Nach dem Sturm: Roman (German Edition)
die Knie und sagte: »Vielleicht sollten wir einen Versuch wagen und dann fahren. Der Wind und der Regen haben ein bisschen nachgelassen.«
»Ich weiß nicht, wo es langgeht. Ich weiß nicht mal mit Sicherheit, wie wir von hier aus wieder zu ihnen zurückkommen.«
Mariposa schaute ihn an. »Ich weiß. Ich hab ja keine Ahnung, wovon ich überhaupt rede. Aber es scheint eine Menge Geld zu sein, hab ich recht?«
Cohen nickte und schnalzte mit der Zunge. »Ja, genau. Richtig viel. Es würde ziemlich lange reichen.«
»Also?«
»Was ist, wenn wir losfahren und danach suchen, und es passiert uns was? Was ist mit den Jungs?«
»Ich weiß«, sagte sie.
»Es war ein richtig schlimmer Hurrikan. Genauso schlimm, wie sie es vorhergesagt haben. Ich hätte nie gedacht, dass es noch schlimmer kommen könnte, aber wir haben’s ja erlebt. Und die beiden Kerle, die Charlie zu ihrer Bewachung dagelassen hat, machten gar keinen guten Eindruck.«
»Ich weiß.«
»Wir sollten besser kein Risiko eingehen, oder?«
Sie wischte sich wieder übers Gesicht. »Ich weiß, du hast recht.«
Eine Weile saßen sie da und warteten, dass der andere etwas sagte, etwas, das sie das Geld vergessen ließ. Das sie vergessen ließ, wie weit sie mit dem Geld kommen konnten. Dass sie sich keine Sorgen mehr machen mussten, weil ihnen das Geld fehlte. Mariposa legte den Kopf zurück und wollte sagen, ich will einfach nur, dass das alles hier aufhört, ich will, dass mir jemand verspricht, dass wir nicht mehr in diesem Chaos aus Sturm und Dreck herumirren müssen. Sie hatte nur selten in ihrem Leben über Geld nachgedacht, aber jetzt stand es direkt vor ihr und schrie, nimm mich mit, du brauchst mich! Und übertönte die Stimmen von Evan und Brisco.
Cohen legte den Gang wieder ein und sagte: »Nur eine Runde. Ich hab da so eine Idee, und dann fertig.«
»Cohen«, sagte sie.
»Was?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts. Beeil dich einfach.«
Er fuhr einige Meilen bis zur Kreuzung zurück. Eine Eiche blockierte den Weg nach Osten, und Wasser floss über den Asphalt. Er bog nach links ab, und die Straße schien zu schrumpfen. Das wuchernde Gestrüpp am Rand nahm bereits einen Teil der Straße ein, die Äste der teilweise umgekippten Bäume ragten in die Fahrbahn, aber die Bäume waren nicht ganz entwurzelt, sodass sie unter ihnen durchfahren konnten. Die Zweige kratzten über die Karosserie. Zehn Meilen weit umfuhr er langsam die Hindernisse, bis sie zu der Abbiegung kamen, die er im Kopf gehabt hatte.
»Ich glaube, dort links ist noch eine weitere Brücke. Die ist größer als die andere.«
»Und wo war die letzte Nacht?«, fragte sie.
»Ich weiß es nicht. Hat er nichts gesagt, als wir genau an dieser Stelle waren?«
»Er hat die ganze Zeit über Scheiße geredet. Ich hab nicht mehr zugehört.«
Cohen bog nach links ab. Die Straße wurde von Wiesen gesäumt. In einigen Senken rechts und links hatte sich Wasser angesammelt, aber die Straße war noch intakt. Nach einigen Meilen erreichten sie eine Kreuzung mit Hinweisschildern, die alle verbogen waren und in verschiedene Richtungen wiesen. Cohen fuhr geradeaus. Sie kamen durch einen kleinen Ort. Eine Tankstelle und ein paar verlassene Häuser, ein Backsteingebäude mit nur einem Stockwerk, in dem mal die Freiwillige Feuerwehr untergebracht war, wie man an der weißen Aufschrift erkennen konnte. Nach einigen weiteren Meilen erreichten sie die Brücke, an die Cohen sich erinnerte.
Die Brücke war da. Aber auch der reißende Strom, der sie in der letzten Nacht fortgeschwemmt hatte. Der Druck des Wassers hatte die Brücke nicht beschädigt, aber das Wasser floss mindestens einen halben Meter über der Fahrbahn. Cohen fuhr den Pick-up bis zum Rand des rasch fließenden, dreckigen Flusses und hielt an. Am anderen Ende der Brücke war ein Wegweiser zum Highway 49 zu sehen.
»Die 49. Das ist sie«, sagte Mariposa.
»Genau, das ist sie«, stimmte Cohen zu.
Cohen schaltete den Motor aus. Er stieg aus, holte einen Benzinkanister von der Ladefläche und goss den Inhalt in den Tank. Dann ging er nach vorn und trat ins Wasser. Hier auf dem Land war die Strömung nicht so stark, also probierte er es aus, ging auf die Brücke zu, bis er knietief im Wasser stand, das jetzt an ihm zerrte. Er musste die Arme ausbreiten, um die Balance zu halten. Er war noch sechs oder sieben Schritte von der Brücke entfernt, und das Wasser floss ziemlich gleichmäßig. Er drehte sich um, ging zum Wagen zurück und blieb davor
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