müs­sen. Steen Steen aber ist hier ganz ein­deu­tig über­flüs­sig. Ich brau­che es dir kaum zu sa­gen: Steen ist Ca­la­mo­ria­ner, ein wirk­lich mi­li­tan­ter noch da­zu – als ob es über­haupt an­de­re gä­be. Er/sie ist ei­ner der an­de­ren Lehr­lin­ge und kam letz­tes Jahr von ei­ner ca­la­mo­ria­ni­schen Uni­ver­si­tät: Die Ge­rüch­te un­ter­trei­ben noch; of­fen­bar wird dort von mor­gens bis abends lee­res Pa­pier mit Pro­mo­ti­ons­be­stä­ti­gun­gen be­druckt. Die­ses Ex­em­plar hat von nichts ei­ne blas­se Ah­nung. Ge­le­gent­lich of­fen­ba­ren Dis­kus­sio­nen, daß Steens Kennt­nis­se über die Theo­rie der Ar­chäo­lo­gie so um­fas­send sind wie mein Wis­sen über die Theo­rie der Neu­tri­nos, und ich weiß über­haupt nichts über Neu­tri­nos. Aber ich be­haup­te das auch nicht, wäh­rend Steen vor­gibt, pro­mo­vier­ter Stu­dent in Ar­chäo­lo­gie zu sein. Du weißt na­tür­lich, wie er/sie hier­her ge­langt ist. Die Ca­la­mo­ria­ner ma­chen im­mer wie­der einen Hei­den­lärm um ih­ren Sta­tus und dro­hen al­len in ih­rer Sicht­wei­te einen Krieg an, wenn ih­re in­tel­lek­tu­el­len Fä­hig­kei­ten nicht all­ge­mein an­er­kannt und hoch­ge­schätzt wer­den. Des­halb müs­sen wir uns al­so mit Steen her­um­pla­gen, um sein/ihr Volk zu be­ru­hi­gen.
    Zu­min­dest sieht Steen gut aus: an­mu­tig und zier­lich, mit glän­zen­der, sma­ragd­grü­ner Haut und lan­gen, ge­wun­de­nen Ten­ta­keln. Je­de Be­we­gung äh­nelt der ei­nes Bal­let­tän­zers. Nie­mand mag Steen mehr als Steen selbst, aber das ist ver­mut­lich ver­ständ­lich, wenn man be­denkt, daß die Ca­la­mo­ria­ner bei­de Ge­schlech­ter im glei­chen Kör­per ver­ei­nen und den Ver­stand ver­lö­ren, wenn sie sich nicht selbst lieb­ten. Aber Steen ist dumm, und Steen ist hier nur Bal­last, und des­halb är­ge­re ich mich über sei­ne/ih­re An­we­sen­heit.
    Der drit­te Lehr­ling ist auch kei­ne Leuch­te. Es ist ei­ne Blon­di­ne na­mens Jan Mor­ten­son, mit ei­nem B.S. ei­nem Ba­che­lor of Science, der Stock­hol­mer Uni­ver­si­tät. Sie hat ei­ne rei­zen­de Fi­gur und ei­ne Men­ge großer, wei­ßer Zäh­ne. Sie scheint recht nett zu sein, aber nicht son­der­lich ge­scheit. Ihr Va­ter ist ir­gend­ein ho­hes Tier in Zen­tral­ga­la­xis, und das ist wahr­schein­lich auch der Grund, warum sie die­ser Ex­pe­di­ti­on zu­ge­teilt wur­de: Die­se Di­plo­ma­ten las­sen im­mer ih­re Be­zie­hun­gen spie­len, um sol­che Schie­bun­gen zu be­werk­stel­li­gen. Bis­her hat­te ich aber nicht viel mit ihr zu tun: Sie hat ein Au­ge auf un­se­ren Chro­no­lo­gen ge­wor­fen, Saul Shah­moon.
    Saul hat kein Au­ge auf sie ge­wor­fen, aber das ist ihr Pro­blem. Ich glau­be nicht, daß Frau­en ihn son­der­lich in­ter­es­sie­ren. Er ist um die Vier­zig, stammt aus Bei­rut und hat wäh­rend der letz­ten fünf oder sechs Jah­re für Fent­nor U. auf der Ve­nus ge­ar­bei­tet. Klein, dun­kel, kno­chig, al­lein­ste­hend und die Re­pu­ta­ti­on für gu­te, aber be­geis­te­rungs­lo­se Ar­beit. Sei­ne größ­te Lei­den­schaft ist das Brief­mar­ken­sam­meln. Er hat sei­ne Samm­lung mit­ge­bracht, und sie be­an­sprucht den größ­ten Teil des Plat­zes in sei­ner Ka­bi­ne, Al­bum auf Al­bum, bis hin zum neun­zehn­ten Jahr­hun­dert. Er hat uns al­le mit­ge­nom­men und sie uns ge­zeigt. Er­in­nerst du dich dar­an, als wir Brief­mar­ken ge­sam­melt ha­ben? Saul hat all die Ex­em­pla­re, von de­nen wir nur träu­men konn­ten: die Fünf-Kre­dit­ein­hei­ten-Mar­sport mit dem ul­tra­vio­let­ten Über­druck, den ge­zahn­ten und un­ge­zahn­ten Lu­na-Ci­ty-Sou­ve­nirblock, den Hen­ry XII.-Krö­nungs­satz – al­les. Und all die ga­lak­ti­schen Mar­ken, Ex­em­pla­re von fünf­zig oder hun­dert ver­schie­de­nen Pla­ne­ten. Die Hälf­te der Zeit ist Jan bei ihm und lauscht sei­nen Vor­trä­gen über das Post­we­sen auf Be­tei­geu­ze V oder wo auch im­mer. Oder sie hilft ihm da­bei, de­ne­bia­ni­sche Mar­ken mit Säu­re von ih­ren Brief­um­schlä­gen zu lö­sen, und Saul er­zählt und er­zählt und er­zählt und ver­steht nicht einen ein­zi­gen Wink.

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