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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Später, wenn all dieses Geschwätz über Mörder und Strolche sich gelegt hat, können Sie ihn rufen. Es handelt sich noch um eins, Miss Ellen: Was wollen Sie, daß wir tun?«
    Sie hatte keinen Wunsch.
    »Sie können bleiben oder gehen, wie es Ihnen paßt«, sagte sie. »Ich werde Ihnen behilflich sein, wie ich nur kann. Ich war froh, als Sie kamen - die Gegenwart eines Mannes im Hause war mir willkommen. Was hat Sie auf die Landstraße gebracht, Mr. Leslie?«
    Er zuckte die breiten Schultern. »Es wird wohl angeboren sein«, sagte er.
    »Auch wegen einer Frau?«
    Oktober spürte, wieder zögerte, und ihr Herz setzte einen Schlag aus.
    »Gewissermaßen ja«, sagte er. Mit einem heimlichen Seitenblick sah er, wie Oktober sich’ am Rand des Tisches festhielt. »Ja … ja, dieselbe Dame - Julia. Ich wußte nicht, daß sie Julia hieß - doch, ich habe es gewußt. Mein Vater nannte sie immer so: Georgina Julia.«
    »Sie hat Sie so weit gebracht?« Miss Ellen war erstaunt. »Aber sie ist doch alt, mindestens sechzig!«
    »Eine verflucht anziehende Frau«, sagte Robin ruhig.
    »Unsinn!« brach Oktober aus. »So eine Frau kann doch überhaupt keinen Mann zu etwas bringen! Ich glaube es nicht. Es war jemand anderes! Warum machst du mir was vor?«
    Miss Ellens Gegenwart war vergessen. Für den Augenblick stand der alte Mann nicht mehr im Mittelpunkt des Interesses, sondern ihre gemeinsame Gefahr, das Geheimnisvolle um den Mann, ›der zu Fuß gehlt‹. Robert Leslie hatte anscheinend den Zünder einer Granate mit dem Hammer getroffen.
    »Daran hab’ ich nie gedacht. - Irgend jemand hat dir weh getan, und du bist deshalb auf die schiefe Ebene gekommen! Ich hätte nie geglaubt, daß hinter allem nur ein romantisches Erlebnis steckt.«
    »Hinter den meisten Dingen steckt nur so was«, erwiderte er etwas hochmütig.
    Miss Ellen spürte das Gespannte der Situation; es war nicht der Augenblick, ein junges Ehepaar zu stören, und außerdem hatte sie ihre eigenen, dringenden Sorgen. Als Robin sich umdrehte, vermißte er sie, aber keiner hatte sie gehen sehen.
    »Lächerlich …« Oktober konnte auch mit den Achseln zucken. »Ich benehme mich wie ein dummes Schulmädchen. Natürlich hast du deine Vergangenheit - ich kann auch nicht von dir erwarten, daß du mir dein gebrochenes Herz auftischst, damit ich es untersuche. Verzeihung …«
    »Das freut mich«, sagte er steif, »will sagen, es freut mich, daß du ›Verzeihung‹ gesagt hast.«
    »Gesagt hast?« Sie fuhr zornig auf.
    »Gesagt hast«, erwiderte er fest. »Ich habe kein gebrochenes Herz aufzutischen - wie du es ausdrückst.«
    »Wie würdest du es ausdrücken?« fragte sie.
    »Auftischen«, gab er zu. »Ich habe kein romantisches Erlebnis hinter mir; ich habe keine wilden Liebesgeschichten gehabt. Mein Herz ist so unbescholten, daß es beinahe gar nicht zählt.«
    »Irgend jemand hat dich irgendwo weggeschickt, und du bist gegangen«, bohrte sie weiter. »Das ist doch kein Verbrechen. Du hast es nicht nötig, dich zu verteidigen. Das geht mich doch alles nichts an. Ich erwarte nicht, daß du mich ins Vertrauen ziehst - ich würde dich hassen, wenn du es tätest. Sie hat doch ein Recht auf dein Schweigen.«
    Er sah sie düster an. Die eine scharfe Spitze seines Schnurrbartes bog sich nach unten. Unter diesen Umständen konnte er nicht heldenhaft sein.
    »Es - gibt - in - meinem - Leben - keine - Frau - außer - dir!« sagte er.
    Sie lachte höflich.
    »Das geht mich nichts an«, meinte sie.
    »Ich könnte dich schütteln!«
    »Möchte ich dir nicht raten! Und überhaupt, dein Schnurrbart verliert seine Fasson.«
    »Wirklich?« Diese Tatsache interessierte ihn, und er näherte sich dem goldumrahmten Spiegel über dem Sofa. »Das ist deine Schuld: Kein Schnurrbart mit Selbstachtung kann in Gegenwart einer nörgelnden Gattin einwandfrei bleiben.«
    »Ich nörgle weder, noch bin ich deine Gattin!«
    Hierauf erwiderte er nichts; ihr war, als sähe sie einen Schatten über sein Gesicht gleiten.
    »Ich nörgle - und ich bin deine Gattin«, fügte sie hinzu, »ich bin ein unangenehmer, kleiner Teufel, Mr. Robin Leslie Beausere. Ich wünschte, wir wären schon in Kanada.«
    Er machte einen tiefen Atemzug.
    »So ist’s besser«, sagte er. »Ich hatte eben das Gefühl, auf einem meilenhohen Antennenmast zu stehen und zuzusehen, wie jemand die Halteseile durchschneidet. Ja, so schlimm war’s. Elfrieda war tatsächlich die Dame, aber ich bin nicht aus Liebe zu ihr auf die Landstraße

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