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Nach alter Sitte

Nach alter Sitte

Titel: Nach alter Sitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Breuer
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schrie ihn an: »Willst du wirklich heute Nacht hier so sterben? Du nimmst aber niemanden mit in den Tod. Das hätte dir so passen können, was?«
    »Du wirst mir den Abgang nicht vermiesen«, zischte Gräbeldinger und schielte auf Paul, der Mühe hatte, das Gewicht des Mannes alleine in dieser ungünstigen Stellung zu halten.
    Und dann grinste Gräbeldinger hämisch. »Ihr moralischen Menschen seid doch so verwundbar.«
    Er reichte Alexander eine Hand, die dieser ergriff und Gräbeldinger ein Stück anhob, um Paul zu entlasten. Nun waren auch Benny und Rita heran und packten auf einen Wink von Lorenz hin den schweren Stein, der hinabzustürzen drohte. Alexander sah dies, dann erwiderte er Gräbeldingers Grinsen. »Weißt du, wenn ich es mir so recht überlege, bin ich eigentlich zu alt für falsche Moral. Du hast mein Leben zerstört, mich betrogen um das Geschäft und um mein Lebensglück.« Mit diesen Worten ließ er die Hand des Professors los. Der sackte mit einem Ruck ab, und Paul konnte das Seil nicht mehr festhalten. Gräbeldinger stürzte mit einem lang gezogenen Schrei in die Tiefe, der dann abrupt abbrach.
    »Schade«, meinte Alexander. »Das ging aber viel zu schnell.«
    »Musste das sein?«, keuchte Paul und erhob sich mühsam. »Wir hatten den Drecksack doch.«
    Lorenz sah Alexander an und brummte: »Der alte Ermittler war beinahe dankbar. Jemand anderes hatte sein Gewissen mit der Rache belastet, welche die seine hätte werden sollen.« Doch schon im nächsten Moment hatte er Gräbeldinger vergessen. Nun hatte er nur noch den einen Gedanken: Wie ging es seinem Sohn? Diese Frage hatte er sich viele Jahre nicht gestellt, und obwohl es eigentlich nicht der passende Augenblick schien, schämte er sich dafür.

31. Kapitel
    Der Sommer schien jetzt erst richtig beginnen zu wollen. Die Sonne brannte von einem wolkenlosen Himmel. Mittag war lange vorbei. Eigentlich war es schon Zeit, eine von Gustavs guten Kaffeesorten zu probieren.
    Bärbel sagte: »So, wir lassen euch beide jetzt mal allein.«
    Lorenz fasste ihre Hand und antwortete: »Nein, bitte, bleibt doch. Es ist mir wichtig.«
    Gustav und Bärbel nickten und blieben dann still vor dem Grab stehen. Gerdas Name stand in kupfernen Lettern neben dem Marias auf dem Schieferstein. Lorenz konnte sich nicht erinnern, warum sie nicht damals schon ein Grab für Gerda eingerichtet hatten. Sie hatten es bei der Trauerfeier bewenden lassen. Stephan rückte den Blumenstrauß in der Vase zurecht und entzündete die frische Kerze. Als er damit fertig war, drehte er sich zu Lorenz um und sah ihn an. »Und? Sind wir fertig hier?«
    Lorenz erwiderte den Blick seines Sohnes, sah ihm tief in die Augen. »Nein, nicht ganz, mein Junge«, antwortete er, und bevor er es sich noch einmal anders überlegen konnte, zog er Stephan an sich. Eine Zeit lang standen die beiden wortlos da in stiller Umarmung, ein Moment voller Erleichterung und Schmerz. Als die beiden sich voneinander lösten, sagte Lorenz leise: »Es ist gut.«
    Stephan nickte stumm und lächelte. Dann wandten sie sich Bärbel und Gustav zu, die mit Rita und Paul einige Schritte abseits gewartet hatten. Rita küsste Vater und Großvater. »Alles in Ordnung bei euch?«
    Lorenz grinste und antwortete: »Bei uns schon – endlich. Wenn du jedoch Kommissar Wollbrand fragst, für den sind noch ein paar Punkte offen geblieben.«
    Paul sagte: »Ich kann euch noch ein paar Ergebnisse unserer Ermittlungen berichten, wenn ihr mögt. In Gräbeldingers Hotelzimmer fanden wir einen regelrechten Schrein, der mit lauter Zeitungsausschnitten über seine Morde, aber vor allem auch über Opa Bertold angefüllt war. Das lässt auf eine neurotische Fixierung schließen. Und die Obduktion Gräbeldingers zeigte einen riesigen Tumor in seinem Schädel, an dem er sicherlich bald gestorben wäre. Die Rechtsmedizin meint, dieser Tumor muss massive Ausfallerscheinungen verursacht haben. Und vermutlich wuchs dieses Ding über viele Jahre eher langsam heran. Nicht auszuschließen, dass er seine erste Mordserie bereits unter dem Einfluss der Krankheit verübte. Vielleicht war er aber auch einfach nur böse.«
    Lorenz meinte: »Das werden wir wohl nie erfahren. Wir sollten nun die Toten ruhen lassen und uns den Lebenden zuwenden. Wie sieht es mit unserem Gustav aus? Warum ist Alexander nicht dabei?«
    Gustav verzog das Gesicht zu einer etwas unglücklichen Miene. »Wir haben beschlossen, das Ganze erst einmal mit ein bisschen mehr Distanz zu

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