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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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benahm sich tadellos; über seine Schulter hinweg schrie ihr Robin Lobgesänge über dessen hervorragende Eigenschaften zu. Sie begegneten nur einem einzigen Mann, einem älteren Herrn, der einen Einspänner kutschierte, dessen Pferd sich auf die Hinterbeine stellte und zur Seite sprang. Der Mann rief ihnen heftige Schimpfworte nach.
    »Landarzt«, brüllte Robin. »Das ist die einzige Entschuldigung dafür, in seinem Alter so spät außer Haus zu sein.«
    Der Wind riß die Sätze in Stücke - sie bewegten sich in einem Tempo, das aus der Unterhaltung ein Rätselraten machte.
    Anscheinend hatte er keinen bestimmten Weg im Sinn, aber später erzählte er ihr, daß er einen einfachen Plan verfolgt hatte - erster Weg nach rechts - dann erster Weg nach links.
    » ›Rotbart‹ - Graben!«
    Sie schnappte nach Luft.
    »Der Mann, der nach uns geschossen hat?«
    »Sprang gleichzeitig - vom - Zug … Dachte - schon er - sei’s.«
    Er verlangsamte das Tempo der Maschine und hielt an. Sie bedauerte es nicht, vom Träger erlöst zu werden. Er war aus Stahl mit einem Muster wie ein Bratrost. Robin knipste den Scheinwerfer aus.
    »Im Umkreis eines Kilometers von dort, wo der Zug hielt, wird sich schon irgendwo ein Telefon finden«, sagte er. »Jetzt sucht die ganze Polizei der Gegend eine Dame und einen Herrn, die auf dem Winde reiten.« Er schob das Rad in ein hohes Kornfeld.
    »Wir nähern uns wieder einer Stadt«, sagte er. »Hast du die Reklametafeln, an denen wir vorbeigefahren sind, gesehen? Reklametafeln sind Vorboten der Zivilisation und menschlicher Siedlungen.«
    Er bückte sich und kratzte mit einem Stock den trockenen Schlamm von seiner Hose.
    »Du wolltest gerade fragen, wohin wir von hier aus gehen?« sagte er.
    »Nein, das wollte ich nicht!« behauptete sie wacker. »Ich habe aufgehört, neugierig zu sein. Ich möchte nur wissen …«
    »Wo wir sind? Ich auch.« Er hob den Kopf und schnüffelte in der Luft. »Kannst du’s nicht riechen?«
    »Was denn?«
    »Das Meer! Man kann es in der Gegend hier manchmal spüren - es treibt zeitweise den St.-Lawrence-Strom hinauf. Ich kann es jetzt riechen, Gott sei Dank!«
    Sie zog ebenfalls die kühle Nachtluft ein, konnte aber nichts entdecken, was sie an den Atlantischen Ozean erinnert hätte.
    »Wir sind in der Nähe des Stromes«, sagte er ernst. »Wie nah und wo er ist, kümmert mich im Augenblick weniger. Wo können wir uns aber verstecken?«
    Sie gingen zu Fuß weiter und kamen, wie er erwartet hatte, bald zu einer Gruppe Häuser. Art und Aussehen derselben blieben aber in der Dunkelheit unkenntlich. Sie begegneten keinem Polizeibeamten, und in fünf Minuten kamen sie wieder aufs freie Land hinaus.
    »Der Name jener aufblühenden Stadt hätte uns behilflich sein können, wenn wir ihn nur entdeckt hätten«, meinte er. »Ein Laden mit Angelgeräten war jedenfalls da. Hast du das bemerkt?«
    Sie hatte es nicht bemerkt und staunte, wie er im Dunkel solche Entdeckungen machen konnte.
    Am Kreuzweg blieben sie stehen und entschlossen sich, den linken Weg zu gehen. Er schien der weniger begangene zu sein und entpuppte sich als ein düsterer Pfad. Der Wind erhob sich vor der Dämmerung und seine Kälte drang bis an Robins dünn bekleidete Beine.
    »… wenn ich etwas so Unpassendes erwähnen darf.«
    Er hätte alles erwähnen dürfen, ohne daß Oktober protestiert hätte. Ihre eigenen Beine taten ihr weh; sie hatte einen überwältigenden Drang zu schlafen, und wenn er vorgeschlagen hätte, sie sollte sich mitten auf der Landstraße niederlegen, so hätte sie keinen Einwand dagegen erhoben.
    Mit der ersten Morgendämmerung merkten sie, daß der Himmel sich bewölkt hatte. Sie zogen weiter und weiter den unebenen Weg entlang. Zweimal hielt er an, um sie ausruhen zu lassen. Das zweite Mal mußte er sie wachrütteln. Schläfrig bat sie um Entschuldigung und bemühte sich, heiter und gesprächig zu sein.
    »Meine durch viele Kinobesuche erworbene gründliche Erfahrung sagt mir, daß du der Erbe eines großen Vermögens bist, das Lady Dingsda haben möchte. Auf deinem rechten Arm trägst du ein Fleur-de-lis tätowiert.«
    »Meine Güte, nein! Der einzige Mensch, der sterben und mir etwas hinterlassen könnte, ist Georgina. Und sie wird es bestimmt nicht tun. Rate mal weiter.«
    »Ich kann nicht mehr - ich fange an, Unsinn zu reden. Du bist Herr Strolch und ich bin Frau Strolch, und wir werden im Kittchen aufwachen, und ich werde von der ›Vereinigung zum Schutz von Damenstrolchen‹

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