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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Und dazu war er nicht bereit. Niemals.
    Da soll noch einmal jemand behaupten, dass Sex keine Probleme löst, dachte er träge.
    Sascha hob vorsichtig den Brustkorb und schob sich näher an Andreas heran. Dann zog er die Beine nach und streckte sich auf seinem neuen Platz im Rücken des Freundes aus – alles sehr behutsam und darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen. Erst, als er sicher war, dass er den Schlafenden nicht gestört hatte, machte er den Hals lang und sah über Andreas’ Schulter in dessen Gesicht.
    Es lag fast gänzlich im Schatten. Nur die Konturen waren zu erkennen. Sascha kribbelte es in den Fingern, ihn zu berühren; auf eine sanfte, liebevolle Art, die nichts mit Sex zu tun hatte.
    Als gäbe es irgendetwas Andreas-Relevantes, das ihn nicht dazu brachte, an Sex zu denken.
    Sascha musste lächeln. Oder lächelte er schon die ganze Zeit? Es fühlte sich so an. Seine Mundwinkel schienen von unsichtbaren Fäden nach oben gezogen zu werden. Morgen hatte er bestimmt Muskelkater in den Wangen.
    Himmel, fühlte er sich wohl in seiner Haut. Am liebsten hätte er Andreas geweckt und ihn treuherzig gefragt, ob sie weitermachen konnten. Nur ein bisschen. Nur noch einmal in Andreas Mund eintauchen und merken, wie begeistert er bei der Sache war. Wie entfesselt er zwischen den Kissen war, wie frei und selbstverständlich. Keine Spur von dem hilflosen Jungen, der einst vor dem Krankenhaus Reißaus genommen hatte, weil er den Gedanken an den Zahnarzt nicht ertragen konnte. Der wahre Andreas. Gesund, mit einem frechen Funkeln in den Augen und hingebungsvoll gelassen, wenn man sich bei ihm revanchierte.
    Allmählich spürte Sascha die Müdigkeit heranschleichen. Sie sickerte aus den Muskeln in seinen Kopf und hüllte ihn in warmen, weichen Nebel.
    Morgen, sagte er sich. Morgen machen wir weiter, wo wir heute Nacht aufgehört haben.
    Der Gedanke hatte etwas ungeheuer Friedliches. So friedlich, dass er Andreas flüchtig auf die Schulter küsste und dann doch einen Moment länger verweilte, weil er dessen Haut gern an den Lippen spürte und er den intensiven Körpergeruch zu lange vermisst hatte.
    Er fragte sich gerade, ob er in dieser Haltung einschlafen konnte, als Andreas sich regte. Erst wand er sich nur ein wenig, klopfte schlaftrunken sein Kissen zurecht. Dann murmelte er etwas Unverständliches und ließ sich nach hinten fallen. Knuffte und schob. Drückte Saschas Arm beiseite, holte ihn zurück, hantierte mit dessen Gliedmaßen, als wären sie aus Gummi. Schließlich grummelte er mürrisch und warf sich auf die andere Seite.
    Das Spiel wiederholte sich, bis Andreas’ Kopf in Saschas Halsbeuge lag, einer seiner Füße sich zwischen Saschas Beine geschoben hatte und seine Hand auf dem dazugehörigen Unterarm ruhte.
    Es war unmöglich zu erkennen, ob er während dieses Treibens richtig aufgewacht war. Sascha ließ es darauf ankommen und legte die Arme um ihn, zog ihn halb auf sich und war zufrieden, als Andreas zustimmend flüsterte: »Schön.«
    Das fand Sascha auch.
    * * *
    Aufwachen war herrlich. Einen Kaffeebecher gereicht zu bekommen, bevor man das Bett verließ, wäre noch besser gewesen, aber Sascha wollte nicht unverschämt werden. Zufrieden streckte er sich. Er war hellwach, ausgeruht und fühlte sich gut. Der einzige Wermutstropfen war, dass er allein war. Dafür entschädigte ihn die Tatsache, dass jemand ihm die Decke bis zum Kinn hochgezogen hatte. Er zog sich die Decke über den Kopf und fand, dass sie grandios duftete.
    Minutenlang atmete Sascha durch den Bettbezug und schwor sich, frühestens zur abendlichen Ausstrahlung der Simpsons aufzustehen. Ein fauler Tag im Bett war genau das, was er zu seinem Glück brauchte.
    Pardon, ein fauler Tag in Andreas’ Bett.
    Sascha gestattete sich, in einen leichten Dämmerschlaf zurückzugleiten, der gerade genug Bewusstsein zuließ, um sich das Wochenende auszumalen. Eigentlich war er verabredet, aber seine Freunde würden Verständnis haben. Und sonst? War Andreas’ Abwesenheit etwas merkwürdig.
    Sascha lauschte, ob in der Wohnung Geräusche zu hören waren. Das Klappern einer Tastatur, das Säuseln des Fernsehers, sich öffnende und schließende Küchenschränke, das Rauschen der Dusche.
    Nichts.
    Musste Andreas ausnahmsweise arbeiten? Oder – Sascha wurde mulmig zumute – war irgendetwas nicht in Ordnung?
    Frost griff nach seinen Zehen und rieselte durch seine Beine. Von einer Sekunde zur nächsten war er nervös. Unschöne Ahnungen sprangen ihn

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