Nach der Hölle links (German Edition)
Freiheit war Glück.
Sie schwiegen. Und es war wunderschön zu schweigen, weil die Atmosphäre dadurch lauter wurde. Sie sang geradezu.
»Weißt du was?«, murmelte Sascha unvermittelt. »Seitdem ich deine Bude gesehen habe, frage ich mich, woran sie mich erinnert. Jetzt weiß ich es. Pornos.«
Andreas senkte langsam die Wimpern, bevor er verwirrt erwiderte: »Pornos?«
»Ja.« Sascha ruderte mit den Armen. »Das alles hier. Diese Terrasse, das Penthouse, der Platz. Das stinkt nach Porno. Du weißt schon. Dominanter reicher Sack vögelt Pizzajungen. Oder gelangweilter Yuppie nagelt den Klempner in der Dusche.«
Auf Andreas’ Stirn bildete sich eine Denkerfalte. Er versuchte, sich in die Rolle des erwähnten Sacks oder Yuppies zu versetzen. Oder war er in diesem Szenario eher Dornröschen, das vom Hausmeister wachgeküsst wurde?
»Schon möglich«, spann er den Faden weiter. Er war weder unangenehm berührt noch fand er Saschas Gedankenspiele eigenartig. Bei näherer Betrachtung hatte der Freund sogar recht. Fragte sich nur eins: »Hey, das wäre es doch. Meinst du, ich gäbe einen guten Darsteller ab?«
»Mit Sicherheit«, murmelte Sascha abwesend. Er hatte den Rücken durchgebogen und musterte über Kopf ihre Spiegelung in der Terrassentür.
»Weil … Ich könnte damit ein Vermögen machen und müsste nicht mal aus dem Haus gehen«, träumte Andreas hemmungslos. »Und Sex, soviel ich will.«
»Man kann nie genug Sex haben.«
»Genau. Und weißt du, was das Schönste wäre?« Andreas gab sich Mühe, sein hysterisches Lachen im Zaum zu halten. Er streckte die Hand aus und zeichnete imaginäre Buchstaben in die Luft. »Ich kann mir genau die Schlagzeilen vorstellen: Von Winterfeld Junior versumpft in der schwulen Porno-Branche.«
»Spross von Hamburger Schlagsahne-Erzeuger erzeugt Sahne der besonderen Art«, trumpfte Sascha kieksend auf. »Oder … warte mal … mir fällt bestimmt noch etwas Besseres ein.«
»Lass es lieber«, unterbrach Andreas ihn sich den Bauch haltend. »Mir wird sonst schlecht vor Lachen.«
»Nimm dir noch einen Eierkuchen. Du wolltest die Dinger unbedingt haben. Wehe, es bleibt was übrig.«
Doch Andreas hatte das Interesse am Essen verloren. Er konnte nicht anders, als dem aberwitzigen Gedanken zu folgen, den Sascha ihm in den Geist gepflanzt hatte. In seinem aktuellen Zustand erschien ihm dessen Idee grandios und ungemein vielversprechend.
Pornos drehen. Unbedingt. Warum nicht? Jeder guckte Pornos, oder? Jeder mochte Pornos, aber keiner gab es zu. Was war schon dabei? Es war Sex, bei dem eine Kamera dabei war. Nicht mehr und nicht weniger. Na gut, vielleicht ein bisschen mehr. Ob man sich seine Kollegen aussuchen durfte? Oder musste man jeden Pimpf nehmen, der einem vorgesetzt wurde? Im wahrsten Sinne des Wortes?
»Ich könnte im Keller ein Verließ einrichten lassen. Für die härtere Gangart«, überlegte Andreas laut. »Und das Badezimmer umbauen lassen. Ohne Jacuzzi geht ja wohl gar nichts. Und dann … meinst du, ich muss diese komischen Kunststoffpalmen auf die Terrasse stellen? Oder echte? Man müsste mal prüfen, ob man Szenen am Geländer drehen kann, ohne dass unten jemand in Ohnmacht fällt. Denkst du, man kann es von da unten erkennen, wenn man es hier oben treibt? Oder sieht man dann nur einen Schatten? Hängt sicher von der Tageszeit ab. Was hältst du von Nachtaufnahmen? Feuer auf der Terrasse. In Kohlebecken und …«
»Hältst du wohl die Klappe?«, fuhr Sascha ihm dazwischen und riss Andreas aus seinen wilden Träumereien. »Gras macht mich eh schon geil genug. Da musst du mir nicht auch noch Settings für Pornos mit dir als Hauptdarsteller aufs Brot schmieren.«
»Wieso? Turnt dich das etwa an?«, fragte Andreas naiv. Die geschäftlichen Überlegungen hatten seine für Sex verantwortlichen Gehirnzellen noch nicht erreicht.
Statt einer Antwort gab Sascha ein unartikuliertes Schnaufen von sich und zog die Knie an den Oberkörper. Er umklammerte die Schienbeine mit den Armen, als brauche er etwas, an dem er sich festhalten konnte. Ein halber Eierkuchen fiel ihm aus der Hand und landete auf dem Boden.
Andreas begann, kaum hörbar zu lachen. Plötzlich war es ein Ding der Unmöglichkeit, sich zusammenzunehmen. Eine Situation, die ihn unter anderen Umständen verlegen gemacht und unerwünschte Gedankenzüge in Bewegung gesetzt hätte, erschien ihm urkomisch.
Grinsend rückte er näher an Sascha heran und schob verspielt die Hand zwischen dessen Beine und
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