Nach dem Bankett.
anfechten, wenn Noguchi verlor. Dies war vermutlich der Augenblick der größten Verbundenheit zwischen diesen beiden eigensinnigen Ehepartnern. Während Kazu, von Blitzlichtern der Zeitungs- und Wochenschau-Reporter begleitet, das Wahllokal in der Volksschule betrat und nach ihrem Gatten den Wahlzettel in den Kasten warf, fühlte sie sich vollkommen glücklich.
Die Zählung der Stimmen begann am nächsten Tag. Die Voraussagen des Wahlergebnisses in den Morgenausgaben der Zeitungen waren erstaunlich ausgewogen. Ein Teil der Presse sagte Tobitas Sieg voraus, ein anderer Noguchis und einige Zeitungen äußerten sich nur gewunden zu dieser Frage und meinten die Diferenz sei wahrscheinlich so knapp, daß man das Endergebnis – wie be einem Wettkampf – gewissermaßen nur mittels Zielfoto genau bestimmen könne. Kazu vibrierte seit dem frühen Morgen vor Aufregung. Sollte Noguch siegen, würde ihr Herz vor Freude bersten; doch im Falle einer Niederlage würde die Welt für sie zusammenstürzen. Die Zählung der Stimmzettel begann um ach Uhr vormittags. Um elf Uhr kam das erste Zwischenergebnis heraus. Das Ehepaa saß im Salon vor dem Fernsehapparat. Zuerst brachte man die Ergebnisse vom Santama-Bezirk, also aus der Vorstadt.
Kazu klopfte das Herz bis zum Hals, und sie murmelte immer wieder wie im Fieber. »Das ist ja Santama, Santama!« Sie dachte an das Volksfest, sah deutlich die Reihen der bunten Lampions und die schwarzen Berge ringsum, die plötzlich näher zu rücken schienen, als die Lampions angezündet wurden; sie hörte den begeisterten Applaus von den Abhängen der Berge widerhallen und sah die braungebrannten Gesichter der Bäuerinnen mit dem freundlichen Lächeln deren kleine, finke Augen vor Neugier blitzten. Kazus Fingernägel bohrten sich in die Lehne des Stuhles. Sie fühlte, daß heiße und kalte Schauer durch ihren Körper jagten. Schließlich konnte sie nicht länger an sich halten und sagte zu Noguchi: »Was für ein glückliches Omen, daß der Santama-Bezirk als erste kommt. Da haben wir bestimmt gewonnen.«
Noguchi antwortete nicht.
Auf dein Bildschirm erschien die Tafel mit den Ergebnissen, und die Stimme
des Sprechers sagte:
»Noguchi Yuken 257 802 Stimmen Tobita Gen 277 081 Stimmen.«
Aus Kazus Gesicht wich das Blut. Ihr verzweifelter Wille, nicht die Hofnung zu verlieren, legte sich wie ein Eisenring um ihr Herz.
Um zwei Uhr nachmittags war es sicher, daß Tobita Gen den Sieg errungen hatte. Sein Stimmenanteil betrug über 1,6 Millionen, und damit war er Noguch um 200 000 Stimmen überlegen. Auch in Osaka trug die konservative Parte den Sieg davon, und der Ansager kommentierte es mit den Worten: »Es ist de konservativen Partei gelungen, ihre Stellung in den beiden strategisch wichtigen Stadtteilen in Ost und West zu behaupten.«
Kazu wunderte sich über sich selber, daß sie trotz des enttäuschenden Resultats so ruhig blieb. Für sie war es nur der Sieg des Geldes und der politischen Ränke des Feindes. Kazu erinnerte sich noch deutlich, daß einige Tage vor der Wahl, als das Geld der Reformpartei versiegte, eine wahre Flut von Geldern in die Kassen der konservativen Partei geströmt war. Man hatte das Geld mit vollen Händen auf die Straße geworfen, um den Mob und die Allerärmsten einzufangen. Es hatte gefunkelt wie die Sonne – eine ruchlose, unheilvolle Sonne, die giftige Pfanzen wachsen und wuchern läßt, bis ihre Ranken sich über alle Teile der Stadt winden und sich ihre unheimlichen Fühler nach dem klaren Sommerhimmel ausstrecken.
Ohne eine Träne zu vergießen, nahm Kazu die Erklärung ihres Mannes entgegen, daß sie sich jetzt im Wahlhauptquartier der Reformpartei zeigen müßten.
An diesem Tag verfehlte Yamazaki das Ehepaar Noguchi überall. Als er zum Wahlhauptquartier kam, waren die beiden bereits wieder weggegangen.
Während er eifrig mit der Abwicklung der Geschäfte im Wahlhauptquartier beschäftigt war, wurde ihm erst das ganze Ausmaß des Geschehenen bewußt. Die Gewißheit der Niederlage überkam ihn wie eine Ohnmacht. Das Wahlergebnis war für ihn nicht ganz unerwartet ausgefallen, er hatte es – zumindest seit dem Tag vor der Wahl – bereits vorausgesehen. Aber er hatte immer noch mit einem unerwarteten Glücksfall gerechnet – eins zu zehntausend etwa –, da der unberechenbar hohe Anteil der unentschiedenen Wähler in Großstädten den Ausgang einer Wahl in überraschender Weise beeinfussen kann.
Er hatte die ganze
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