Nach dem Bankett.
hatte den Eindruck, als versuche der selbstgefällige alte Mann geschickt, eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft zu schlagen, indem er der Orchidee von damals in dieser frischen Blume Gegenwart verlieh, um Kazu im Netz dieser Anspielung einzufangen.
Ihr Mißtrauen war erwacht. Zunächst tat sie jedoch so, als habe sie nichts bemerkt. Beim Betreten des Schlafzimmers jedoch sagte sie beiläufg: »Wie heißt eigentlich diese Blume? Du sagtest mir ihren Namen schon einmal im Seijoken.«
Nach dem üblichen Hustenanfall vor dem Einschlafen drehte Noguchi sich brüsk um und wandte Kazu den Rücken zu. »Dendrobium«, antwortete er mürrisch.
Es kam der September.
Kazu rief Yamazaki an und verabredete sich mit ihm im Sembikiya auf der Ginza. Es war das erste Mal nach der Wahl, daß sie sich außerhalb des Hauses trafen.
Kazu, in einem leichten Kimono, der mit winzigen Tupfen gemustert war, bahnte sich nach langer Zeit wieder einmal ihren Weg durch das Gewühl auf der Ginza. Braungebrannte junge Leute, die gerade aus der Sommerfrische zurückgekommen waren, schlenderten in Gruppen durch die Straße. Sie erinnerte sich an ihre unerklärliche Erregung, als sie einmal vom fünften Stock aus dem Fenster eines Saales geblickt hatte und die Passanten auf der Ginza beobachtete. Jetzt waren die Menschen nur noch eine anonyme Masse für sie, die in keiner Beziehung zu ihr stand. Trotz der zahlreichen Wahlansprachen, die sie überall gehalten hatte, erkannte keiner der Vorbeigehenden Kazu. ›Diese Leute waren sicher in der Sommerfrische, während wir im Wahlkampf schwitzten‹,
dachte sie.
Sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß zwischen diesen Menschen und ihr ein Abgrund klafte und daß all ihre Mühe sinnlos gewesen war. Ziellos schienen sich diese aufallend gekleideten Männer und Frauen treiben zu lassen sie waren eine beziehungslos zusammengewürfelte Masse.
Schließlich erreichte sie das Geschäft, in dem sie sich mit Yamazaki verabrede hatte, und blieb bewundernd vor dem Schaufenster mit den schimmernden Blattpfanzen und den seltenen tropischen Früchten stehen. Da bemerkte sie eine Dame mittleren Alters in weißem Kostüm und weißem Hut, die zu ih hinüberblickte. Kazu betrachtete aufmerksam das Gesicht mit den dünnen gemalten Augenbrauen, das ihr bekannt vorkam. Es war Frau Tamaki.
Die Damen begrüßten sich und entschuldigten sich beide, daß sie so lange nichts von sich hatten hören lassen. Dann bemerkte Frau Tamaki: »Ich komme gar nicht darüber hinweg, daß ich Ihnen damals so viele Unannehmlichkeiten bereitet habe.« Für Kazu klangen diese Worte wie ein Zeichen tiefeingewurzelte Wut.
Die beiden Damen standen vor einer Kiste mit Sunkist Orangen, und Frau Tamaki nahm während des Plauderns eine Frucht nach der anderen aus der Kiste wickelte sie aus dem roten, englisch bedruckten Seidenpapier und prüfte die Schale, ehe sie sich entschied, die Früchte zu kaufen.
»Waren Sie im Sommer verreist?« fragte sie.
»Nein«, antwortete Kazu schrof.
»Ach bin gerade gestern aus Karuizawa zurückgekommen. In Tokio ist es ja noch entsetzlich heiß.«
»Ja, im Spätsommer ist es manchmal noch recht heiß.«
Erst jetzt verstand Frau Tamaki, weshalb Kazu so verschlossen war. »Ach ja am Tage der Wahl war ich selbstverständlich hier und habe natürlich Herrn Noguchi gewählt. Wirklich zu schade. Ich war so deprimiert, als beträfe es mich selber.«
»Sehr liebenswürdig von Ihnen«, bedankte Kazu sich für diese unverkennbare Lüge.
Endlich hatte Frau Tamaki drei Orangen ausgewählt. »Wie teuer alles in letzte Zeit geworden ist, sogar die Orangen! In Amerika würden solche Früchte wie diese hier als Abfall gelten.«
Um ihr zu imponieren, ließ Frau Tamaki die lächerlichen drei Orangen absichtlich vor Kazus Augen von der Verkäuferin einpacken. ›Wo nur Yamazak bleiben mag‹, dachte Kazu ungeduldig und blickte in den leeren Erfrischungsraum in dem sich nur die Ventilatoren auf den Tischen bewegten.
»Mein Mann mochte Orangen so gern. Manchmal stelle ich ihm welche vor den Hausaltar. Heute will ich es auch tun. Übrigens . . . mein Mann hat ja, ohne es zu wissen, die Rolle des Amors zwischen Ihnen und Herrn Noguchi gespielt.«
»Dann müßte ich ihm eigentlich auch ein paar Orangen darbringen.«
»So habe ich es nicht gemeint.«
Kazu war sich selber nicht ganz klar
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