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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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welches Gerdas Signatur trägt, hier auch nahtlos ein. Die Fingerabdrücke auf dem Bild haben keine Spur ergeben. Habe ich aber auch nicht erwartet. Es scheint so, als hätten sich die verschwundenen Kunststudenten an Bilderfälschungen beteiligt. Und nun ist etwas geschehen, was die alte Geschichte wieder aufgebrochen hat. Leider können wir nun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Gerda damals wirklich ermordet wurde.«
    Lorenz nickte betrübt. »Ich habe das immer schon gewusst. Auch Stephan hat nie daran geglaubt, dass sie noch leben könnte.«
    »Wo bleibt Papa überhaupt?«, fragte Rita. »Hat er nicht gesagt, er wolle auch kommen?«
    »Das hat er«, bestätigte Lorenz. »Ihn hab ich allerdings auch als Letzten angerufen. Weiß nicht, warum er so lange braucht. So weit weg von hier wohnt er nun wirklich nicht.«
    »Er ist bestimmt schon unterwegs«, meinte Paul. »Lass uns doch noch mal auf die letzte Nachricht schauen. Es scheint offenbar, dass der Mörder die Sache mit einer letzten Gewalttat beenden will. Bei den vorherigen Morden gab es immer einen – wenn auch vagen – Hinweis auf das Opfer. Meist viel zu spät oder erst mit der Tat, nun aber definitiv als Voraussage. Hier ist die Rede von einem letzten Heiligen, der zerschmettert werden wird. Sagt dies einem von euch irgendetwas? Ich bin in Heiligen nicht so firm.«
    »Bärbelchen, das ist dein Ding«, sagte Lorenz. »Du kennst doch alle diese Heiligendarstellungen. Wer wird zerschmettert? Sicherlich ist ein Märtyrer gemeint.«
    »Denke ich auch«, bestätigte Bärbel. »Allerdings ist das wirklich nicht mein Spezialgebiet. Das lässt sich sicherlich im Internet recherchieren.«
    »Schon dabei«, sagte Benny. »Hab ein neues Smartphone. Mit Festnetz-, Handy- und Internet-Flat.«
    »Was immer das auch bedeuten soll, frag das Ding mal, welcher Heilige zerschmettert wurde«, knurrte Lorenz.
    Benny grinste. »Ich suche nach – Momentchen – was soll ich angeben? Heiliger, Märtyrer, zerschmettert?«
    Niemand widersprach, und Benny tippte etwas herum. Lorenz stand auf und ging an seinen Rechner, um ebenfalls das Internet zu durchsuchen.
    Bald sagte Benny: »Ach du dickes Ei, ist ja widerlich. Hier gibt’s ne Menge Links, also dem heiligen Florian wurden die Schulterblätter zerschmettert, der heilige Stephanus wurde von Steinen zerschmettert, dem heiligen Adrianus wurden mit einer Eisenstange die Knochen zerschmettert, igitt sag ich nur, wer will das so genau wissen, einem gewissen Agapitus wurde die Kinnlade zerschmettert, gut, dass ich den nicht kenne.« Benny sah auf. »Ich glaub, ich hab genug vom Zerschmettern.«
    Bärbel meinte: »Ja, das ist schrecklich. Viele Heiligengeschichten münden in grausige Marterbeschreibungen.«
    Lorenz drehte sich vom Bildschirm seines Rechners weg und sagte mit tonloser Stimme zu Rita: »Mein Engel, rufe doch bitte deinen Vater an und frag ihn, wo er bleibt. Bitte schnell.«
    Rita fragte reflexartig: »Wieso? Was ist denn mit dir?«
    »Mach’s einfach«, sagte Lorenz, und Rita stellte keine weiteren Fragen, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. Sie nahm ihr Mobiltelefon. Alle warteten schweigend ab, was sie sagen würde. »Zurzeit nicht erreichbar. Ich versuch’s auf dem Festnetzanschluss.« Wieder wählte sie und wartete ab. »Nix. Da geht keiner ran«, vermeldete sie. »Was ist denn?«
    »Der heilige Stephanus, nicht wahr?«, fragte Bärbel. »Du befürchtest, Stephan ist das nächste Opfer?«
    Lorenz nickte langsam. »Stephanus wurde vor den Toren der Stadt gesteinigt. Sein Gebein wurde von Steinen zerschmettert. Und der Mörder sprach davon, dass das Herz des Vaters zu Fels erstarren würde. Ich bezog das auf mich und Gerda. Aber ich bin auch Stephans Vater. Und ich bin der Narr, der genarrt wird. Mein Gott.«
    »Nun mal langsam«, meinte Paul. »Das mag passen, aber sicher ist das nicht. Wo war Stephan, als du ihn gesprochen hast? Noch zu Hause? Wir müssen ihn erreichen oder herausbekommen, wie und wann er das Haus verlassen hat. Damit du beruhigt bist.«
    »Ich rufe Ella an, damit sie eine Streife zu Papa schickt«, sagte Rita und nahm wieder ihr Handy zur Hand. »Sicher ist sicher.«
    Lorenz ging zum Fenster und sah hinaus. Das letzte Licht des Tages war bereits aus dem engen Tal geschwunden. Schwarz stand der Burgfelsen vor einem Himmel, der in einem Rest von Abendrot glomm wie ein Holzfeuer, das zu lange nicht mehr geschürt wurde.
    »Stephan«, murmelte er. »Will er

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