Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
sie.
    »Jedenfalls«, unterbrach er sie, »war es nicht meine Idee, das mußt du zugeben. Es war die deine.«
    Er schmolz förmlich unter der Verachtung ihres Blicks.
    »Nicht deine Idee! Hast du überhaupt je eine Idee gehabt? Alan! Nicht deine Idee! Ich erinnere dich ungern daran, aber wirklich, du ähnelst deinem Vater sehr.«
    Es war klar, daß dies eine tödliche Beleidigung bedeutete, denn ein langes, gespanntes Schweigen folgte. Das Gesicht Mr. Alan Loamers war sehr rot geworden. Sie kannte ihn nur als Schwächling, und sein aktiver Widerstand schockierte sie einigermaßen.
    »Mir ist’s egal …!« Er sprach schnell, und seine Sätze waren etwas unzusammenhängend. »Ich bin mit der ganzen Geschichte fertig. Es ist zu grauenvoll! Und er weiß Bescheid … Er hat ja die ganze Zeit Bescheid gewußt! Er nennt dich doch öffentlich ›Elfrieda‹. Er hat es immer erwartet, Mutter. Robin ist kein Narr. Du hättest nicht kommen sollen - weshalb bist du nicht in Ottawa geblieben? Du hast die ganze Situation unmöglich gemacht. Ich fahre morgen früh nach New York und schiffe mich auf dem ersten besten Dampfer nach Europa ein!«
    Die dünnen Lippen der Frau krümmten sich zu einem Lächeln. »Du, dich einschiffen? Als Steward vielleicht?« fragte sie ironisch. »Und wie willst du denn überhaupt nach New York kommen? Im Frachter als blinder Passagier? Nein, Alan, du wirst hierbleiben, bis ich dir die Erlaubnis gebe zu gehen - und das Geld. Ich hätte in Ottawa bleiben sollen! Ich habe ja nie die Absicht gehabt, in Ottawa zu bleiben. Als die Sullivans mir für die Zeit ihrer Europareise ihr Haus anboten, nahm ich an, weil ich wußte, daß du früher oder später Hilfe brauchen würdest. Ist dir je etwas gelungen - ohne Hilfe?«
    Er knickte zusehends ein und wurde wieder der demütige Sohn. »Mutter, sei doch vernünftig! Diese Geschichte fängt an, mir auf die Nerven zu fallen. Ich werde einen Nervenzusammenbruch bekommen. Ich kann nicht mehr schlafen … Wirklich, die ganze Sache ist unmöglich, und er weiß ja Bescheid! Warum läßt du nicht einfach alles liegen und stehen und fährst mit mir nach England zurück?«
    Sie erhob sich von ihrem Stuhl, ging zum Fenster hinüber und zog die Vorhänge beiseite; er dachte, sie habe irgend etwas gehört, was ihre Aufmerksamkeit geweckt hätte, aber anscheinend hatte sie nur Bewegung und das Licht nötig - als Stimulans oder Beruhigungsmittel. Als sie sich wieder umdrehte, lächelte sie.
    »Wir fahren nach Ogdensburg«, sagte sie. »Dort gibt es ein gutes Hotel
    »Kennst du das Nest?« fragte er erstaunt.
    »Ich kannte es vor Jahren«, antwortete sie kurz. »Mein Vater hatte geschäftlich viel in Kanada zu tun, und ich habe einige Jahre in Toronto verbracht. Wie heißt denn dieser Mann mit dem roten Bart?«
    »Byrne«, antwortete er.
    »Ich will mit ihm sprechen«, sagte sie. »Nein, nicht hier. Es wäre töricht, die beiden hierher zurückzubringen. Wo warten sie denn eigentlich?«
    Er sagte, sie hätten aus einem kleinen Restaurant an der Peripherie von Ogdensburg telefoniert.
    »Das soll natürlich heißen, daß sie viel zu bekannt sind, sich in die Stadt hineinwagen zu können«, antwortete sie nickend, »und hier wäre es für sie auch nicht viel besser, wenn das, was du sagst, stimmt.«
    Er war die personifizierte Besorgnis.
    »Ist das klug«, sagte er bittend, »das heißt - mußt du dich überhaupt in die Geschichte hineinmischen?«
    »Sei doch nicht so dumm!« unterbrach sie ihn kurz, »und jetzt erzähl mir, was du diesen Männern gesagt hast. Welchen Grund hast du angegeben?«
    »Ich erklärte ihnen, Robin sei ein ehemaliger Diener, der seit Jahren die Familie zu erpressen versucht. Das war doch richtig, nicht wahr? Daß er irgendeine … na, irgendeine Skandalgeschichte über uns ausgegraben hat …«
    »Du willst sagen über mich«, sagte sie kurz.
    »Nun ja, über dich. Ich habe dich ja nie gefragt, ob es eine Skandalgeschichte über dich gibt oder nicht. Aber es ist anzunehmen, nicht wahr?«
    »Es ist durchaus unnötig, daß du davon überzeugt bist«, gab sie kühl zurück. »Die Frage ist, hast du die Männer überzeugt?« »Ich glaube, ja …« Er schien nicht ganz sicher zu sein.
    »Aber sie sind ziemlich hartgesottene Burschen; Byrne wollte wissen, seit wann Robin ein Strolch ist. Glücklicherweise brauchte ich keine Einzelheiten anzugeben. Einer von ihnen - der kleine Italiener oder Spanier, oder was er ist - begegnete Robin vor zwei Jahren in einem

Weitere Kostenlose Bücher