Nach der Hölle links (German Edition)
würde verhindern, dass sie auskühlten. Sascha roch nach ihnen.
Das Letzte, was Andreas bewusst wahrnahm, waren die Finger, die seinen Hinterkopf streichelten.
Kapitel 30
Sascha erwachte erst, als es zu heiß war, um länger zu schlafen. Er fühlte sich wie ein gekochter Hummer in seinem Panzer. Die mitleidlose Sonne hatte die Luft bis an den Punkt erwärmt, an dem selbst Bewegungslosigkeit zum Schwitzen führte. Da half es auch nicht, dass er mit dem Kopf im Schatten lag.
Verklebte Augen, Brummschädel, ein übler Geschmack auf der Zunge, spannende Haut an den Beinen, die zu viel Sonne genossen hatten, ein unstetes, Unheil verkündendes Gefühl im Magen. Saschas Bestandsaufnahme ließ zu wünschen übrig.
Die Erinnerung kehrte in Bruchstücken zurück. Ein Bild hier, eine Empfindung da. Nur langsam schoben die einzelnen Elemente sich an ihren Platz. Das grinsende Gesicht eines Bekannten, Brains Kampf um die Salatschüssel, der nach Obstblüten riechende Garten, Hamburg bei Nacht, die Dachterrasse, Andreas.
Oh verdammt. Sascha war versucht, sich aufzusetzen. Er ließ es in Anbetracht seines schwächelnden Kreislaufs fürs Erste bleiben. Stattdessen zog er kraftlos an der Decke, die seine Hüften bedeckte, und presste die Handballen in die Augen. Ob er genug Energie aufbrachte, um sich zur Gänze in den Schatten zu rollen? Vielleicht in drei oder fünf Minuten.
Die Party war feucht-fröhlich, wie es bei Brain zu erwarten gewesen war; natürlich auch verraucht. Dass es nicht bei legalen Substanzen geblieben war, war nichts Neues. Die Kiffer fanden sich meistens in der Küche ein und hockten zusammen im Nebel der Leichtherzigkeit.
Sascha war nervös gewesen. Es hatte ihn gefreut, dass Andreas ihn begleitete. Doch es wäre gelogen gewesen zu behaupten, dass sich durch seine Anwesenheit nichts änderte. Zwischenzeitlich hatte Sascha sich gefragt, wer mehr Respekt vor dem Schritt hatte: Andreas oder er.
Es war viel besser gelaufen, als er zu träumen gewagt hatte. Innerlich hatte Sascha sich darauf eingestellt, dass ihr Besuch auf der Party eine Stippvisite werden würde. Kurz reinschneien, ein paar Leute begrüßen, ein Bier trinken und sobald Andreas nervös wurde behaupten, dass sie noch eine andere Einladung hatten, bei der sie sich leider, leider sehen lassen mussten. Er hatte dieses Vorgehen sogar mit Brain abgesprochen, damit sie einen Ausweg hatten und er bei der Scharade mitspielen konnte.
Im Nachhinein wäre es angebrachter gewesen, Andreas einen Peilsender an den Hintern zu kleben, damit man wusste, wo er sich befand. Sascha nahm es ihm nicht übel, dass er nicht an seiner Seite geblieben war, aber es hätte den Abend leichter gemacht. Allerdings hätte auch der Verzicht auf Alkohol den Abend einfacher gestaltet.
Am Ende hatte er deutlich mehr getrunken, als er wollte. Das eine oder andere Bier hatte er sich gönnen wollen, mehr nicht. Dann war Jacky mit ihrem tödlichen Maracuja-Likör aufgetaucht, und der Rest war Geschichte.
Zwischendurch hatten sie sich getrennt. Meist dauerte es nicht lange, bis Sascha Andreas über die Köpfe anderer Gäste bemerkte. Nach Mitternacht verlor er Andreas aus den Augen. In der einen Minute standen sie noch nebeneinander im Flur und unterhielten sich mit Leuten, die Sascha nicht kannte, im nächsten Augenblick war Andreas fort. Gut, vielleicht hatte er zu lange gebraucht, um es zu bemerken. Der Alkohol lockerte seine Stimmung, und ein alter Mitstreiter aus Schulzeiten tauchte auf, um ihn in ein Gespräch zu verwickeln.
Kurz: Sascha war nicht wie eine aufgescheuchte Glucke aufgesprungen, um ihr Küken zu suchen. Erst, als er Andreas’ Präsenz an seiner Seite ernstlich zu vermissen begann, hatte er sich auf die Suche begeben. Sein erster Weg hatte ihn in den Garten geführt. Dass er Andreas entspannt auf der Terrasse sitzen sah, war eine Erleichterung gewesen. Er wollte ihm Gesellschaft leisten, als ihm der Gedanke kam, dass es vielleicht gar nicht gut war, wenn er dauernd an ihm klebte.
Es folgten ihnen sowieso schon mehr neugierige Blicke, als ihm recht sein konnte. Isa und Brain zum Beispiel machten keinen Hehl daraus, dass sie um Saschas Gefühle wussten. Somit hatte er sich damit begnügt, in der Nähe zu bleiben und alte Kontakte aufzufrischen; eingelegt in Maracuja-Likör.
Als er sich das nächste Mal umsah, war Andreas erneut verschollen. Sascha wurde nervös und war zudem ein wenig enttäuscht, dass Andreas offenbar so wenig Wert auf seine Gesellschaft
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