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Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Nach zwei Tagen Regen folgt Montag

Titel: Nach zwei Tagen Regen folgt Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bojanowski
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einen Saharawind. Geistesgegenwärtig hängte er ein nasses Handtuch an den Mast, rieb den Staub später ab und sammelte ihn in einer Schachtel. Wieder an Land, sandte er die Probe an den Naturkundler Charles Darwin. Dieser historische Staub ist nun von Forschern um Anna Gorbushina von der Universität Oldenburg untersucht worden. Er stamme tatsächlich aus der Bodélé-Niederung in der Sahara, berichtet sie. Demnach war er 4000 Kilometer unterwegs, bevor er ins Handtuch von Robert James geriet. Allerdings fand Gorbushina in den historischen Proben zusätzlich Pilze und Bakterien.
    Neue Forschungen bestätigen, dass auch Krankheitskeime »huckepack auf dem Staub« über den Atlantik gelangen. Die Krankheitserreger hätten zum Rückgang der Korallen beigetragen, meint Gene Shinn vom Geologischen Dienst der USA ( USGS ). Möglicherweise sei der Saharastaub auch dafür verantwortlich, dass in der Karibik vermehrt Menschen an Asthma erkranken. Die Staubstürme aus der Bodélé-Niederung landen nicht nur am Amazonas. Im Sommer düngten die nährstoffreichen Winde vor allem die Karibik, berichtet Joseph Prospero von der Universität von Miami, Florida. Ein Großteil der oberen Erdschichten der Karibikinseln bestehe aus Saharastaub.
    Etwa neunmal im Jahr schwebt der Wüstensand auch nach Norden und gelangt nach Deutschland. Er lässt den Himmel milchig schimmern, knallrote Sonnenuntergänge sind zu sehen, und »Blutregen« fällt: Er hinterlässt einen Staubfilm, der auf Autodächern rotbraun schimmert – körnige Grüße aus der Sahara.
    Winde ganz anderer Art ergründen Geologen im nächsten Kapitel: Anhand von Dämpfen aus der Erde haben griechische Priesterinnen im Altertum die Zukunft voraussagt. Die heiligen Damen waren offenbar weder bekifft noch von berauschenden Erdgasen umnebelt – ihre Weisheit erlangten sie auf anderem Wege.

13 Die Abgase von Delphi
    Bevor es gegen die Perser zu Felde ging, wollte es König Krösus genau wissen. Der Herrscher von Lydien in der heutigen Osttürkei schickte 550 vor Christus Gesandte nach Griechenland, um im Apollontempel das Orakel von Delphi zu befragen. Dort saß die Priesterin auf einem Dreifuß in einer engen, verschlossenen Kammer, dem Adyton, und aus einer Erdspalte quoll süßlicher Dunst. Von den Gasen umhüllt, sprach sie Unverständliches, das die assistierenden Orakelpriester übersetzten: »Wenn Krösus den Grenzfluss Halys überschreitet, wird er ein großes Reich zerstören.« Siegesgewiss zog der König in die Schlacht. Sein Heer ging unter – zu spät erkannte er die Mehrdeutigkeit der Weissagung: Er hatte sein eigenes Reich vernichtet.
    Trotz derartiger Verständnisprobleme sind über Jahrhunderte hinweg Menschen nach Delphi gepilgert, um das Orakel zu hören. Ihre Weisheit müssen die Pythien, wie die Priesterinnen genannt wurden, offenbar in einer Art Rauschzustand erlangt haben. So berichtete der griechische Schriftsteller Plutarch im 1. Jahrhundert nach Christus ebenso wie andere zeitgenössische Quellen, halluzinogene Dämpfe seien aus dem Boden gestiegen. Nach vielen Jahren halbgarer Erklärungsversuche haben Geologen 2006 eine glaubhafte und vergleichsweise nüchterne Erklärung für die Natur dieser Dämpfe veröffentlicht. Demnach war es kein Rauschmittel, das die antiken Priesterinnen zum Orakeln anregte, sondern simple Atemnot.
    Es war eine Sensation, als Archäologen Ende des 19. Jahrhunderts unter einem Bauerndorf nahe der Stadt Delphi in Griechenland an einem Hang des Berges Parnassos den Apollontempel ausgruben: Eine rechtwinklige Anlage aus Säulengängen, Statuen und Mauern kam zum Vorschein. Einen dampfenden Erdspalt indes suchten die Forscher an der ehemaligen Stätte des Orakels vergebens. Aus dem festen Steinboden hatten unmöglich Gase entweichen können, zumal es keine vulkanische Aktivität in der Gegend gibt. Hatten die Orakelpriester Kräuter verbrannt? Pflanzliche Rauschmittel, wie sie seinerzeit populär waren?
    Die Geschichte vom süßen Dunst aus der Erde wurde mehr und mehr zur Legende – bis der italienische Forscher Luigi Piccardi im Jahr 2000 im Untergrund bei Delphi eine aktive Erdbebennaht fand. Zwei solcher Brüche kreuzten sich sogar bei Delphi, verkündete 2001 eine Gruppe um Jelle de Boer von der Wesleyan Universität in Middletown, USA . Möglicherweise schnitten sich die Verwerfungen direkt unter dem Tempel. Die Bewegung der Gesteinsschollen habe den Kalksteinboden zerrüttet, sodass Grundwasser und Gase aufströmen

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