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Nach dem Amok

Titel: Nach dem Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriam Keil
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behalten haben solltest, da meinte sie, du hättest bei dem Telefonat zugegeben, David anfangs nicht für voll genommen zu haben. Und als du verstanden hattest, dass er es tatsächlich tun würde, da hättest du ihm ins Gewissen geredet und er hätte dir versprochen, es nicht zu tun. Und du hättest ihm das abgenommen und niemanden gewarnt. Und deshalb sei es genauso deine Schuld wie seine.«
    Â»Hat sie Jannik diesen Blödsinn auch gesteckt? Er hat mir nichts davon erzählt.«
    Â»Er hat es gehört, ja. Wahrscheinlich wollte er dich nicht aufregen und hat es dir deshalb verschwiegen. Ich wusste zuerst auch nicht, ob ich es dir sagen soll. Aber ich glaube, es ist wichtig. Du kannst dir ja denken, warum Sandra das macht.«
    Ich drehe mich um und sehe zu den anderen hinüber. Sandra beobachtet mich. Ihr Blick hat etwas Überhebliches, das hat er immer, finde ich, aber heute mehr denn je. Sie lächelt hämisch zu mir herüber, dann wendet sie sich wieder den anderen zu.
    Â»Weil sie Jannik will.«
    Â»Weil sie ihn dir ausspannen will«, sagt Romy und nickt.
    Ein Gefühl von Ohnmacht überkommt mich, und einen Moment lang denke ich, dass ich mich gleich wieder übergeben muss. Doch es geht vorbei. Anders als die Gefahr, die von Sandra ausgeht; die ist allgegenwärtig. Und ich habe keinerlei Möglichkeit zu intervenieren, wenn Sandra ihre Lügenmärchen verbreitet, weil sie und die anderen aus der Clique allesamt in Janniks Klasse sind, in meiner Parallelklasse. Ich kann weder verhindern, dass sie Jannik in jeder Schulstunde anschmachtet, noch dass sie ihm immer wieder einreden wird, ich hätte von Davids Plan gewusst.
    Â»Kannst du Sandra im Auge behalten?«, bitte ich Romy.
    Â»Klar doch.«
    Von meiner eigenen Klasse ist inzwischen niemand mehr auf dem Flur zu sehen, und ich glaube, dass auch der Lehrer schon im Saal ist. Jannik löst sich von der Gruppe und kommt zu Romy und mir herüber.
    Â»Ich schätze, du musst da jetzt rein, Süße«, sagt er und küsst mich kurz auf den Mund.
    Ich kuschle mich in seine Arme und hoffe, dass Sandra gerade zu uns rübersieht. Ich werde Jannik auf das, was Sandra behauptet hat, ansprechen müssen. Ich werde ihn fragen müssen, warum er mir nichts davon erzählt hat und ich es erst von Romy erfahren musste. Auf jeden Fall werde ich das tun müssen. Aber nicht jetzt und nicht hier. Ich werde dafür einen ruhigen Moment abwarten.
    Â»Okay, ich gehe gleich rein«, murmele ich an seiner Schulter und lasse ihn dann nur widerwillig los.
    Janniks Lehrer kommt pfeifend den Flur entlang. Jannik steuert seinen Saal an und winkt mir noch einmal zu, ehe er darin verschwindet. Romy macht fast genau das Gleiche, nur dass sie nicht winkt, sondern den Daumen hebt. Ich bin halbwegs beruhigt, dass jemand an meiner Stelle Sandras Machenschaften überwachen wird, doch als ich sehe, dass bis auf Sandra bereits alle aus der Parallelklasse, einschließlich des Lehrers, im Schulsaal verschwunden sind, sprinte ich zu ihr hin und halte sie am Arm fest.
    Â»Glaub bloß nicht, dass du damit durchkommst«, sage ich, als sie gerade nach der Klinke der zufallenden Tür greifen will.
    Die Tür fällt krachend ins Schloss. Der Türschließer ist so eingestellt, dass sie immer ziemlich heftig zuknallt.
    Â»Wetten?«, entgegnet Sandra spöttisch.
    Â»Leg dich nicht mit mir an, sonst passiert was!«
    Sie grinst nur. Meine Drohung scheint sie nicht im Geringsten zu beeindrucken.
    Â»Jetzt habe ich aber Angst«, sagt sie. »Die sollte ich auch haben, nicht wahr? Immerhin liegt das Morden bei euch ja in der Familie.«
    Dann windet sie sich aus meinem Griff heraus, öffnet die Tür zu ihrem Saal und verschwindet. Die Tür fällt erneut mit einem lauten Knall ins Schloss.
    Ich stehe noch eine ganze Weile auf dem leeren Flur herum. Meine Gedanken lassen sich einfach nicht ordnen. Ich denke an Jannik und an Romy. Ich kann mich auf beide verlassen, sie werden sich nicht auf Sandras Seite schlagen, bestimmt nicht. Die Leute, auf die es ankommt, halten zu mir. Trotzdem fühle ich, dass da etwas ist, das nicht mehr ohne Weiteres aus der Welt zu räumen sein wird.
    Plötzlich öffnet sich die andere Tür, hinter der meine eigene Klasse sitzt. Ein graublaues Augenpaar unter einer dauergerunzelten Stirn taxiert mich. Diese Stirn liegt tatsächlich in jeder Situation in Falten, nicht nur

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