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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Sachen da ist, und warte hier auf mich!«
    Er öffnete leise die Haustür und ging voraus, zum Gittertor. Die ganze Welt war in Schweigen gehüllt und regungslos. Sein heller Sommeranzug machte ihn auffällig - er zog den Mantel über und knöpfte ihn bis zum Hals zu. Die Ärmel waren für eine wirkungsvolle Handhabung des Schießeisens zu lang. Er schlug sie um.
    Kein Geräusch…
    Es vergingen etwa zehn Minuten. Die Uhr im Vorplatz schlug Viertel. Weit weg zu seiner Linken erschienen zwei Lichter. Georginas Auto, meinte er. Die Lichter wurden heller; sein Ohr fing das Summen des Motors auf. Wie nah würden sie heranfahren? Anscheinend nicht viel näher. Die Lichter erloschen, und der Motor hörte auf zu surren. Der Polizeiwagen hätte mehr Geräusch gemacht. Diesen wollte er hören, bevor er sich vom Fleck rührte.
    Da war er auch schon - mit einem mißtönenden Knattern. Er ging in das Haus zurück und schloß die Tür. Miss Ellen war im Wohnzimmer.
    »Ihre Frau hat mir mitgeteilt, daß Sie fort müssen - ich habe dies für Sie zurechtgemacht.«
    Es war ein Paket Proviant; er dankte und steckte es in seine Tasche.
    »Wir müssen durch das Fenster«, sagte er und bat sie, es hinter ihnen zu schließen und den Laden zu befestigen.
    Als Oktober sich neben ihm auf den steinernen Weg fallen ließ, hörte er schon deutlich den Streifenwagen.
    »Hierher.«
    Er nahm ihre Hand. Oktober besann sich, daß sie seit der Trauung nicht seine Hand berührt hatte. Sie fühlte sich kraftvoll und zuverlässig an.
    Durch den Baumgürtel, über den hinteren Garten, hinüber ins freie Feld … Er half ihr durch die Lücke in der Hecke. Irgendwo in der Ferne schnaufte asthmatisch eine Lokomotive.
    Er blieb stehen und blickte den Weg entlang. Die Strecke hatte hier eine Steigung.
    Sie hielt immer noch seine Hand, als sie sich vorsichtig den Schienen entlang bewegten. Nach einiger Zeit waren sie am Haus vorbei und konnten die baumbegrenzte Allee, die von Ogdensburg kam, sehen. Der Polizeiwagen hatte außerhalb ihrer Sichtweite gehalten. Polizeibeamte liefen über die Straße. Wären sie nicht weitergegangen, hätten sie sich gegen den Horizont abgezeichnet. Die Schienen liefen auf einem erhöhten Damm; ein kleiner Übergang über einen Bach lag vor ihnen. Er dachte, es wäre besser, zu warten, und suchte ein Versteck. Dort lag ein kleiner Haufen Schwellen, und hinter diesem duckten sie sich nieder.
    »Ich weiß nicht, was das für ein Zug ist, aber unsere einzige Fluchtchance ist ein Güterwagen mit offenen Türen. Sonst müssen wir über die Schienen und uns in die Felder schlagen.«
    Der Zug war jetzt ganz nahe; die mächtigen Scheinwerfer beleuchteten Büsche und Bäume längs der Schienen. Dann wurde er sichtbar - ein weißer Strahl schoß an den Metallbändern entlang.
    »Warte, bis ich ›los‹ sage«, flüsterte er. »Versuch nicht, hineinzuklettern - warte, bis ich oben im Wagen bin.«
    Die Lokomotive stampfte vorbei … Oktober konnte den Heizer im Licht des Kesselfeuers sehen …, dann waren sie wieder im Dunkel. Er berührte ihren Arm und sie erhob sich.
    Wagen auf Wagen fuhr an ihnen vorbei, und dann -
    »Los«, flüsterte er, rannte, im Rennen faßte er eine Stahlstange, zog sich daran hoch und durch die offene Tür in den Wagen hinein. Sofort drehte er sich um, langte herunter, faßte sie am Handgelenk und zog sie, atemlos aber triumphierend, hinauf.
    Als er nach dem Haus zurückblickte, sah er kleine Lichter in Miss Ellens Garten hin und her huschen - ihm war, als sähe er einen Mann die Schienen entlang laufen, aber der Zug fing nun an, schneller zu fahren, da er den Scheitelpunkt der Steigung erreicht hatte und wieder bergab fuhr.
    »Na, hier sind wir nun!« sagte er grimmig.
    »Es ist jemand im Wagen«, flüsterte sie.
    Er holte seine Taschenlampe hervor und ließ das Licht überall hinblitzen. Am anderen Ende des Waggons lagen zwei Strolche, tief im Stroh. Sie schliefen friedlich.
    »Wo fahren wir hin?«
    Es war die alte Frage, und sie mußte beinahe über sich selbst lachen.
    »Weiß ich nicht - Ogdensburg, glaube ich. Wir bewegen uns jedenfalls in der Richtung.«
    Der Zug fuhr weiter in einem Tempo, das ihm wie ein langsames Schleichen vorkam, aber von Ogdensburg war keine Spur zu sehen. Einmal, mit einem donnernden Geratter von Puffer gegen Puffer, blieb der Zug an einer Station stehen. Zwei Männer schritten die Schienen entlang, der eine trug eine Laterne.
    »… den Lumpen noch nicht gefunden … Doch, Mord! -

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