Nach der Hölle links (German Edition)
Terrasse, gurrte leise und verschwand misstrauisch, als er sich halb aufsetzte. Andreas schlang die Arme um die Knie und sah hinüber zum Hafen. Zwei Barkassen mit Touristen begegneten sich vor der Werft, in der ein rostiger Ozeanriese lag. Dahinter erhob sich die Silhouette eines weiteren Schiffes, das im Trockendock einen neuen Anstrich erwartete. Viele Menschen bewegten sich an den Landungsbrücken und schlenderten gen Speicherstadt.
Andreas konnte das Leben in der Stadt fast mit Händen greifen. In diesen stillen Momenten auf der Dachterrasse, wenn die Haut unter seinen Fingerspitzen samtweich und warm wurde und sein Oberkörper sich instinktiv der Sonne entgegen hob, glaubte er manchmal, dass alle Mühen einen Sinn hatten.
Kapitel 3
Geschlaucht stolperte Sascha aus dem Schwimmbad, die Sporttasche kraftlos in der Hand. Was er sich dabei gedacht hatte, ausgerechnet Montag abends zum Hochschulsport zu gehen, war ihm schleierhaft. Gerade in diesem Semester war sein Montag so mit Vorlesungen vollgestopft, dass er den ganzen Tag in der Universität verbrachte. Dazu kam abends das anstrengende Training, das ihm viel Kraft abverlangte. Als er zu Beginn des Studiums entschied, etwas für seinen Körper zu tun, hatte er Schwimmen als entspannende Alternative zu den schweißtreibenden Sportarten angesehen. Mittlerweile hatte ihn die Realität eingeholt: Schwimmen war verflixt anstrengend.
Die Luft vor der Halle schmeckte nach Gewitter. Elektrizität kroch über Saschas Haut und kribbelte in seinem Nacken. Die Bäume hinter den Fahrradständern wiegten ihre Äste gefährlich im Wind. Der Regen war nicht mehr fern.
Na danke, grummelte Sascha innerlich. Erst ein Vorlesungs-Marathon, dann zwei Stunden Butterfly -Technik und jetzt auch noch nass werden.
Halb erwartete er, zur Krönung des Tages sein Fahrrad mit platten Reifen vorzufinden. Oder gar nicht, was in der Vergangenheit auch schon vorgekommen war. Aber er hatte Glück. Das altersschwache Herrenrad, das er mithilfe einer roten Spraydose verziert hatte, stand geduldig an seinem Platz.
Bevor Sascha sich am Schloss zu schaffen machte, zog er das Handy aus der Hosentasche. Es schlief friedlich, was einzig dem Umstand zu verdanken war, dass er es am Morgen ausgeschaltet hatte. Saschas Handy schwieg selten.
Zu Hause oder jetzt? Meistens war es ihm lieber, zu Hause nachzusehen, wer ihn angerufen hatte. Aber manchmal bekam er SMS von seinen Mitbewohnern, dass wichtige Dinge wie Salz oder Milch fehlten. Es wäre dumm, wenn er solche Nachrichten zu spät zu Gesicht bekäme.
Während er das Telefon zum Leben erweckte, winkte er einer Kommilitonin zu, die mit ihrem Wagen vom Parkplatz fuhr. Die Glückliche. Es wurde Zeit, dass er Geld zusammenkratzte, um sich ein Auto zu kaufen.
Fünf neue Nachrichten. Vier Anrufe in Abwesenheit.
Schnell überprüfte Sascha die SMS. Isa, die wissen wollte, ob er am Wochenende Zeit hatte. Svenja, die mit ihm mittags in der Mensa essen gehen wollte – zu spät. Ein verflossener One Night Stand, der wieder in der Stadt war. Eine Nachricht von Nils, wann er nach Hause käme. Einmal Werbung. Dazu ein Anruf von Svenja, die restlichen von Nils.
Etwas Gereiztes schlich sich in Saschas Züge, bevor es zu dumpfer Resignation verdampfte. Nils war in diesen Tagen schlecht gelaunt und schwer zu ertragen. Verdenken konnte Sascha es ihm nicht. Die Situation zwischen ihnen war kompliziert. Sascha fühlte sich nicht wohl damit und glaubte zu wissen, dass es Nils nicht anders ging. Manchmal wusste er nicht, wie sie in diese Sache hineingeraten waren.
Anfangs waren sie Freunde gewesen, Mitbewohner vom selben Ufer. Sie hatten sich gut verstanden und so manche Nacht miteinander durchgemacht, ohne nach etwas anderem zu suchen als Freundschaft und einem guten Verhältnis innerhalb der Wohngemeinschaft. Nils war damals mit jemand anderem zusammen gewesen; einem Mann, der fast fünfzehn Jahre älter war und bei dem sie sich nie sicher waren, welche Absichten er hatte. Keine guten, wie sich herausstellte. Vor einem Jahr war die Sache hochgegangen. Nils hatte herausgefunden, dass sein Lover verheiratet war und ihn sich als Spielzeug nebenbei hielt. Für jemanden, der zum ersten Mal mit Leib und Seele verliebt war, hätte es kaum schlimmer kommen können.
Sie hatten begonnen, miteinander ins Bett zu gehen. Es war irgendwie zwischen Trösten und Zuhören passiert. Zwischen Ausweinen und gemeinsamem Betrinken, dem Zusichern, dass die Freunde blieben, auch wenn
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