Nach der Hölle links (German Edition)
größtenteils von der Universität eingefordert und aller Voraussicht nach auf einer wilden Party enden würde.
So weit der Schein.
Eine Viertelstunde später lag Sascha mit rasenden Kopfschmerzen auf dem Rücken und fühlte sich von dem fruchtig-klebrigen Geruch gestört, der von Nils‘ Haaren ausging. Obwohl ihm der morgendliche Frühsport gefallen hatte, bereute er es, dass er in der Nacht nicht mehr den Weg in sein eigenes Zimmer gefunden hatte. Gerade wenn er zu viel getrunken hatte, schlief er lieber allein.
Nils lag halb über ihm, drängte die Wange in Saschas Achselhöhle und schien wieder eingeschlafen zu sein. Mit geschlossenen Augen sah er fast noch besser aus als mit offenen Lidern. Die Unschuld des Schlafes stand ihm gut. Vielleicht bildete Sascha sich das auch nur ein, weil Nils im wachen Zustand – gelinde gesagt – schwierig werden konnte.
Unterdrückt seufzend versuchte er, den Klammergriff um seine Hand aufzubrechen. Bis zu seiner ersten Vorlesung war noch Zeit, doch Sascha wollte fort. In sein eigenes Bett oder vielleicht unter die Dusche, um hinterher zusammen mit den Leuten, die er in der Küche reden hörte, zu frühstücken.
Stück für Stück öffnete Sascha Nils‘ Finger und schob ihn behutsam von sich herunter. Er wollte ihn nicht wecken. Teils, weil er keine Lust auf eine Diskussion hatte, teils, weil sein Freund den Schlaf gebrauchen konnte.
Vorsichtig robbte Sascha über den dezent schnarchenden Nils hinweg und setzte sich auf die Bettkante. Prüfend roch er an seinen Fingern und verzog das Gesicht. Schweiß, Gummi, Sperma, Rauch und Bier. Seine Kopfschmerzen bedankten sich herzlich.
So lautlos wie möglich stand er auf und schnappte nach einem herrenlos am Boden liegenden Handtuch. Sascha hatte es sich gerade um die Hüften gewunden und zwei Schritte in Richtung Tür gemacht, als hinter ihm Nils‘ Stimme erklang: »Du gehst doch nur zur Toilette, oder?«
Sascha verharrte in der Bewegung und schloss kurz die Augen. Dann drehte er sich halb um. »Ich wollte eigentlich nach drüben gehen.«
Missmutig setzte Nils sich auf. »Ich kann es nicht leiden, wenn du dich davonmachst, ohne mir Bescheid zu geben.« Auf seinem weich geschnittenen Gesicht bildete sich ein dunkler Zug.
»Ich wollte dich nicht wecken.«
»Das willst du angeblich nie, und ich habe dir schon hundert Mal gesagt, dass es mir egal ist. Ich finde es einfach blöd, allein aufzuwachen und zu merken, dass du dich aus dem Staub gemacht hast«, beschwerte sich Nils.
Zu recht, wie Sascha zugeben musste. In letzter Zeit war er oft aus Nils‘ Bett geflohen, um allein zu sein. Früher hatte er nie das Bedürfnis verspürt, nach dem Sex möglichst schnell zu verschwinden, aber damals waren die Umstände andere gewesen. Er war ein freier Mann gewesen, der zwanglos mit einem guten Freund Spaß hatte. Seitdem sie zusammen waren, kam es ihm häufig vor, als würde er an der Nähe, die Nils forderte, ersticken.
»Hör zu«, sagte er leise, um die drohende Diskussion zu unterbinden. »Ich habe irre Kopfschmerzen. Ich will noch ein bisschen in meinem eigenen Bett schlafen, okay?«
Im ersten Moment sah es aus, als würde Nils seinen Wunsch akzeptieren. Doch als Sascha sich mit einem schwachen Lächeln verabschiedete und zur Tür wandte, zischte die Stimme seines enttäuschten Freundes durch die Luft wie ein Peitschenhieb.
»Wenn ich Andreas wäre, würdest du bleiben.«
Kapitel 1
Sir Paul ließ ihn nicht aus den Augen. Keine Bewegung blieb unbemerkt. Kein Scharren der Schaufel, kein Schritt auf den beigen Fliesen, kein Griff an die Gitter. Der Graupapagei legte ruckartig den Kopf schief und beäugte den Eindringling, der sich an seinem Futternapf zu schaffen machte.
Ein durchdringender Geruch beherrschte das flache Gebäude, das als Vogelhaus diente. Das halbe Dutzend Volieren – allesamt enger, als den Betreibern recht war – beherbergte eine Vielzahl unterschiedlicher Vogelarten; angefangen beim Wellensittich bis hin zur verlorenen Brieftaube. Ein Flirren und Zwitschern lag in der Luft, dazwischen das Klackern von Krallen und Schnäbeln auf Eisen.
Das Tierheim hatte mit Überbelegung zu kämpfen. Aus einem angrenzenden Raum war das Quieken von Meerschweinchen zu hören, die aufgrund von Platzmangel aus dem Nagetierhaus hatten ausziehen müssen. Von draußen drangen die Geräusche einer bellenden, winselnden Hundemeute herein. Die verträglichen Tiere durften um die Mittagszeit zusammen im Hof laufen.
Sir Paul
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