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Nach dem Bankett.

Nach dem Bankett.

Titel: Nach dem Bankett. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yukio Mishima
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Zeit zwischen Pessimismus und instinktivem Glücksvertrauen geschwankt, aber nun übermannten ihn Bitterkeit und Trostlosigkeit.
      An die Rückschläge, die die radikale Partei in diesem Lande erfuhr, hatte Yamazaki sich im Laufe seiner Karriere gewöhnt. Er hatte stets auf die Partei gesetzt, die ihm zwar immer Enttäuschungen brachte, aber eben doch die Ideen seiner Jugend vertrat. Als ausgesprochen fähiger und kämpferischer Politiker, der durch nichts unterzukriegen war, hatte er eine fast masochistische Leidenschaft in sich entdeckt. Gesetzwidrigkeiten beim Wahlkampf und der Sieg des Geldes waren für ihn keine Überraschung, sondern so natürlich wie der Anblick der Steine oder der Pferdeäpfel auf einer Straße.
       Um die Wahrheit zu sagen: Yamazakis Herz war so erkaltet, daß er Hitze und Glut des Wahlkampfes brauchte, jene Glut, die alles – vom kostbarsten Holz bis zum schmutzigsten Papierfetzen – verbrannte. Er liebte heftige Gemütsbewegungen – Freude, Zorn, Lust und Trauer –, die überall dort hervorgerufen werden, wo Menschen eigensüchtige Interessen verfolgen. Und von solchen Menschen wimmelte es in der Politik nur so. Er liebte die unberechenbaren Kräfte, die die Menschen zu Gefühlsausbrüchen treiben. Er liebte die eigentümlich hitzige Atmosphäre, die man nur in der Politik fndet, was immer sie auch verbergen mochte.
      Er füllte die Leere in seinem Innern mit der Erregung der Massen, die das gleiche Los teilten, und ergötzte sich daran, daß er seine Gefühle in den Gefühlen der anderen wiederfand.
      Um es ganz ofen zu sagen: es lag etwas Unnatürliches in Yamazakis Reaktion auf die Niederlage. Ebenso, wie er die Desillusionierung genoß, liebte er auch das Pathos eines verlorenen Kampfes und seine niedergedrückte Stimmung.

    Am Abend, als Yamazaki mit einer Taxe zu Noguchis Haus nach Shiinamach fuhr, dachte er über die Rolle nach, die er jetzt spielen mußte. Er konnte dem Ehepaar Noguchi nur noch ein mitfühlender Freund sein – darüber hinaus konnte er nichts mehr tun.
      Als er durch das Tor trat, empfand er die Unruhe eines Haushaltes, der gerade von einem Unglück betrofen worden ist, in allen Fasern seines Körpers. Vo dem Tor standen Reihen von Wagen der Zeitungsreporter, und viele Menschen gingen ein und aus. Aber die Stimmung der Menschen war gedrückt, und ihre Mienen erinnerten an die von Kondolenzbesuchern. Wenn sie das Haus verlassen hatten und etwa hundert Meter entfernt waren, würden sie alle bestimmt die unsichtbare Last von ihren Schultern schütteln und in ein befreiendes Lachen ausbrechen, als seien sie endlich wieder zum Leben erwacht.
       Das Haus war mit Menschen überfüllt. Sie standen sogar in den Gängen Yamazaki warf einen Blick in den Salon und nickte Noguchi zu, der von Reportern umringt auf einem Stuhl im hinteren Teil des Zimmers saß. Vom Korridor her drang unterdrücktes Schluchzen zu ihm, das nach jedem seine Schritte lauter wurde. Er sah, wie Kazu und die weiblichen Abgeordneten verschiedener Frauenverbände, die bei der Wahl mitgeholfen hatten, einande weinend umarmten.
      Wenn jemand Kazu sprechen wollte, wischte sie eilig die Tränen ab und ging in den Salon. Sobald sie aber wieder herauskam, brach sie erneut in Weinen aus Sie hatte nicht mehr genug Puder, um die Spuren ihrer Tränen zu verdecken Yamazaki legte seinen Arm um ihre Schulter und führte sie in Noguchis Arbeitszimmer. »Bleiben Sie jetzt ganz ruhig hier, gnädige Frau«, sagte er. Kazu brach auf dem Teppich zusammen. Sie stützte sich mit einer Hand und strich mit der anderen langsam über ihren Hals. Mit unbeweglichem Gesicht sah sie zu Yamazaki empor, während aus ihren weitgeöfneten Augen unaufhaltsam Tränen rannen, wie Wasser, das aus einer gesprungenen Blumenvase sickert.
       Nach zehn Uhr ging der letzte der Reporter, und es wurde still im Haus Yamazaki erkannte, daß es gerade diese Stille war, die er und auch die Noguchis
    am meisten gefürchtet hatten.
       Der Geruch der Räucherkerzen, die man gegen die Moskitos angezündet hatte, erinnerte an den Weihrauchduft bei einer Totenmesse. Nur der engste Kreis von Noguchis Mitarbeitern war zurückgeblieben. Schweigend nahm man einen leichten Imbiß ein. Einer nach dem anderen stahl sich unbemerkt davon. Als Yamazaki sich als letzter verabschieden wollte, versuchten sie, ihn zurückzuhalten, obgleich es bereits elf Uhr war.
       Er ging mit dem Ehepaar in Kazus achtmattengroßes Wohnzimmer. »Habt

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